22nd of May

"An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern." Erich Kästner

von Sonysonic
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Dieser Film widmet sich dem Spross der aufkeimenden Banalität des Lebens und symbolisiert die Gefahr der routinierten (auch zwischenmenschlichen) Gleichgültigkeit an einem leider mittlerweile zeitgenössischem Beispiel.

Mit authentischer Charakterwirkung durchlebt der Betrachter die (anfangs noch relativ einspurige) Schuldfrage aus der Täter/Opfer-Perspektive (teilweise in Dialogform, teilweise durch Hineindenken). Fortwährend kommen Details der einzelnen Individuen hervor, welche jedoch erkennen lassen, dass Ursprung und Abwendung der Tragödie in diesem komplexen Netzwerk, einfach keine eindeutige Schuldzuweisung zulassen. Diese Erkenntnis findet einen angemessenen Höhepunkt in der (zu späten) Bußbereitschaft des Menschen.

Trotz des Anfangs etwas trägen Handlungsverlaufes, kann jenes Werk, durch die bedrückende Stimmung und Persönlichkeitsvielfalt, durchaus Gefallen finden!
Sonysonic
sah diesen Film im Cinestar 7, Berlin

19.08.2011, 03:29


Zur falschen Zeit am falschen Ort

von wake247
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„22nd of May" ist kein Unterhaltungsfilm, sondern ein filmisches Gemälde.

Ein Selbstmordanschlag in einem Einkaufzentrum und ein in Panik geratener Sicherheitsmann sind der Ausgangspunkt des Films. Es beginnt eine Reise durch eine menschenleere, triste Stadt. Ein Zusammentreffen der Opfer und Täter und ihrer Geschichten, die sie in eine Katastrophe führten. Fragen zu Schicksal, Schuld, Vergebung und Menschlichkeit werden aufgeworfen.

Dies ist sicher kein Film für Jedermann, denn man muss sich auf ihn einlassen. Wer dies tut, bekommt jedoch ein kleines Kunstwerk zu sehen, dessen perfekt durchkomponierte Bilder einen genauso großen Eindruck hinterlassen wie die Geschichte, welche tiefgründiger ist als sie zunächst scheint. Zusätzlich bietet „22nd of May" die wahrscheinlich beeindruckendste Schlussmontage des diesjährigen Filmfests.
wake247
sah diesen Film im Cinestar 7, Berlin

20.08.2011, 20:07


How your life can change in the blink of an eye.

von FFFler
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Schon in den ersten Minuten erkennt man die Handschrift von Ex-Drummer-Regisseur Koen Mortier. Knapp 10 Minuten beobachtet der Zuschauer einen Mann auf dem Weg zur Arbeit ohne einzigen Schnitt und ist begeistert von der famosen Kameraarbeit, die in dieser Szene in einer grandios inszenierten, dreckigen Explosion gipfelt. Was daraufhin folgt ist allerdings alles andere als leichte Kost, denn nach dem gezeigten Attentat auf ein Kaufhaus nimmt das Geschehen surreale Züge an und der Zuschauer erlebt mit der Hauptfigur immer wieder die letzten Minuten dieses Anschlags und begleitet in den Episoden die jeweiligen Teilnehmer und deren Motivation. Das Ganze ist dabei weiterhin gut gespielt und inszeniert, doch hinter einigen der gezeigten Erklärungsansätze befindet sich doch eine Menge heißer Luft, so dass sich der Film trotz einer kurzen Laufzeit von 88 Minuten gehörig zieht. Zwar wird der Zuschauer mit einer fast schon epischen Schlusssequenz noch einmal richtig umgehauen, doch das genügt am Ende leider nicht für ein zweites großes Highlight in Mortiers noch junger Karriere.
FFFler
sah diesen Film im Cinestar 7, Berlin - Original-Review

23.08.2011, 17:28


Review

von Smotti
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"Ex Drummer" fand ich klasse.
Bei "22nd of May" war ich dank der Reviews hier schon auf das "Musikvideo"-artige Collagenerlebnis vorbereitet, habe mich darauf gefreut und voll und ganz darauf eingelassen.
Leider verstand es dieser Film kaum, mich in seinen Bann zu ziehen, wenn ein Musikvideo, dann nicht mein Stil.
Zu gewöhnlich die Bilder, zu wackelig die Schwebefahrten der Kamera, zu langsam das Erzählte und zu früh keine Geheimnisse mehr in der Story. Insgesamt war der Film mir einfach durchgängig zu TRIST.
Das alles mag der Ernsthaftigkeit der Story wohl förderlich sein, denn ich kam aus dem Film wie das Opfer in der Hauptrolle - traumatisiert!
Mehr beibringen als dieses unschöne Gefühl konnte mir der Film nur leider nicht.
Das Finale war schön, ich habe solche Bilder nur auch schon öfter in besser gesehen - in tollen Musikvideos z.B.
Smotti
sah diesen Film im Cinemaxx 4, Hamburg

26.08.2011, 01:12


Deutungssache

von D.S.
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22nd OF MAY ist kein Film für den Mitternachts-Slot am FFF-Wochenende. Denn er braucht sehr viel Aufmerksamkeit, Aufnahmefähigkeit und Kraft - um ihm folgen zu können, vor allem aber, um das Gezeigte interpretieren und zu einem Ergebnis, einer Aussage kommen zu können.

