Ole Ole Ole!von CineDude | Permalink |
Ich habe vom Regisseur Ole Bornedal lange nichts gehört, da fiel mir neulich in der Videothek meines Vertrauens der Film "Bedingungslos" in die Hände und ich war doch recht beeindruckt. Nun plötzlich FFF - schon wieder Ole Bornedal - und auf Empfehlung des Rosebud-Verantwortlichen in der kurzen Ansprache vor dem Eröffnungsfilm einfach mal Karten geholt. Wieder ganz anders und - ja, der Regisseur wird zweifelsohne immer besser. Auch hier wieder kein Film für die Party- und Splattergemeinde, sondern ein sehr ambitioniertes und künstlerisches Werk, das besonders in den ersten 30 Minuten SEHR ruhig daherkommt und vom Betrachter doch ein wenig Geduld erfordert. Der Film ist visuell beeindruckend - gewollt hell und überbelichtet, was ihm den Charakter eines Schwarzweißfilms verleiht. Viele Nahaufnahmen, die Kameraperspektiven wechseln von ganz unten nach ganz oben, dazu elegische neoklassische Musik, bei der besonders der Kontrabass viel präsent ist. Wirkte auf mich leicht opernhaft, mein Bruder wies auch nicht zu Unrecht auf ganz, ganz leichte "Irreversible"-Reminiszenzen hin. Auch ein kleines Quentchen "Adam’s Äpfel" ist als Zutat vorhanden. Zum Ende hin schlichen sich dann ein paar Unglaubwürdigkeiten ein und es blieben einige Fragen offen, doch insgesamt ist der Film zweifellos etwas Besonderes, aber man muss Geduld mitbringen und darf keinen Actionfilm oder klassischen Horror erwarten, der Applaus nach kurzer Nachdenklichkeitsphase am Ende kam zu Recht. Der Mensch als Tier oder das Tier im Mensch - sehr gute schauspielerische Leistungen machten einem diesen Fakt beängstigend einmal wieder bewusst. Fazit: Ole Bornedal ist wieder - oder jetzt erst richtig - da! | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 7, Berlin | 22.08.2009, 00:35 |
alle achtung!von tatabanya | Permalink |
Als Bornedal Fan natürlich ein Muß für mich. Die richtige Entscheidung, auch wenn ich auf eine harte Probe gestellt worden bin - ja, der gute Ole wird immer besser, aber für mich ging es an die Granzen des Erträglichen - nach 2/3 des Filmes wollte ich in einigen Momenten nur noch gehen. Nicht weil der Film schlecht ist - überhaupt nicht. Weil man weiß wie Menschen ticken können und das alles im Rahmen des möglichen ist was hier passiert, und aus dem Ruder läuft und so hätte geschehen können. In diesem Falle hat ein dänisches Dorf mit Rassismus und Sozialneid zu tun. Aus diesen Konflikten erwächst ein Szenario bis zum Exzess. Kaum etwas auf dem Weg dahin wird ausgelassen; normalerweise schaue ich bei gequälten Tieren weg, weil ich es nicht aushalte oder bei zu gruseligen Sachen, die ich gar nicht sehen will. Doch auch hier, ich konnte teilweise nicht hinsehen, weil so eine Ungerechtigkeit herrscht, die für mich kaum zu ertragen war. Was mir ebenfalls gut gefällt: die Facetten der einzelnen Personen; es gibt gute Menschen, böse Menschen und auch Menschen, die beides haben und wo es nicht so eindeutig ist. Dieses Facettenreichtum an Charakteren finde ich sehr gut gezeichnet in dem Film. Zu der Geschichte im Einzelnen will ich nicht mehr vorwegnehmen. Der einzige Makel: Am Ende wird leider die weitere Geschichte einer Person nicht mehr beleuchtet, was mich nachdenklich und auch ein wenig wütend macht. | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 7, Berlin | 22.08.2009, 09:06 |
Unter der Oberflächevon Lovecraft | Permalink |
