Dr. Sherman’s Home for Overacting Childrenvon Herr_Kees | Permalink |
Schön, wenn jemand im Genre mal etwas anderes probiert und seinen Film nicht nach Schema F strickt – vor allem, wenn man auf eine nicht gerade rühmliche Skriptvergangenheit zurückblickt. Allerdings gehört zu einem guten Film auch, dass man seine Ideen einigermaßen unter Kontrolle hat und nicht scheinbar wahllos auf die Leinwand wirft, um zu sehen, was hängenbleibt. Jacob ist anders, vermutet, ein Vampir zu sein, ist aber vielleicht auch einfach nur ein Crossdresser, Transgender oder channelt seine verstorbene Tante. Egal, das wird schon bald für längere Zeit keine große Rolle mehr spielen. Die Schule, in die er eingeliefert wird, wird nämlich nicht nur von einem seltsamen Paar geleitet, sondern auch von schwer erziehbaren Kindern bevölkert, von denen einige an massivem Overacting leiden und die bald schon dezimiert werden, als befinde man sich in einem alten Edgar Wallace-Film. Bevor das düstere Geheimnis der Freakschule gelöst wird, bleibt noch Zeit für eine Coming-of-Age-Lovestory, ein paar blutige Morde, Naziflashbacks und Tangomusik. Das klingt nach einer wilden Mixtur, ist aber die meiste Zeit einfach nur wirr. Dabei ist die „Rahmenhandlung“ durchaus interessant und das Ende schön rund, aber hier ist mindestens ein Film zu viel drin. Richtig langweilig wird es nicht auf der BOARDING SCHOOL, aber etwas mehr Disziplin und Konzentration hätten definitiv eine bessere Gesamtnote gegeben. So reicht es noch zum „befriedigend“. | |
Herr_Kees | 08.09.2018, 01:39 |
Villa Kunterbuntvon Alexander | Permalink |
Eine Warnung gleich vorneweg: Wer sich von ADHS-kranken Kindern auch nur im Ansatz genervt fühlt und z. B. Leonardo di Caprio in seiner Rolle als Arnie in „Gilbert Grape“ am liebsten das Maul gestopft hätte, der sollte die Boarding School besser meiden. (Glücklicherweise halten sich die Szenen des „serious case of overacting“ allerdings in Grenzen.) Allen anderen interessierten Zuschauern wird hier ein recht buntes Panoptikum vielfältiger Einfälle beschert, deren einzelne Fäden erst zum Ende hin, vielleicht mehr schlecht als recht, aufgelöst werden, bis dahin aber aufgrund ihrer vielfältigen Ideen, Stimmungen und Einfälle zumindest einen abwechslungsreichen und unterhaltsamen Gruselfilm ergeben, der sich ziemlich ungeniert aus allen möglichen Filmkisten bedient, angefangen mit „paranormal activity“ Gegrusele, „coming of age“ Jugenddrama, einer mysteriösen viktorianischen Villa (in die ich sofort einziehen würde!) und last not least darf natürlich auch der obligatorische, böse, deutsche Nazi nicht fehlen (letzteren empfand ich dann allerdings wirklich als etwas „too much“!). Man kann das natürlich kritisieren und dem Film vorwerfen alles zu wollen, aber nichts wirklich richtig zu können. Ich fühlte mich von der in alle möglichen Richtungen laufenden Geschichte aber mehr herausgefordert, als verwirrt, und auf jeden Fall bestens unterhalten. Als enttäuschend empfand ich lediglich das ,für meinen Geschmack recht simple und brachiale Ende, getoppt von einer Art „showdown“, der irgendwie so gar nicht zum Rest des ansonsten sehr feinstofflich und auch optisch sehr ansprechend in Szene gesetzten Films passen wollte. Wahrscheinlich war das möglicherweise vom Regisseur ursprünglich geplante Ende einfach zu „kompliziert“ für das Testpublikum, wer weiß? | |
Alexander | 08.09.2018, 14:46 |
20th Century Boyvon Astrogirl | Permalink |
Erwartet habe ich eine Geister-/Grusel-Story, präsentiert bekommen habe ich ein Drama mit einer Brise Coming-of-Age und Mystery. Es wurden verschiedene Themen in einen Topf geworfen, ohne dass es saubere Verbindungen unter einander oder zu einer Rahmenhandlung gibt. Vieles scheint nicht zu Ende gedacht. Es wäre wünschenswert gewesen, hätte man sich auf ein Thema beschränkt und dies konkreter und ausführlicher in Szene gesetzt. Aber einzeln für sich betrachtet, hätten die Themen nicht wirklich was Neues auf dem Fantasy Filmfest zu präsentieren gehabt. Den Cast der Jungdarsteller fand ich gut gewählt, mit erkennbarem Potential. Man kann sagen, dass die Handlung in der Schule selbst, fast nur von den Kids getragen wurde. Jeder der Kids hat sein "Päckchen zu tragen" und muss in der Schule, die mit Zuckerbrot und Peitsche geführt wird, bestehen. Das wahre Grauen sind mal wieder die Erwachsenen. | |
Astrogirl sah diesen Film im Cinemaxx, München | 14.09.2018, 22:12 |
