Stockholm-Syndrom auf berlinerisch zähvon Leimbacher-Mario | Permalink |
Das gute alte Stockholm-Syndrom - von "Chained" bis "Die Schöne und das Biest" haben wir es schon in etlichen Varianten gesehen. Von grausam über pulpig bis harmlos romantisch. Die australische Regisseurin Cate Shortland geht im Thriller "Berlin Syndrome", den Netflix noch vor seiner Premiere vom Fleck weg gekauft hat, andere Wege... zumindest versucht sie es. Auf mich wirkte die graue Charakterstudie zwischen DDR, Fritzl und "Room" meist einschläfernd, zahnlos und eine gute halbe Stunde zu lang. Eher Drama als Horrorthriller, kann selbst die immer stärker werdende Augenweide Teresa Palmer das Gesamtbild nicht über Mittelmaß heben. Genauso wenig wie die lyrischen Bilder, das ungewohnt entschleunigte Tempo und die deutsche Hollywoodhoffnung Max Riemelt als gestörter Mann und Geiselnehmer, irgendwo zwischen dem Biest und Norman Bates. Story: australische Fotografin und Touristin ist von unserer Hauptstadt angetan & lernt den sympathischen Andi kennen. Doch als sie nach der ersten Nacht bei ihm nicht aus dessen einsamem Hinterhof-Apartment kommt, ahnt sie schnell, dass hier etwas nicht stimmt... Ein "Eingesperrt"-Film in unserem Berlin. Mit Teresa "Lights Out" Palmer in ihrer aufopferungsvollsten Rolle, dazu Cate Shortland als gefühlvolle Lenkerin und ein hörenswerter Soundtrack - das war genug, um "Berlin Syndrome" zu einem meiner Most Wanteds zu machen, nicht nur auf dem Fantasy Filmfest, sondern allgemein im Filmjahr. Leider war der Fall dadurch tiefer als gewünscht. Denn die doppelte, stockholmsche Charakterstudie sieht zwar klasse aus & beide Darsteller geben absolut alles, doch die satten zwei Stunden ziehen sich wie Kaugummi. Für diese lange Laufzeit bietet mir der Thriller von allem zu wenig. Man erfährt über beide Seiten der Medaille zu wenig, es gibt weder viele wirklich pulstreibende Momente noch härtere Ausrufezeichen. Und wenn man im letzten Jahr "Room" gesehen hat, dann stinkt dieses Hauptstadt-Syndrom auch emotional dagegen vollkommen ab. Klar wünscht man ihr das Entkommen und die realistische, antieffekthascherische Art kann anziehen - trotzdem mag er sich dann doch nicht ganz für Arthouse-Horror entscheiden. Ein Grenzgänger, der mich einfach kalt gelassen hat. So kann es gehen, so gerne ich ihn auch gemocht hätte. Palmer-Fan bleibe ich trotzdem - oder sogar erst recht bei diesen zeigefreudigen Szenen... Fazit: sehr hübsch, stark gespielt, das Setting erfreut einen als Deutschen & eine deutsch-australische Co-Produktion sieht man (zu) selten. Trotzdem: verdammt zähe Kiste, vertane Chancen und über weite Strecken schlicht langweilig. Obwohl ich der emotionalen Herangehensweise an das Thema durchaus etwas abgewinnen kann... | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 30.04.2017, 02:03 |
"Ich will nicht nach Berlin." – Kraftklubvon Herr_Kees | Permalink |
Das BERLIN SYNDROME ist keiner der üblichen Captive-Women-Thriller, die gerne mal mit etwas Torture Porn versetzt werden. Es ist in erster Linie ein Beziehungsdrama (wenn auch mit einer sehr verqueren Beziehung im Mittelpunkt), das romantisch-erotisch beginnt, jedoch bald schon psychopathisch-kriminelle Züge annimmt. Dabei ist der Film wunderbar, teilweise kunstvoll fotografiert und mit weiblichem Blick inszeniert, auch eine Seltenheit. Nur ist er leider deutlich zu lang geraten und hat dem Genre außer vielleicht seiner Location nichts Neues hinzuzufügen. Die wenigen Spannungsszenen sind allerdings gelungen, das wenige Blut fließt schmerzhaft und die Charaktere sind gut gespielt, schade, dass Cate Shortland nicht an einem reinrassigen Psychothriller interessiert war. Es entsteht vielmehr der Eindruck, aus einem Exploitationplot sollte ein anspruchsvoller Film gemacht werden. Doch das haben Filme wie MICHAEL oder ROOM schon deutlich spannender, beklemmender oder emotionaler hinbekommen. | |
Herr_Kees | 06.09.2017, 08:34 |
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