Dänisches Kunst- und Kopfkino, wie es schlichtweg nicht besser geht. Ole Bornedal nimmt sich viel Zeit, um in poetischen Bildern seine Protagonisten einzuführen, die nach und nach, teilweise sehenden Auges, in die Katastrophe abgleiten. Wie er es, unterstützt von einem tollen Cast hier schafft, sämtlichen Hauptcharakteren Leben einzuhauchen und sie vielschichtig darzustellen, das ist ganz groß! Daraus bezieht auch der Film einen großen Teil seiner Spannung, da man sich in Johannes und seine Familie hineinversetzt, selbst die Motivation des durchgeknallten Lars nachvollziehen kann und letztlich auch mit dem rachebesessenen Ingvar ein tiefes Mitgefühl empfindet. Von ganz seltenen Humoreinschüben abgesehen, ist "Deliver us from evil" ein bitterernstes Drama und als solches sicher vielen Festivalbesuchern zu ruhig und unspektakulär. Wer allerdings gegen solche Filme keine Aversion hegt, für den ist dieser dänische Festivalbeitrag ein Muß! | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 7, Berlin | 22.08.2009, 09:44 |
Reviewvon Triggermike | Permalink |
In einem Dorf gelten nun mal andere Regeln als in der Stadt. Jeder kennt Jeden und Jeder mag oder hasst Jeden. Gehst du fremd, kommt das sicher schnell raus, bringst du jemanden um oder tötest jemanden bei einem Unfall, weiss sicher auch schnell das Halbe Dorf bescheid. Nur die Konsequenzen, die sind nicht voraus zu sehen und die schreiten in Bornedals "Deliver us from Evil" auf langsamen Sohlen zu einem explosionsartigen Showdown hin, der inszenatorisch und an Glaubwürdigkeit ein kleines, filmisches Meisterwerk ist. Jeder der Charaktere ist so facettenreich gezeichnet, dass alle Handlungen auch in ihrer Härte nachvollziehbar sind. Kunstvoll und fast in schwarz/weiß anmutend zeichnet Ole Bornedal ein Portrait einer rassistischen, perspektivlosen, grölenden Kleinbürgertum-Gesellschaft die im pöbelnden Kollektiv zu einer tickenden und selbstzerstörerischen Zeitbombe wird. Ein großartiger Film, der an Meisterwerke wie "Straw Dogs" oder "Deliverance" erinnert, gekonnt seine Figuren aufeinander los lässt und einem nach dem Kinobesuch erst mal nicht so schnell aus dem Kopf gehen wird. | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 7, Berlin | 23.08.2009, 23:04 |
Kennt ihr Straw Dogs?von landscape | Permalink |
Schon die Filmankündigung las sich so wie der Peckinpah-Klassiker, und da wurde ich nicht irregeführt - es ist fast ein Remake. Aber mit den Möglichkeiten des aktuellen Kinos, und der Regisseur hat mit dem Casting und seinen irren Ideen seine eigene Handschrift hinzugefügt. Es ist ein dreckiger kleiner Streifen dabei herausgekommen, der sich nicht gut anfühlt und trotzdem irre komisch ist. So wie man es von den Skandinaviern erwartet. | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 3, Hamburg | 24.08.2009, 01:14 |
Licht und Schattenvon Timo | Permalink |
Ole Bornedale: Ein Name der mittlerweile gewisse Erwartungen weckt, diese aber auch erfüllt. DELIVER US FROM EVIL ist eine dreckige Spirale in den Abgrund menschlicher Makel. Die zu Beginn aufgebauten Raster der einzelnen Figuren schwinden nach der Hälfte. "Gut" und "Böse" vermischen sich zu einem schmutzigen Wust aus Lügen und Halbwahrheiten, der seine Protagonisten zielstrebig in Richtung Höllenschlund schießt. Eindringlich und bierernst (meistens). Die großartige Inszenierung und die darstellerischen Leistungen schaffen es der Geschichte an den richtigen Stellen gekonnt ein paar Akzente zu verleihen. Es ist nicht einfach Worte für diesen Film zu finden. Am besten, man schaut ihn sich schnellst möglich an. | |