Ein buntes Puzzle, ein komplizierter Querdenkervon Leimbacher-Mario | Permalink |
Umso mehr man über "Boarding School" im Nachhinein nachdenkt, desto absurder und aufgesetzter und überladener kommt einem das Ganze vor. Während des Films unterhält der einen aber dermaßen gut, dass einem das nicht sofort oder gar nicht auffällt. Regisseur Boaz Yakin hatte definitiv eine Vision und sehr eigene Richtung, seine Vorbilder sind die richtigen, von Del Toro über Bava bis Burton. Manchmal versucht das breitgefächerte Schauermärchen aber zu viele Bälle hochzuhalten und dabei noch durch einen brennenden Reifen zu springen... Es geht um eine rätselhafte und extrem strenge Schule, auf der eine kleine Gruppe verhaltensauffälliger und besonderer Kinder plötzlich in Lebensgefahr schwebt... "Boarding School" hat genug attraktive Attribute. Der Look, vor allem der Schule, ist fantastisch, altmodisch, gotisch. Da gibt es immer genug Eyecandy. Zudem hat das Rätsel um das brutale Erziehungsheim ein solides Tempo, alles andere ginge auch gar nicht bei der ausholenden Laufzeit, und die abliefernden Kinderdarsteller könnten Stars von morgen sein. Sie sind trotz extremer und komplizierter und gänzlich unkindlicher Themen (wie Transsexualität, geistige wie körperliche Behinderungen, Mord und Totschlag, Erziehungsprobleme, Masochismus, Nazi-Vergangenheit u.v.m.) immer glaubhaft und voll bei der Sache. Leider ist diese brachiale und perfide Themenvielfalt gleichzeitig auch die größte Schwäche des eher dramatischen denn gruseligen Films. Interessante Figuren und Hintergründe kommen zu kurz, brisante Themen werden nur angeschnitten, der Weg wirkt nicht zu Ende gegangen. Oder zu oft kurz abgebogen. Wie man es sehen will. Am Ende zeigt mein Daumen dennoch leicht nach oben, da es einfach zu viel zu entdecken gibt und mir ein solch ambitioniertes Kuddelmuddel immer noch lieber ist als der fünfzehnte Jumpscare-Schocker in diesem Jahr. Vielleicht kein Klassiker, aber die Grundlage dafür wäre da gewesen. Und das spürt man. An allen Ecken und Enden der blutig-leuchtenden Gemäuer. Fazit: "Boarding School" ist alles andere als ein billiger Schocker, geht viel Risiko und etliche, vielleicht zu viele Themen an - das erfordert Mut, eine klare (wenn auch sprunghafte) Vision und lobenswerte Eigenständigkeit. Zudem ist die Optik edel und die Kinderdarsteller haben eine große Zukunft vor sich. Daher trotz Mängel: Eine glasklare Empfehlung für Fans von gruseligen Internaten und Coming-Of-Age-Mysterien abseits des Mainstream. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 21.09.2018, 02:46 |
Die Schule der besonders seltsamen Kindervon D.S. | Permalink |
Ganz sicher unter den Top 5 der merkwürdigsten Filme des diesjährigen Festivals – was angesichts des polierten Looks und der edlen Sets nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre. BOARDING SCHOOL vermengt aber eine so große Zahl bunt bizarrer Themen – wie etwa Crossdressing, Vampirismus, Nazis, Masochismus – und ungewöhnlicher Charaktere (darunter in zentralen Rollen mehrere Kinder mit unterschiedlichen Störungen oder Behinderungen) in einem ständig unvorhersehbare Abzweigungen nehmenden Plot, dass das Gesamtergebnis ein wirklich originelles, ungesehenes, sicher in Erinnerung bleibendes ist. Dabei fühlt sich der Film bei Weitem nicht immer rund an; einige Figuren wirken stark überzeichnet und/oder ihre Darsteller betreiben Overacting, es gibt ein paar Logiklöcher, manche Handlungsstränge werden nur angerissen und nicht zu einem befriedigenden Ende gebracht. Dafür überrascht die Geschichte mit zahlreichen Wendungen, die Charaktere weisen schillernde Facetten auf, insbesondere die jungen Hauptdarsteller beeindrucken durch lebensechtes Spiel ihrer wahrlich nicht simpel gestrickten Rollen. Zeitweise gewinnt man bei BOARDING SCHOOL den Eindruck, in einem schrägen Kinderfilm gelandet zu sein, zeitweise den, in einen surrealen Albtraum hineinzulinsen. Immer aber wird man unterhalten. Manchmal auf sehr dunkle Weise. Insbesondere, da ein nicht unerheblicher Teil des Geschehens mindestens leicht verstörend sexuell aufgeladen ist – und es dabei um Kinder geht. Schräges, nicht immer ganz zu Ende gedachtes und schon gar nicht immer leicht verdauliches Sammelsurium seltsamer Themen und Ideen – definitiv einen Blick wert. Gute 6,5 Punkte. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 28.09.2018, 02:49 |
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