Reviewvon misspider | Permalink |
An American Crime basiert auf einer wahren Geschichte, die sich 1965 in den USA abgespielt hat. Zur Story: Sylvia und Jenny werden von den Eltern, welche als Schausteller durchs Land ziehen, für die Sommersaison bei einer alleinerziehenden Frau untergebracht. Anfangs läuft alles bestens, die Mädchen verstehen sich gut mit den Töchtern und werden wie Familienmitglieder behandelt. Als dann Paula in Schwierigkeiten gerät, verrät Sylvia ein Geheimnis, um ihr zu helfen. Paula sieht sich verraten und kreidet Sylvia als Lügnerin bei der Mutter an. Während alle Kinder zusehen, muss Sylvia eine körperliche Strafe über sich ergehen lassen. Mit der Zeit wird in der ganzen Schule über Paula getuschelt, woraufhin diese ihre Mutter im Glauben bestärkt, Sylvia würde sich mit Jungs rumtreiben und einen schlechten Ruf haben. Nachdem Sylvia nach einem harmlosen Ausflug von einem Jungen nach Hause gebracht wird, erwartet sie eine neuerliche Strafe vor der Familie, und anschließend wird sie im Keller eingesperrt. Das ist der Beginn einer endlosen Reihe von Demütigungen und Schmerzen. Bald bringen die Kinder sogar Schulfreunde mit nach Hause, um ihnen die gefangene 'Schlampe' im Keller zu präsentieren und sie zum Mitmachen bei den 'Spielchen' zu beteiligen. Was als Mutprobe beginnt, wird bald zum Sport: der Keller wird zum Jugendtreff, wo man nach der Schule hingeht um zu quatschen, zu rauchen, Sylvia zu quälen oder heute mal nur dabei zuzuschauen, aber alle haben ihren Spaß. Die Folterungen werden nie direkt gezeigt, so gesehen ist der Film fast harmlos. Trotzdem oder: gerade deshalb schafft er es mit Leichtigkeit, ein mehr als flaues Gefühl im Magen zu hinterlassen. Wie gelähmt sitzt man im Kino und und muss hilflos zusehen, wie alle mitmachen und niemand etwas unternimmt. Die Gedankenlosigkeit der Beteiligten ist unfassbar und zu wissen, dass so etwas wirklich passiert ist, gibt einem den Rest. Dies ist kein schöner Film. | |
misspider sah diesen Film im Metropol 2, Stuttgart | 30.07.2007, 09:05 |
Crime of Depressionvon Herr_Kees | Permalink |
True Crime, die zweite: AN AMERICAN CRIME ist in erster Linie ausgezeichnetes Schauspielerkino, bei dem sich anfangs sogar fast die Befürchtung einstellt, ob Ellen Page (HARD CANDY) nicht sogar schon zu professionell für die Rolle der gedemütigten und misshandelten 16-jährigen spielt. Doch diese Selbstsicherheit ist ideal für die Rolle des duldsamen Opfers und auch alle anderen Darsteller, insbesondere die Kinder, spielen ganz hervorragend. Die Geschichte, die erklärtermaßen eine 'Interpretation des Falles, basierend auf authentischen Zeugenaussagen' ist, geht ordentlich an die Nieren, bleibt jedoch in jeder Sekunde so realistisch und nachvollziehbar, dass man am Ende sogar mit Catherine Keeners Charakter mitfühlen kann. Fazit: Erschütterndes Psychodrama und authentisches Zeitdokument, fesselnd inszeniert und gespielt. | |
Herr_Kees sah diesen Film im Metropol 2, Stuttgart | 30.07.2007, 11:00 |
Unangenehmvon meiklsan | Permalink |