![]() sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 30.08.2009, 00:45 |
Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Steinvon D.S. | Permalink |
Das abgrundtief Böse lauert oft ausgerechnet dort, wo die Welt am friedlichsten scheint - das ist nichts Neues. Genauso wenig wie die Erkenntnis, dass es keiner allzu großen Anstrengungen bedarf, um aus dem zivilisierten Menschen ein rasendes, wildes Tier zu machen. Aber Ole Bornedal führt uns das in DELIVER US FROM EVIL in einer solchen Konsequenz und Intensität vor Augen, dass man nur noch schlucken kann. Gestern hatte ich DREAD das "Feel-bad-Movie des Jahres" genannt, das muss ich nach Sichtung dieses Films revidieren. DELIVER US FROM EVIL ist ein derart finsteres Brett, dass seine Wucht noch Stunden nachwirkt. Es beginnt alles ja ganz harmlos: mit einer Eröffnungssequenz fast wie aus einem David-Lynch-Film, in der uns eine surreal wirkende Erzählerin den Ort der Handlung - ein scheinbar idyllisches Nest in Westjütland - sowie die Hauptfiguren des folgenden Dramas vorstellt. Einige dieser Figuren wirken von Anfang an schon recht ungemütlich. Aber es dauert eine Weile, bis sie ihr wahres Gesicht offenbaren. Oder jedenfalls zeigen, wozu sie unter Stress, unter Alkoholeinfluss, unter dem Antrieb von Hass, Hoffnungslosigkeit oder schierer Langeweile fähig sind. Wer sich jemals gefragt hat, wie es zu Ausschreitungen wie in Rostock-Lichtenhagen kommen konnte; wie ein Lynchmob entsteht; wie die Suche nach einem Schuldigen für das persönliche Unglück zur Entfesslung blinder Gewalt führen kann: DELIVER US FROM EVIL bietet - schmerzhafte - Antworten. Als die alte Anna tot aufgefunden wird, glaubt die Dorfgemeinde schnell, den Verantwortlichen zu kennen: "Nigger Alain", ein Kriegsflüchtling aus Bosnien. Der einzige, der zu ihm steht und ihn vor dem aufgebrachten Mob schützen will, ist Johannes. Leider auch kein starkes Glied in der archaischen Kette: er hat kein Stück Mann mehr in sich, findet jedenfalls seine Frau, die angeblich überzeugte Christin Pernille. Er ist zu nett, zu gut erzogen, zu schwach - körperlich, jedenfalls. Und das spielt in Dorfgemeinschaften eine gewaltige Rolle. Zumindest dann, wenn alle Menschlichkeit vergessen wird... Es ist düster faszinierend zuzusehen, wie in DELIVER US... eine Maske nach der anderen fällt. Wie zunächst die sich selbst nur mühsam im Zaum haltenden Unterschichtler Blut wittern und jeden Skrupel schnell über Bord werfen. Wie dann die Gesitteten und Angesehenen alle angeeignete Kultur in sich kalt stellen und das Monster in ihrem Inneren offenbaren - dabei die entscheidenden Schritte tun und die Masse erst zum Ultimativen aufstacheln. Wie schließlich die Heuchler jedweder Färbung zeigen, woran sie im Zweifelsfall ausschließlich glauben: ihr eigenes Wohlergehen. Dabei nimmt der Film nach einem ruhigen ersten Drittel kontinuierlich an Fahrt auf, die Ereignisse steigern sich in einem Maße, dass man die Explosionsgefahr förmlich fühlen kann und entladen sich schließlich in einem Finale, das zwischen Schuld und Sühne nur noch Gewalt kennt. Am Eindrucksvollsten und Schlimmsten ist derweil, dass wir alle wissen: dieses Geschehen könnte jederzeit genau so überall stattfinden. Daran ändert die Überzeichnung einzelner Figuren durch das Drehbuch nichts. Niemand ist unschuldig, es gibt keine Helden, in blinder Selbstsucht würden wir alle alles opfern, was uns angeblich wichtig ist: DELIVER US... ist kein Film für Gutmenschen. Und erst recht keiner für diejenigen, die der menschlichen Rasse mit Hoffnung und Optimismus gegenüber stehen. Er tut weh, er geht einem nahe und er hat keine Antworten zu bieten. Da kommt nichts mehr. Keine Moral von der Geschicht’. Nur ein Schlucken. 8,5 Punkte. | |
