After Yang

„What the caterpillar calls the end, the rest of the world calls a butterfly.“ – Lao Tzu

von Herr_Kees
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Wie gehen wir mit dem Verlust eines geliebten Menschen um? Was bleibt von ihm?

AFTER YANG zeigt einen ungewöhnlichen Weg der Trauerarbeit und präsentiert uns nicht die Erinnerungen an den Verstorbenen. Sondern die Erinnerungen des Verstorbenen.

Yang ist nicht mehr. Der geliebte Geschwister-Technosapien der Familie hat seine Lebensfunktionen eingestellt, es ist wohl ein Problem mit dem Core, die Garantie ist abgelaufen, eine Reparatur scheint nicht möglich.

Jake (Colin Farrell) spürt im Memory-Chip Yangs dessen Erinnerungen nach und findet Hinweise auf ein erfülltes Leben.

Das kontemplative Science Fiction-Drama von Regisseur Kogonada (PACHINKO) ist berührend, traurig und zugleich von einer schönen Leichtigkeit durchzogen.

In Anbetracht der Weltlage stimmt es schon tröstlich, eine realistisch gestaltete, lebenswerte Zukunft abgebildet zu sehen. Der hier geschilderte Umgang mit Tod und Abschied verstärkt dieses Gefühl.
Herr_Kees
sah diesen Film im EM, Stuttgart

18.09.2022, 23:18


Gefühlvoll geteebeutelt

von Leimbacher-Mario
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Kogonoada konnte vor 5 Jahren bereits mit „Columbus“ geduldige Gucker überzeugen. Nun ist er mit „After Yang“ (hierzulande bald über Sky vertrieben) zurück und minimalistisch im Sci-Fi-Bereich unterwegs. Seine Ruhe, seinen Fluss, seine Zurückhaltung, seinen Anstand verliert er aber auch mit futuristischen Elementen zum Glück nie aus den Augen. Gerade die Menschlichkeit bleibt Schwerpunkt - auch wenn es um einen defekten „Technosapiens“ geht, der unverzichtbarer Teil einer schicksalsgerüttelten Familie war …

„After Yang“ ist quasi ein „White Mirror“, ein wesentlich positiverer und emphatischerer Blick auf K.I., Zusammenarbeit (Mensch/Technik) und Zukunft als sonst oft. Hervorragende Bilder, wohlige Farben, Teearomen quasi durch die Leinwand. Unprätentiöse Kunst. Sehr humane Themen, trotz all der Technik und dem Futurismus. Understatement pur, leichte „Gattaca“-Vibes. Endlich mal wieder Colin Farrell. Sehr reif und reich. Gesprächsstoff und Schönheit. Symmetrie und Sanftmut. Abschied und Neuanfang. Philosophisch und prachtvoll. Für manche vielleicht etwas ruhig, verkopft und monoton, dann fehlen womöglich Zugang und Höhepunkte. Aber für mich extrem angenehm, anders und intelligent. Mit einer der schönsten, unauffälligsten Filmmelodien seit Jahren. Einer wirklich authentischen und in vielerlei Hinsicht fortschrittlichen Familie. Und einem Androiden, der die meiste Zeit des Films nicht mehr aktiv ist und einem dennoch im Gedächtnis bleiben wird!

Fazit: Warme Meditation auf das Menschsein, die Familie und Zugehörigkeit. Wirklich wundervoll.
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

19.09.2022, 01:27


Do androids dream of electric tea?

von D.S.
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Ein wunderschöner, tief berührender Film – mal bittersüß melancholisch, mal todtraurig, aber doch erfüllt von einem grundsätzlichen Optimismus, von einer Hoffnung darauf, dass wir Menschen einen bleibenden Wert in unserem Leben entdecken und vielleicht sogar hinterlassen können.

Wenn Colin Farrell auch wahnsinnig gut ist als fürsorglicher Vater einer sich ohne ihren besten Freund/Bruder furchtbar allein fühlenden kleinen Tochter, als Tee-Zen-Meister sowie als besessener Cyber-Archäologe und Forscher an der Erinnerungsdatenbank von Leben, Liebe und Vergänglichkeit, so ist der eigentliche Star des Films doch eindeutig „Yang“ (Justin H. Min, THE UMBRELLA ACADEMY) – und das, obwohl er über den größten Teil der Handlung hinweg „tot“ ist bzw. mit einem schweren Defekt im Reparaturdock liegt, und selbst in den Momenten seiner eigentlichen Anwesenheit (zu Beginn des Films sowie in den späteren Erinnerungssequenzen) stets nur für ein paar Sekunden auf der Leinwand zu sehen ist. Dennoch ist er es, der den Filmfiguren genau wie uns einen Weg eröffnet, neu darüber nachzudenken, was das Menschsein eigentlich ausmacht.

Neben einigen visuellen Effekten der Sorte „MATRIX in warmherzig, edel und schön“, die wir beim Eintauchen von Farrells Figur in die Erinnerungswelt Yangs gezeigt bekommen, verbleibt der Film stilistisch allerdings weitgehend im überaus Normalen, Konventionellen, Lebensnahen. Was bei oberflächlicher Betrachtung dazu führen kann, dass man ihn etwa als gewöhnliches Familiendrama abtut. Nichts könnte falscher sein, denn hier wird eine philosophische Tiefe erreicht, die geradezu den Kern unserer menschlichen Existenz streift. Ich war jedenfalls mehrmals kurz vor den Tränen, aber natürlich hängt die Stärke der Wirkung des Films auch von der individuellen Verfasstheit ab.

Ruhig, elegisch, leise und doch so tiefschürfend. Ein emotionales Nahezu-Meisterwerk von A24, das aus dem FFF-Programm 2022 gewaltig heraussticht. 7,5 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

26.09.2022, 04:51




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