An American Crime. Das Thema Kindesmißbrauch ist uns ja seit Belgien und Österreich leider auch hierzulande schmerzlich medial vor Augen geführt worden. Natürlich hat auch die US-Filmindustrie von diesem Hype Wind bekommen und zaubert uns mal fix einen Fall aus der eigenen Vergangenheit hervor. Während des Films wurde mir immer mehr bewußt, wie schamlos die Macher den Zuschauer beim eigenen voyeuristischen Instinkt packen, der zum Glück optisch nicht bedient wird und damit in einen Film locken, der eigentlich schmerzt, weh tut, traurig stimmt und den man eigentlich gar nicht sehen will. Der Film bewegt sich auf einem sehr schmalen Grat zwischen kommerzieller Ausbeutung eines sensiblen Themas und scheinheiligem Aufmerksam-Machen auf das Thema Kindesmißbrauch. Nur bedingt und unter Vorbehalt als sehenswert zu empfehlen. Für die schauspielerischen Leistungen der Mutter und Kinder hätte der Film allerdings einen Oscar verdient! Wann kriegen wir die wundervolle Ellen Page endlich mal in einem emotional positiven Happy Movie à la Amélie zu Gesicht? | |
meiklsan sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 04.08.2007, 03:32 |
Eine Reise ins dunkle Herz des amerikanischen Traumsvon D.S. | Permalink |
Ich lehne mich jetzt, nach für mich gerade mal drei Tagen Festival, ganz weit aus dem Fenster und sage: wer dieses Jahr nur einen einzigen Film auf dem FFF sehen will, sollte diesen wählen. Zumindest, wenn er Wert auf mehr als nur "Unterhaltung" legt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß mir noch ein Film des 07er Programms so nahe gehen wird wie dieser. Man könnte hier tausende dummer, ausgewalzter Sprüche anbringen, sie hätten alle ihre Berechtigung: die schlimmsten Geschichten schreibt immer noch das Leben selbst. Es gibt kein grausameres Tier als den Menschen. Kinder können die größten Monster überhaupt sein. Und jeder einzelne deiner Nachbarn hat das Potential, zum Sadisten und Mörder zu werden. "An American Crime" basiert auf einer wahren Begebenheit, die so unvorstellbar ist, daß man dem Film am liebsten ständig Unglaubwürdigkeit vorwerfen würde. Wie hier ganz normale Kleinstädter und scheinbar unschuldige Kinder zu gnadenlosen Folterknechten werden; keinerlei Hemmungen haben, das Leben eines Mädchens ohne jeden Anlaß zur Hölle zu machen, ihr alle Würde und alle Hoffnung zu nehmen... wie jeder einfach mitmacht und seinen Spaß am Quälen entdeckt, ohne dabei auch nur so etwas wie Gewissensbisse zu verspüren... das läßt einem manchmal einfach den Atem stocken. Sicherlich, das sind nun 2007 alles keine neuen Erkenntnisse mehr, wir wissen mittlerweile, wozu jeder x-beliebige Mensch unter den richtigen Bedingungen so in der Lage sein kann. Und daß für die meisten Mitgefühl und Menschlichkeit ohnehin nur antrainierte Masken sind, die ihnen nicht wirklich etwas bedeuten. Dennoch ist es etwas anderes, das auf diese Weise zu sehen. Einerseits, was die Protagonisten angeht - wie gesagt, in erster Linie Kinder. Andererseits, was die Umsetzung betrifft. Denn nicht nur, daß hier sämtliche Beteiligten phänomenal spielen: ohne, daß wir allzu viel zu sehen bekämen, nehmen wir an den Folterungen der verlorenen Sylvie unmittelbar teil. Vielleicht einmal abgesehen vom Erzählrahmen - der Gerichtsverhandlung gegen Sylvies Pflegemutter mit Zeugenaussagen vieler Beteiligten -, ist die Inszenierung so dicht, daß wir mit Sylvie kaum zum Atemholen kommen und uns mit ihr ganz plötzlich in einer Situation wieder finden, die nicht zu antizipieren war. Das Unheil bricht so unerwartet, so grotesk und so grenzenlos über sie herein, daß man es als Betrachter - mit ihr - einfach nicht glauben mag. Aber all das hier Gezeigte ist