![]() sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 30.08.2009, 05:56 |
Zu spät fürs Beten!von Leimbacher-Mario | Permalink |
Nachdem Ole Bornedal trotz seinem genialen Thrillerdebüt "Nightwatch" Mitte der 90er etwas in Vergessenheit geriet, erwischte mich der spannungstechnisch mit allen Wassern gewaschene Regisseur mit "Deliver Us From Evil" (2009) erneut eiskalt auf dem falschen Fuß. Der dänische Thriller über eine kleine Gemeinde, in der der Mord an einer alten Frau die gewohnten Bahnen gewalttätig aufreißt, ist ein Nervenzerfetzer. Ein brutaler Kampf, der daran erinnert, wie böse & zerstörerisch & beeinflussbar wir Menschen doch sein können. Fies, farblos, fabelhaft. Einer der besten Thriller, von denen du noch nie gehört hast. Spannung, Brutalität & in jedem steckende (Un)Menschlichkeit, wie sie fast nur die nordischen Thriller so unterkühlt zeigen können. Wie sich die zunächst idyllisch & nicht sehr unnormal wirkende Gemeinde in Fremdenpass, purer Wut & teuflischer Gewalt verliert, wie leicht hier Gesetze in totalem Chaos zerfallen, sieht man so ganz selten. Ein Zittern, Zischen & ständige Unruhe durchfährt den Körper während dieses Films. Unerbitterliches Spannungskino, dem man nur seine von Peckinpah kopierte Grundidee etwas ankreiden kann. Doch da sein Thema nie alt wird, in so auf Messers Schneide stehenden Zeiten wie heute erst recht nicht, kann man das verzeihen & verstehen. Ich mag Bornedals grauen, hoffnungslosen Stil, der hier auf die Spitze getrieben wird & unabdingbar war, um dem Thema Nachdruck zu verleihen. Und es klappt: so schnell vergisst man die Hetzjagd auf den Ausländer & möglichen Mörder nicht. Dabei sind die Twists & Schocks nicht zum Selbstzweck, sondern wirken natürlich & fast wie selbstverständlich. Die Realität ist, trotz der künstlerisch kühlen, farb- & hoffnungslosen Bildsprache, greifbar & genau so vorstellbar. Traurig & beängstigend, gerade wenn man eigentlich an das Gute in uns Menschen glaubt. Ein wachrüttelnder Film, über das Es im Menschen & unseren innerlichen Drang gegen die Regeln, Grenzen & Sitten. Die Darsteller spielen natürlich, egal wie abgefuckt das Szenario verkommt. Ein paar der besten Darsteller Dänemarks. Am Ende steht man alleine mit dem Schock, muss die Lehren ziehen oder auch nicht. So oder so: Kalt lässt einen dieser beinharte Thriller nicht. Der Mensch, das grundsätzlich asoziale Wesen. Das Böse in uns ist noch immer schockierender als jedes Monster, Killer oder Alien. Der Film wühlt die Emotionen & den Hass gegen seine Ungerechtigkeiten auf, er ist eine eisige Naturgewalt. Wie der Mensch, das Tier. Oder Schlimmeres. Fazit: So etwas wie der dänische Geheimtipp-Vorläufer von "Green Room" & der Nachfolger von "Straw Dogs". In seiner dunklen Art zeichnet "Deliver Us From Evil" ein nachhallend pessimistisches Werk über den Zustand der menschlichen Natur. Verstörend, aufwühlend & genial! | |
![]() | 22.11.2016, 14:20 |
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