Parents shouldn’t play with Dead Thingsvon D.S. | Permalink |
Es ist niemals eine gute Idee, zu versuchen, bereits Gestorbenes wieder ins Leben zurückzuholen – so viel sollte im 21. Jahrhundert eigentlich wirklich jede:r wissen. Aber klar, wenn das eigene Kind von einem Tag auf den anderen plötzlich von dannen scheidet, man in fassungslosem Schmerz versinkt, kann sie vielleicht doch ihren Reiz entwickeln. Und zwar vor allem dann, wenn es bereits einen höchst lebendigen Beweis dafür gibt, dass das Ganze funktionieren kann. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass es Risiken und Nebenwirkungen gibt – nicht nur als Arzt oder Apotheker, sondern auch als Pathologin und Krankenschwester. Zum Inhalt dieser Produktion von Shudder berichtet das Programmheft bereits fast alles Wissenswerte, und er ist tatsächlich auch nicht das, was BIRTH/REBIRTH sehenswert macht, die Kernelemente der Handlung sind aus hunderten Genrefilmen bekannt und großenteils auch vorhersehbar. Weniger typisch gestalten sich allerdings die Hauptfiguren. Dies gilt insbesondere für die von Marin Ireland (bestechend schon in THE EMPTY MAN) umwerfend gespielte Pathologin Rose, die Emotionen nur vom Hörensagen kennt und ihrer Umwelt derart empathiebefreit gegenübertritt, dass man ein ums andere Mal verblüfft auflachen muss. Der speziell von ihr verantwortete staubtrockene, schwarze Humor lässt den Film stellenweise fast in eine Groteske umkippen. Ihr gegenüber und bald an der Seite steht Judy Reyes als trauernde, ihre Tochter nicht aufgeben wollende Mutter Celie. Die hat in SCRUBS jahrelange Erfahrung in der Darstellung einer Krankenschwester gesammelt und spielt sie hier, wohl nicht zuletzt deshalb, absolut überzeugend. Jedenfalls kann sie gut mit der Vielzahl äußerst unangenehmer Szenen umgehen, die uns hier präsentiert werden und zumeist einen sehr offenherzigen, detaillierten Einblick in tote oder aber gebärende Körper gewähren, Blut und beeinträchtigte Körperteile im Überfluss zeigen. Nicht appetitlich, aber sehr effektiv. Neben dem Ekelfaktor und dem tollen Humor hat der Film außerdem noch das wohl coolste, niedlichste Schwein der bisherigen FFF-Geschichte zu bieten: Muriel ist ein wunderschöner Wonneproppen, dem man nur das Beste wünschen mag. Mit den „Rescue Birds“ sind weiterhin verstörend fröhliche Zeichentrick-Vögel am Start, die ebenfalls Eindruck hinterlassen. Wirklich umwerfen konnte mich BIRTH/REBIRTH insgesamt trotzdem nicht, dafür ist die Thematik einfach schon zu vertraut und die zweite Hälfte des Films auch zu arm an Höhepunkten. Unterhalten kann er aber in jedem Fall. 6,5 Punkte, davon ein halber für Muriel. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 13.09.2023, 03:52 |
Welcome back, Baby.von traab | Permalink |
"Birth/Rebirth" aus dem Jahr 2023 ist ein bemerkenswerter US-amerikanischer Bodyhorror-Film, der die Themen Mutterliebe und den Tod aus einer einzigartigen weiblichen Perspektive betrachtet. "Rose ist eine emotionslose Pathologin, die sich nur für die Wissenschaft interessiert. Celie ist Hebamme und verliert tragischerweise ihre Tochter. Als die Leiche von Roses Obduktion verschwindet und sie mit der Wiederbelebung der Toten experimentiert, verbünden sich die beiden Frauen. Ein grausamer Pakt wird geschlossen, jedoch zu einem hohen Preis." "Birth/Rebirth" hat mich positiv überrascht, da er dem Horror-Genre eine neue und erfrischende Note verleiht. Besonders Bodyhorror-Themen ziehen mich in den Bann, und dieser Film hat sie auf innovative Weise aufgegriffen. Ich schätzte die Art und Weise, wie der Film das anspruchsvolle Thema mit gelegentlichen humorvollen oder skurrilen Momenten auflockerte und so dem Zuschauer Momente der Erleichterung verschaffte. In erster Linie erzählt "Birth/Rebirth" eine Geschichte über bedingungslose Liebe. Er stellt die Frage, wie weit man gehen würde, um einen geliebten Menschen zu behalten, und welchen Preis man bereit ist zu zahlen, selbst wenn dies bedeutet, das Geliebte zu verlieren oder es in einer völlig veränderten Form wiederzuerlangen. Dabei sieht der Film überraschend gut aus, hat mit Marin Ireland eine Schauspielerin, die perfekt diese gefühlskalte Pathologin verkörpert, die zur Not auch mal einem fremden Typen auf der Toilette in einer Bar, emotional entkoppelt und zum Erreichen des persönlichen Ziel, einen runterholt. Als warmherzigen