wirklich geschehen (wenn auch eventuell nicht exakt so). Und das Schockierendste ist vielleicht unser Wissen, daß es jederzeit wieder geschehen könnte. In jeder Gesellschaft, in der jeder Mensch nur sich selbst als Zentrum aller Bedeutung und Empfindung sieht. Wer denkt, er weiß doch eh schon, was passiert und braucht sich den Film deshalb nicht anzusehen, irrt nicht nur wegen des emotionalen Involvements, das erzeugt wird und das sich nur schwer beschreiben läßt. Nein, "An American Crime" erzählt seine Geschichte zudem auf eine sehr intelligente Weise und kann deshalb auch noch mit Überraschungen aufwarten. Was ihn vielleicht zu einem der interessantesten Real-Crime-Filme macht, die ich kenne. Aber Kritik gibt es auch hier - gegen Ende, als man als Zuschauer ohnehin schon am Boden liegt, werden dann leider noch ein paar überflüssig kitschige Momente drangehängt. Das war dann zuviel des Guten und wirkt ein wenig billig. Abgesehen davon aber ist der Film ein ziemlich wuchtiger Schlag in die Magengrube und ein echtes Muß für jeden, der mal wieder gerne richtig mitgenommen werden möchte von dem, was da auf der Leinwand passiert. Und in der Realität. 8,5 Punkte. | |
D.S. sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 04.08.2007, 04:59 |
No Funvon Eraserhead | Permalink |
Für alle Hartgesottenen der Downer des Festivals. Der richtige Horror ist unter uns, passiert jeden Tag und geht nicht immer von Freddy oder Jason aus. Selten nach einem Film auf dem FFF so ne gedrückte Stimmung und viele Schluchzer gehört. Manchmal ist in einem Film weniger auch mehr, man sieht nicht viel, aber die Luft bleibt einem weg. Sensationelle schauspielerische Leistungen, allen voran natürlich die beiden Hauptprotagonisten. Selbst Kobold macht seine Sache prima. Keuch, das war wirklich ein Schlag in die Magengrube. | |
Eraserhead sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 04.08.2007, 09:48 |
There won’t be Sunshine for everyone.von Timo | Permalink |
Zu den üblichen Folterspielchen und Funsplatterangriffen, stellt AN AMERICAN CRIME ein schönes Kontrastprogramm dar. Wobei "Spaß" in Zusammenhang mit diesem nüchternen, passiven, hoffnungslosen Stück Film natürlich das falsche Wort ist. Spaß hat man hier weiß Gott nicht. Aber das will der neuste Film von ELLA ENCHANTED-Regisseur Tommy O’Haver auch nicht. Er will uns lediglich die Möglichkeit geben mit den Charakteren mitzufühlen und sie wenigstens kennen zu lernen. Auch das ist Kino. Was auf dem Papier vielleicht schnell zur theatralischen Seifenoper verkommt, geht Tommy O’Haver erstaunlich gut von der Hand. Das liegt zum größten Teil an den herausragenden Akteuren, allen voran natürlich Catherine Keener. Hätte nicht gedacht, dass dieses Jahr noch eine Darstellerin an der penetranten, passiv-aggressiven und beängstigenden Imelda Staunton (Dolores Umbridge in HARRY POTTER V) vorbei kommt. Mehr Angst macht mit jedoch, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit dies Catherine Keener von der Hand geht. Man kann hier ganz ungeniert von einer der mit Abstand besten Leistungen des Kinojahres sprechen. Doch auch Ellen Page braucht sich nicht zu verstecken. Hatte sie bereits mit HARD CANDY oder X-MEN 3 bewiesen was sie drauf hat, kann sie in AN AMERICAN CRIME nun vollends überzeugen. Für mich ist Ellen Page schon jetzt eine der großen Hollywood Hoffnungen. Was