Mehr Familiendrama als Thrillervon Alexander | Permalink |
Wenn man hier überhaupt noch von einem „Thriller“ sprechen kann, dann eigentlich nur in Bezug auf den von Noomi Rapace genial verkörperten Part der an der Grenze zum Wahnsinn agierenden Mutter, die sich immer mehr in ihren Wahn hineinsteigert, ihre vor Jahren in einem Feuer umgekommene Tochter in dem Kind einer Nachbarin wiedererkannt zu haben. Denn Noomi Rapace spielt grandios gut und trägt den in Teilen etwas spannungsarmen Film fast alleine, um ihn dann mit Ach und Krach gerade so über den Durchschnitt zu heben. Wie sie hier zwischen dem verletzlichen und zerbrechlichen Opfer und der rasenden Furie changiert, das hat nämlich was! In Teilen erinnerte mich „Angel of Mine“ an den von mir sehr geschätzten „The Ones Below“ (FFF 2015), insbesondere was die Besessenheit der Mutter betrifft, die für die Erfüllung bzw. Verteidigung ihrer Träume und ihres Kindes so gut wie alles tun würde. Nur wurde dies in „The Ones Below“ halt als richtig spannender Thriller umgesetzt, während wir hier mehr einem zähen Familiendrama beiwohnen müssen, und Eltern, Ehemann, Kolleginnen und auch dem obligatorischem Psychiater dabei zusehen, wie sie fassungslos danebenstehen, wenn eine Frau ihre letzten Murmeln im Oberstübchen zu verlieren droht. Dabei gleitet die Story an einem Punkt bedauerlicherweise auch noch in süßlichen Kitsch hinab, auf den man auch getrost hätte verzichten können. Denkt man aufgrund der vielleicht etwas zu dick aufgetragenen Szenen einer den Boden unter den Füßen verlierenden Mutter zunächst, dass sie wirklich reif für die Klapse ist, wandelt sich im Laufe des Films die Perspektive dann allerdings ein klein wenig zu Gunsten der Protagonistin, was zugegebenermaßen Aufmerksamkeit und Spannung deutlich erhöhen und der Geschichte vielleicht sogar noch einen Hauch von Mystery verleihen… Das ist alles wirklich sehr gut und emotional umgesetzt, nur das „Thrill“-Icon im Programmheft wackelt für mich hier doch erheblich. Noch weniger Suspense und „Angel of Mine“ wäre dicht an Rosamunde Pilcher vorbeigeschrammt, etwas mehr Mut zur Härte jedoch hätte diesen Film sogar in die Wogen richtig guter Thriller heben können. Wegen Noomi gibt’s aber dicke und sehr wohl gemeinte 6 Punkte. Die Schauspielerin werde ich weiterhin im Auge behalten, die Regisseurin wohl eher nicht. | |
Alexander | 04.09.2019, 21:03 |
Trauerspielvon D.S. | Permalink |
Aus Gründen besuche ich das FFF 2019 erstmals seit über 20 Jahren nicht mit einer Dauerkarte – und das hat Konsequenzen: Hätte ich einen Film wie ANGEL OF MINE früher wohl als bedauerlichen, aber insgesamt unerheblichen Kollateralschaden verbucht, tut er mir heute richtig weh. Schließlich hat er mich ganz konkret spürbare 10 Euro gekostet. Für...? Drama-Ware, wie man sie eher auf dem „Lifetime“-Channel erwarten würde. Ja, Noomi Rapace spielt wieder einmal grandios auf – wie in der „Millenium“-Trilogie heißt ihre Figur übrigens auch hier Lisbeth, weist mit der genialen Hackerin ansonsten jedoch kaum Gemeinsamkeiten auf. Vielmehr verkörpert Rapace in diesem Fall eine durch den Verlust ihrer Tochter vor sieben Jahren noch immer schwer traumatisierte Mutter, die im Kind einer anderen Familie ihren eigenen Nachwuchs zu erkennen glaubt und sich immer stärker in ihre Annahme