Gegenpart spielt Judy Reyes auf, die ich bereits vor 20 Jahren in "Scrubs" lieben gelernt habe. "Birth/Rebirth" wirft existenzielle Fragen über den Sinn des Lebens auf und betrachtet sie aus einer erfrischend weiblichen Perspektive, mit viel Feingefühl und Intelligenz. Besonders beeindruckend fand ich, wie der Film gegen Ende die anfänglich aufgeworfene geschichtliche Klammer schließt und die Handlung auf perfekte Weise abrundet. "Welcome back, Baby." PS: "Birth/Rebirth" hatte ich gar nicht auf meinem Schirm und umso mehr war ich verwundert, als beim Fantasy Filmfest in der Vorstellung sogar eine Dame vom deutschen Verleih anwesend war, die akribisch darauf geachtet hat, dass niemand diesen Film mit seinem Handy mitfilmen könnte - offensichtlich ist dem Verleih nicht bekannt, dass der Film bereits regulär in den USA seit dem 05.09.23 im Stream verfügbar ist. Klar, die machen nur ihren Job, und die Veranstalter des Fantasy Filmfest haben den Film auch ausschließlich unter dieser Bedingung erhalten - aber wissen denn Universal Pictures und Focus Film nicht, was IFC Films in den USA so machen? | |
traab sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt - Original-Review | 14.09.2023, 17:11 |
birth/deathvon splattercheffe | Permalink |
BIRTH/REBIRTH entpuppt sich in mehrerlei Hinsicht als einer der überraschendsten Beiträge des diesjährigen Line-ups. Dabei wirkt Laura Moss' Debüt noch weit über das Filmende hinaus, und je länger man über BIRTH nachdenkt, desto mehr beginnt man seine Qualitäten zu schätzen. Vordergründig handelt es sich um eine Variante eines altbekannten Stoffes, dessen Gold-Standard für alle Zeiten von Stuart Gordons RE-ANIMATOR gesetzt wurde. Laura Moss bringt nun quasi die feministische Version in Gang, indem sie dem mad scientist Herbert West ein female couple entgegenstellt, das es in sich hat. Wests direktes Pendant ist Marin Ireland als Wissenschaftlerin, die sich vermeintlich erfolgreich an der Reanimation von Toten versucht; ihr zur Seite steht Judy Reyes als Mutter und alleinerziehende Krankenschwester, die äußerst plötzlich ihr geliebtes Kind verliert, was die beiden extrem unterschiedlichen Frauen auf erwartbare Weise aneinanderschweißt. Moss dreht nun aber das große Vorbild (?) quasi auf links: Wo RE-ANIMATOR satirisch, laut, überzogen ist, hat BIRTH/REBIRTH einen fast klinischen Ansatz, metaphorisch und wortwörtlich. In gewisser Weise und durch mehrere Szenen und Dialoge verdeutlicht werden hier Geschlechter-Stereotype umgedreht, oftmals subtil, manchmal auch provokativ mit dem Holzhammer, aber immer begründet und rational in die Handlung eingebettet. Moss bleibt dabei (ähnlich wie ihre Hauptdarstellerin) eiseskalt bis zum Ende, und was das bedeutet, hebt ihren Film weit über ähnliche Genre-Vorgänger hinaus – stellen sich doch zuletzt ein, zwei Fragen, die so dominant und realistisch beim hier vorherrschenden Narrativ und Handlungsbogen noch nicht formuliert wurden: Wie weit ist man wirklich bereit zu gehen, um einen geliebten Menschen zurückzuholen? Und wenn man das schließlich weiß, wo endet der Wahnsinn der Pathologie, und wo beginnt der Wahnsinn von... Mutterschaft? | |
splattercheffe sah diesen Film im City, München | 16.09.2023, 23:04 |
The Re-Animamasvon Leimbacher-Mario | Permalink |
„Birth/Rebirth“ taucht mütterliche Ängste über die Geburt, über den Verlust des Kindes, über den Verlust der eigenen Identität durch den Nachwuchs, über das Loslassen und auch über die Angst davor, gar nicht Mutter werden zu können, leicht in die Gefilde der Familie Cronenberg, ohne sich dabei meiner Meinung nach je genug zu trauen, wirklich in frankenstein'sche Horrorgefilde vorzudringen. Dadurch entsteht ein homogenes, spannungsarmes Mütter-Drama mit etwas Körperhorror, jedoch viel mehr seelischen Qualen, über eine verrückte Wissenschaftlerin, die ein kleines Mädchen bzw. ihren Körper am „Leben“ hält, indem sie biologisches „Material“ von schwangeren Frauen aus dem Krankenhaus mitgehen lässt und weiterverwertet… Leben schenken heißt Leben nehmen „Birth/Rebirth“ gleicht einer In-sich-Kehrung des und Fettabsaugung am Body Horror. Ein blutiges Charakterstück der leisen Töne, das doppelte Mamalottchen in moralisch-seelischen Zwickmühlen. Die „Re-Animator“-Antithese mit weiblicher Färbung. „Post Horror“ pur. Humorlos, dramatisch, charakter- und realitätskonzentriert. Kaum flashy Ekel oder gar Terror. Und wenn, dann nur schmerzhafte psychologische Denkanstöße und Tiefschläge, „Was würdest du tun?