Da dies bei mir im Moment des Ansehens leider definitiv nicht mehr gegeben war, kann ich aktuell nicht so viel aus dem Film machen. Werde ihn mir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal ansehen müssen. Wenn man ihm sich wie ich nicht vollständig widmen kann, hinterlässt 22nd OF MAY viele viele Fragezeichen: Was ist an jenem Datum, als ein junger Mann in einem Einkaufszentrum eine Bombe zündete, tatsächlich passiert? Was von dem, was uns erzählt wird, ist Verdrängung und Leugnung geschuldet, was Schuldeingeständnis, was einem schlechten Gewissen, was Projektion, was blanker Einbildung?

Die Hauptfigur ist ein Wachmann im betroffenen Gebäude, der den Anschlag überlebt hat - wobei ich nicht einmal das mit voller Sicherheit sagen kann. Im Verlauf des Films konfrontiert er sich mit den Vorhaltungen der Opfer. Oder ihre Geister konfrontieren ihn. Oder er konfrontiert sich mit dem, was er aufgrund seiner eigenen, teils in der Vergangenheit begründeten Probleme auf die Opfer projeziert. Oder...

22nd OF MAY ist Kopfkino. Er erzählt nur einen kleinen Teil seiner Geschichte auf der Leinwand und überlässt den Rest der Erörterung durch den Zuschauer. Entsprechend geht es ihm auch kaum um seine Geschichte, viel mehr um die Implikationen der Dialoge oder Monologe, die geführt werden. Es geht ihm ums Nachdenken, um die Analyse, um die Interpretation.

Wie gesagt, dafür muss man im geeigneten Zustand sein. Andernfalls erlebt man mehr ein komplexes, verworrenes, reichlich anstrengendes Fragmentgebilde, das alles und nichts darstellen kann. Definitiv jedoch keinen EX DRUMMER - ich konnte nicht den Hauch einer Ähnlichkeit entdecken.

In seinem Finale beeindruckt der Film dann aber ausnahmslos: Durch einzigartig bildgewaltige Kompositionen, an denen sich auch die Höhepunktsequenz eines THE DIVIDE durchaus ein Beispiel nehmen kann.

Zur Abgabe einer Bewertung sehe ich mich dennoch außerstande. Definitiv jedenfalls ein Film, der sich erarbeitet und diskutiert werden muss.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt
 
29.08.2011, 05:02


Sense of Touch

von Timo
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Das neuste Werk von EX DRUMMER-Regisseur Koen Mortier ist weniger Spielfilm als wüste Gedankensammlung zu den Themen Schuld und Sühne. In ähnlich dreckigen und rohen Bildern wird die Geschichte eines Bombenanschlags in einem Kaufhaus erzählt. Die zentrale Figur ist hierbei der Wachmann. In vielen fiktiven Szenen, die an die Interview-Sequenzen aus EX DRUMMER erinnern, werden diverse Szenarien durchleuchtet: "Was wäre wenn" bleibt immer die zentrale Frage, die 22 MEI aufwirft. Zwischen Reue und Schuldkomplex versucht die Hauptfigur, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Doch der Film selbst kennt die Antworten nicht. Und so pendelt er von einem Dialog zum nächsten, oft ziellos und leider auch etwas langatmig. Das Highlight beschränkt sich daher auf die beeindruckenden Detonationsszenen, die aus allen erdenklichen Winkeln in Zeitlupe abgespielt werden. In einem Kurzfilm wäre der Stoff, auf den sich Mortier in seinem Werk beschränkt, vielleicht besser aufgehoben gewesen. 22 MEI ist interessantes Arthousekino, welches zur Diskussion anregt. Mehr will er vielleicht nicht - kann er aber auch nicht.
Timo
sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt - Original-Review

29.08.2011, 12:12




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Kommentar von Herr_Kees :
Verpufft
Sehr artifizielles Drama um Schuld und Reue, dialoglastig und zeitweise quälend langsam, einzige visuelle Besonderheit bietet die finale Zeitlupenexplosion, die bereits aus Trailer/Musikvideo bekannt ist.
06.09.2011, 11:01

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