hineinsteigert... Leider tut sie dies auf zwar sehr glaubwürdig gespielte, jedoch für das Publikum nicht sonderlich spannende oder gar aufregende Weise. Als Thriller kann ANGEL OF MINE deshalb auch kaum bezeichnet werden. Wer grundsätzlich Gefallen an einem psychologischen Drama mit einer hervorragenden Hauptdarstellerin finden kann, wird durchaus Stärken am Film entdecken können. Ich selbst hatte etwas anderes, genre-affineres erwartet und war deshalb insgesamt eher enttäuscht – und von den finalen Drehbuch-Volten sogar leicht verärgert. Deshalb auch nur 5 Punkte; in einem anderen Sichtungszusammenhang hätte ich vielleicht mehr vergeben. So aber fühlte es sich fast nach verschwendeter Lebenszeit an. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 11.09.2019, 15:22 |
Mein Schatz *Gollumvoice aus*von Leimbacher-Mario | Permalink |
„Angel of Mine“ hat Frau Rapace zu danken. Und zwar mit Schmackes. In Teilen dann auch noch den anderen Darstellern, wie Luke Evans und Yvonne Strahowski. Denn mit einer weniger herausragenden Besetzung, wäre dieses durchaus emotionale Trauerspiel doch etwas sehr blass. Daher kann ich auch nicht wirklich das französische Original empfehlen oder vorziehen, nicht nur, weil ich es noch gar nicht gesehen habe, sondern weil anzuzweifeln ist, dass dort ebenfalls solche top aufgelegten Hochkaliber am Start sind... Die Story bewegt sich irgendwo im achselzuckenden Niemandsland zwischen Thriller und Drama, mit klarem Schwerpunkt zu letzterem. Wir folgen einer psychisch labilen Frau und Mutter, die vor einigen Jahren ihr Baby verloren hat. Und nun meint sie in der süßen Tochter einer neuen Bekannten ihre eigene Kleine wieder zu erkennen... Mutterinstinkt vs. Trauertrauma... was gewinnt, wer hat recht? Den Blickwinkel der „Bösen“, der Stalkerin, der psychisch (verständlicherweise) angeschlagenen Psychopathin einzunehmen - das ist nicht neu, aber immer noch recht frisch und anders. Denn in Teilen kann man sich „Angel of Mine“ wie eine umgekehrte und super, super, super (!) leichte Version von „Inside“ vorstellen. Nur eben enorm flach, blutlos, in weiten Teilen erschreckend absehbar und nie, in keiner seiner Richtungen, in die Vollen gehend. Weder packender Thriller noch niederschmetterndes Drama, weder Fisch noch Fleisch, immer nur auf Sparflamme und nach dem ungefährlichsten, kleinsten gemeinsamen Nenner suchend. Das ist am Ende nicht allzu anhaltend oder befriedigend. Zudem könnte man die Entwicklungen leicht hanebüchen nennen. Wenn auch durch seine edlen Darsteller und für mich im Endeffekt doch gar nicht so unrealistische Situation nett wegzugucken. Aber nett kann ja bekanntlich auch „falsch“ verstanden werden... Und wo sollte der Film am Ende sonst hingehen?! Den ohnehin schon recht abgefederten Biss hatte das Ganze zu diesem Zeitpunkt für mich schon länger verloren. Fazit: Starkes Drama, schwacher Thriller?! Eine Geschichte, die, abgesehen von ihren fabelhaften Darstellern, sehr handzahm und unspektakulär runtergekurbelt wird. Überraschend vorhersehbar für mich, nicht überraschend generisch. Immerhin der Blickwinkel der „Stalkerin“ ist mal ein dezenter Twist. Ansonsten aber eher Füllmaterial für den Sonntagnachmittag. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 22.09.2019, 01:47 |
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