“-Situationen und eine anfangs undenkbare Annäherung an das „Unmenschliche“. Was immer das auch sein soll, bei einer Spezies wie unserer, die schon oft genug bewiesen hat, wozu sie in der Lage ist und dass Menschlichkeit und das Gegenteil davon meist näher beisammen liegen, als uns lieb ist. Trotz einer schauspielerisch eiskalten Glanzleistung und Tour-de-Force von Frau Ireland bleibt aus „Birth/Rebirth“ für mein Empfinden jedoch zu wenig hängen. Vielleicht konnte er seinen emotionalen Haken nicht fest genug oder überhaupt an mein Herz schmeißen. Doch mich ließ das medizinisch-mütterliche Martyrium meist mittelkalt. Wem es anders geht, legt automatisch deutlich Punkte drauf. Aber irgendwie war mir „Birth/Rebirth“ filmisch totgebraten, auch stilistisch nicht herausragend und thematisch im Kern ein alter Hut. Wenn auch mit ein paar neuen, femininen Facetten. Doch gereicht für ein Sprung über den Schnitt hat es bei mir nicht. Fazit: Eher über den emotionalen Mutter-Tochter-Kern kommend, gepaart mit etwas Geburtsbodyhorror und Mad-Scientist-Mami-Madness - dennoch hat mich „Birth/Rebirth“ selbst als Neu-Elter nicht allzu sehr berührt, geschweige denn geschockt. Nicht schlecht. Dennoch: zu brav, zu höhepunktarm, zu theoretisch. War ich wenig empfänglich für. Vielleicht Momentaufnahme. Vielleicht auch einfach nur nett gemeintes Mittelmaß ohne Biss. | |
Leimbacher-Mario | 17.09.2023, 20:05 |
Reviewvon PinkyHH | Permalink |
Der Film geht sehr schnell zur eigentlichen Sache und nimmt sich nicht sehr viel Zeit, seine Charaktere aufwändig einzuführen. Der Tod der Tochter ist natürlich auch ein Gongschlag für sich – keine Frage. Danach dachte ich kurzzeitig, jetzt kommt das Übliche, was bei solchen Filmen immer kommt, wenn Tote zum Leben erweckt werden. Aber das passiert hier nicht. Der Fokus des Films liegt weniger auf dem Kind, sondern auf den beiden Frauen, die quasi über Leichen gehen, um ihr Experiment fortzuführen. Die Handlungen der beiden driften dabei kurzzeitig durchaus in einen sehr schönen, makaberen Humor, was mir sehr gefallen hat. Wer Probleme haben sollte Blut, Organe und medizinische Handlung hautnah zu betrachten, macht besser einen Bogen um diesen Film. Einige Fragen zu dem Verhalten des Kindes lässt dieser Film leider offen, z. B. was das Kind gegen das wirklich niedliche und schlaue Hausschwein hat. Am Ende auf jeden Fall ein Film zum Nachdenken, wie man selbst reagieren würde, wenn sich einem eine solche wissenschaftliche Möglichkeit bieten würde. Welchen Preis man dafür zahlt und was man am Ende eben nur dafür bekommt. | |
PinkyHH | 27.09.2023, 09:19 |
„This is good science!“von Herr_Kees | Permalink |
Dr. Rose Casper hat eine neue Behandlungsmethode entwickelt – eine gegen den Tod. Ihr Hausschwein hat sie bereits erfolgreich reanimiert. Als ihr die kleine Lila in die Pathologie geliefert wird, hat sie endlich die Chance, auch am lebenden Objekt zu experimentieren. Lilas Mutter, die als Krankenschwester im selben Hospital arbeitet, kommt ihr auf die Spur. Und beschließt verzweifelt, sie zu unterstützen. Dass diese Geschichte wohl kaum gut ausgehen kann, ahnt jeder, der Stephen Kings PET SEMATARY gelesen (oder gesehen) hat. Doch das ungleiche Forscherinnenteam muss hier deutlich weiter gehen als auf einen alten Indianerfriedhof. Wie weit, das lässt einen den Film mit zunehmendem Grauen verfolgen. BIRTH/REBIRTH ist eine wunderbar frische Frankenstein-Variante: Während man für Judy Reyes (ja, die Krankenschwester aus SCRUBS!) als besorgte Mutter vor allem Empathie empfindet und nägelkauend dabei zusieht, wie sie immer verzweifeltere Taten begeht, sorgt Marin Irelands autistisches Spiel für den nötigen Comic Relief. Ihr knochentrockener „Samenraub“ in den ersten Minuten des Films ist ein echtes Highlight. Wer Probleme mit Nadeln, Spritzen und körperlichen Eingriffen im Allgemeinen hat, sollte sich die Sichtung des Films gut überlegen, auch Schwangeren möchte man sicherheitshalber abraten. Der Film endet dann ausgerechnet, als es nochmal spannend wird, aber wie der Titel schon andeutet, kann jedes Ende ja auch ein neuer Anfang sein. | |
Herr_Kees sah diesen Film im EM, Stuttgart | 27.09.2023, 23:52 |
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