aber zeichnet den Film aus? AN AMERICAN CRIME lässt seinen Zuschauern stets die Wahl selbst zu entscheiden. Er selbst richtet nicht über das, was die Charaktere tun oder eben leider nicht tun. Und selbst wenn Gertrude Baniszewski am Ende wegen ihrer Taten ein Monster ist und mehr verdient hätte als sie bekommt, kann man sich einen Funken Mitleid nicht ganz verkneifen. Tommy O’Haver’s Film ist deshalb ein beeindruckendes Drama geworden, dem es im Wahn der Reflektierung vielleicht etwas an Ambivalenz fehlt, weil oft die Nebencharaktere zu eindimensional ausfallen. Doch ansonsten gibt es an AN AMERICAN CRIME nicht wirklich etwas zu rütteln. | |
Timo sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 06.08.2007, 08:54 |
The Sad Life of Ellen Pagevon FFFler | Permalink |
Die wahre Geschichte der Gertrude Baniszewski, die ihr Pflegekind in ihrem Keller misshandelte und sie auch von den Nachbarskindern quälen ließ. Der Film basiert dabei auf den Gerichtsdokumenten und zeigt das Geschehen in aller Härte und Deutlichkeit. Durch diese kompromisslose Inszenierung gelingt es o Heaver den Zuschauer ähnlich wie in Requiem for a Dream zu schocken und ihm fassungslos im Kinosaal zurück zu lassen. Einen großen Anteil daran hat vor allen Dingen die großartig aufspielende Catherine Keener (hassenswert in ihrer wohl besten Rolle) sowie Jungstar Ellen Page, die ihr in nichts nachsteht. Ein bewegender, aufwühlender Film, perfekt gespielt und inszeniert und daher auch jedem zu empfehlen. | |
FFFler sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 11.08.2007, 07:45 |
etwas fehlte mirvon ritch | Permalink |
Auch mir hat der Film aufgrund seiner darstellerischen Leistung und bewegenden Story gefallen. Allerdings belässt es der Film dabei, eine Geschichte eines durch und durch "guten" Mädchens, das von a l l e n anderen gequält wird, zu zeigen. Dass man sich dadurch automatisch mit ihr identifiziert, macht es dem Film sehr leicht eindringlich zu sein. Wenn ein einzelner Mensch solche Dinge tut, ist das glaubwürdig. Die kollektive Folter, wie hier, ist schwer nachvollziehbar. Wenn Dinge im Film geschehen, die sich mit dem gesunden Menschenverstand nicht erklären lassen, möchte ich, dass sich dieser auch mit dem "wie konnte es dazu kommen" beschäftigt. Das ist z.B. Bug sehr gut gelungen. Dies habe ich bei An American Crime vermisst. | |
ritch sah diesen Film im Cinedom 6, Köln | 18.08.2007, 12:19 |
Der Wunsch nach der Sintflutvon Lovecraft | Permalink |
"An American crime" tut weh. Zu unfaßbar ist die - wahre, größtenteils auf Gerichtsprotokollen - beruhende Story, und vor allem zu gut ist das alles inszeniert und gespielt: Page und Keener liefern sich darstellerisch ein Duell auf allerhöchstem Niveau, die Kamera läßt dem Zuschauer noch Spielraum für eigene Vorstellungen und die Musik hält sich angenehm im Hintergrund. Warum der Film nicht noch mehr unter die Haut geht, liegt in erster Line an den eingestreuten Gerichtsszenen, die dem Zuschauer die dringend nötigen Atempausen liefern und an dem inszenatorischen "Kunstgriff" kurz vor dem Ende, der zwar schockiert, in letzter Konsequenz aber doch auch ein wenig tröstlich wirkt. Insgesamt ein schmerzlicher, aber dabei ungemein zu empfehlender Film! | |
Lovecraft sah diesen Film im Cinemaxx 6, Berlin | 03.09.2007, 12:12 |
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