crazy

After Blue

Amazonen auf der dunklen Seite des Mondes

von D.S.
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Extrem sexuell aufgeladene Kreuzung aus Indie-Sci-Fi-, Abenteuer- sowie Kunstfilm – und im Zusammenspiel der entsprechenden Elemente, bei Lichte betrachtet, einer der einzigen echten Fantasy-Filme im diesjährigen Festival-Line-up. Der im Programmheft gebrachte Vergleich mit BARBARELLA trifft es erstaunlich gut; nur, dass AFTER BLUE der lässige Groove jenes Kultklassikers größtenteils abgeht. Dafür gibt’s hier noch mehr Wollust auf allen Seiten, noch mehr Sex, und vor allem: noch seltsameren. Tentakelbewehrte Androiden, Alien-Kriechtiere und inzestuöse Anklänge inbegriffen. Da es sich beim titelgebenden Planeten um eine reine „Frauen-Welt“ handelt, ist der allergrößte Teil der entsprechenden Annäherungen natürlich lesbisch konnotiert. Womit der Film in gewisser Hinsicht ein Gegenstück zu THE WILD BOYS darstellt, dem männlich-homoerotisch gestimmten Vorgängerfeature desselben Regisseurs.

Prinzipiell gibt es hier an jeder Ecke etwas Interessantes, oft Obskures zu sehen. Dass dabei ein Gutteil der bunten Kulissen aber starkes Pappmaché-Flair ausstrahlt, mindert die Schauwerte ein wenig. Bliebe die Handlung: die ist klar als solche erkennbar und läuft auf ein vorab definiertes Ziel zu. Wer Wert auf eine stringent oder gar spannungsvoll erzählte Geschichte legt, ist hier trotzdem falsch. Denn tatsächlich fungiert der zentrale Plot nur als äußerst offen gehaltener Rahmen für ein freies Explorieren in jeder Richtung und Hinsicht, in erster Linie natürlich bezüglich erotischer Erlebnisse. Und so jagt die junge Roxy, von allen nur „Toxic“ genannt, zwar über fast die gesamte Laufzeit des Films mit ihrer Mutter nach dem Staatsfeind Nummer Eins, der Killerin „Kate Bush“ (hö, hö). De facto präsentiert sich diese Jagd jedoch vielmehr als allseitig sehr unmotiviert betriebene Suche. Deshalb schleppt sich das Geschehen über weite Strecken relativ tempo- und höhepunktlos dahin.

Darum dürfte AFTER BLUE in erster Linie solchen Zuschauern zusagen, die Interesse an der experimentell angehauchten filmischen Darbietung alternativer Gesellschaftsentwürfe haben, viele verschiedene Spielarten von (nicht immer überaus ästhetisch dargebotenem) Sex auf der Leinwand sehen möchten und sich gerne durch eigenartige fremde Landschaften treiben lassen. Mich konnte das Ganze nur selten wirklich packen oder gar faszinieren, interessant fand ich es immer wieder aber doch. Darum diplomatische 5 von 10 Punkten.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

31.10.2021, 02:51


Prinzessin Fantorgasmo

von Leimbacher-Mario
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„After Blue“ ist der neue Streich des exzentrischen „The Wild Boys“-Machers Bertrand Mandico und geht in die gleiche Richtung, jedoch stilistisch und thematisch noch deutlich wirrer, weiter und wilder. Irgendwo zwischen feministischer (?) Kunstausstellung, einem feuchten Traum, loopenden Drogentrip und leeren Langeweileluftballon mit Glitzerüberzug glänzt hier eigentlich nur die Oberfläche, die Optik, die Akustik. Der Inhalt spielt auf einem fremden Planeten ohne Männer, mit viel Knospengerubbel, (un)natürlichen Auswüchsen, einer prallen, gejagten Kate Bush und barbarella'eskem Westernflair. Tintenfischtheatralik.

„After Blue“ ist, wenn überhaupt, nur für Hardcore-Arthouse-Enthusiasten, ging für mich allerdings dieses Jahr an einem vollen Fantasy Filmfesttag brutal unter, schlug gänzlich fehl, überforderte und frustrierte. Er fühlt sich an wie zwei Ewigkeiten und drei Monde. Gesponsert von Gucci und auf den Spuren von „El Topo“. Kommender Kultfilm oder prätentiöse Qual? Für mich leider viel näher an Letzterem. Style ohne bleibende Substanz. Null Zugang für mich. Anstrengend ohne Ende. Hübsch ohne Limit. Der Score hat seine Momente. Thematisch wird eine Menge angeschnitten. Surreal. Schäumend schön. Aber einfach unheimlich aufgeblasen, ätzend und laaaangsam. Eine Quasselstrippe obendrauf. Man kann es nicht laut genug sagen. Das ist extremstes, experimentelles Kunstkino aus Frankreich. Androgyne Alpträume. Als 5-minütiges Musikvideo wohl besser. Brüste und Tentakel. Sünden und Muschiaugen. Sci-Fi goes gaga und grenzwertig. Vielleicht habe ich noch nie öfters auf die Uhr geguckt. Will „After Blue“ viel? Womöglich. Kann er viel? Meiner Meinung nur aufregen und anöden. Das hat bei „The Wild Boys“ einfach noch viel besser und runder gepasst.

Fazit: Ganz nah an einer unfreiwilligen Satire seiner Arthouse-Schublade. Audiovisuell ein Donnerschlag. Ansonsten eine erzählerisch-schmerzvolle Kunstkakophonie und Collage, die sich anfühlt wie eine halluzinogene Ewigkeit. Farbenfroher Fehlschlag.
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

04.11.2021, 02:12


Wenn Camp richtig nervt...

von landscape
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Wirkt wie ein in einer aufgegebenen Schaufensterdekoration eines großen Kaufhauses abgedrehtes Märchen um eine junge Frau, die auszog, ihre sexuelle Identität zu finden.
Leider zu viele kleine Einfälle, die den Film vom Kurs abbringen:
Namen großer Marken für Dinge und Wesen, die keine Bedeutung mehr transportieren. In rosa Zuckerwatte gepackte Atmosphäre, Flashbacks aus Genrefilmen, etwas violette Suppe und Polyacrylkristalle, dazu Tentakel, Schleim und Flüssigkeiten (Miike? Schlingensief?) fügen sich nicht wirklich zu einer eindeutigen Geschichte um die böse, böse Hexe, die alle töten wollen und es vielleicht doch nicht schaffen.
Vielleicht, weil es das Gute ohne Böse nicht gibt? Oder was?
landscape
sah diesen Film im Savoy, Hamburg

07.11.2021, 18:56




Alle Bewertungen im Überblick:
TokTokTok
mdbnase
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