Don’t Worry Darling

Was fürs Auge

von Herr_Kees
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Alice (Florence Pugh) und Jack (Harry Styles) sind in einer bonbonbunten 50er-Jahre Retrowelt zu Hause, in der die Frau den von der Arbeit („developing progressive materials“) kommenden Gatten noch mit einem Whiskey an der Tür begrüßt, in der Nachbarschaft jeden Abend eine Dinnerparty stattfindet und in der die Plakatsprüche an erfundene Retrowelten wie „Fallout“ oder „Bioshock“ erinnern.

Doch irgendwas stimmt – natürlich – nicht in dieser heilen Welt. Das Verlassen der „Gated Community“ inmitten einer Wüste scheint verboten, Alice wird vermehrt von Traum- (oder Flashback-?) Sequenzen heimgesucht und beim Zuschauer stellen sich zunehmend GET OUT, THE VILLAGE und THE STEPFORD WIVES Vibes ein.

Das eigentliche Thema dieses vielleicht etwas zu offensiv feministischen Films ist jedoch die Unterdrückung der Frau, vom Belächeln bis zum Gaslighting und deutlich darüber hinaus. Olivia Wilde und ihr Kameramann Matthew Libatique finden fantastische Bilder dafür, wie überhaupt der Film ein Genuss für Auge und – dank exquisitem Soundtrack – Ohr ist.

Olivia Wildes Debut BOOKSMART war eine wunderbar warmherzige, authentische und witzige Coming-of-Age-Story. Doch für einen stylischen Psychothriller wie diesen braucht es mehr Fokus, um das Interesse der Zuschauer:innen aufrechtzuerhalten und ihnen immer einen Schritt voraus zu sein – und nicht umgekehrt.

Die Entwicklung der Geschichte dauert einfach zu lange, um einen Spannungsbogen zu halten. Und leider findet auch DON‘T WORRY DARLING wie der bereits erwähnte GET OUT und auch der thematisch verwandte LAST NIGHT IN SOHO nicht zu einem angemessenen Schluss, sondern rast am Ende mit Vollgas in eine B-Movie-Pointe hinein, die diesem schönen Film einfach nicht gerecht wird.
Herr_Kees
sah diesen Film im EM, Stuttgart

15.09.2022, 13:33


Forward into the Past

von D.S.
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Victory, ein artifizielles Spießeridyll im 50er-Jahre-Stil mitten in der US-amerikanischen Wüste, in dem kühne Männer an der Welt von morgen arbeiten, während ihre Luxusweibchen im biedersten Hausfrauenleben aufgehen: Dass im Szenario von DON’T WORRY DARLING nicht alles mit rechten Dingen zugeht, spürt man als Zuschauer:in vom Start weg – und dieser Eindruck verstärkt sich umso mehr, je länger sämtliche Protagonist:innen die doch ziemlich monströse Absurdität ihres Alltags konsequent ignorieren.

Bereits nach dem Eröffnungsviertel gibt auch die Handlung, etwa durch seltsame Traum-/Flashback-Sequenzen, vermehrt Hinweise auf ein unter der blitzeblank-bunten Oberfläche liegendes Mysterium. Was es aber genau ist, das hier geschieht, behält der Film lange für sich. Tatsächlich findet sich darin eine der großen Stärken des zweiten abendfüllenden Werks von Olivia Wilde (BOOKSMART): Es lässt uns wissen, dass unter der harmonischen Fassade etwas überaus Düsteres lauert, hält uns über den wahren Charakter der Bedrohung jedoch unbarmherzig im Unklaren, was sowohl verunsichert als auch zum Rätseln einlädt und damit zum kontinuierlich wachsenden Interesse am Ausgang der Story führt.

Leider kann das jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film zum einen ein gutes Maß an Straffung vertragen hätte – der schöne Schein wird in mehreren Sequenzen schlicht zu lange zelebriert, ohne dass dabei die Handlung vorangetrieben würde. Zum anderen, und das ist deutlich enttäuschender, ist ebenjener Ausgang, die Auflösung des so gekonnt etablierten Mysteriums, so überraschend wie unstimmig plump gehalten.

Im Resultat wirkt DON’T WORRY DARLING daher wie nicht ganz bis zu Ende gedacht; so als hätten Wilde und ihre Drehbuchautor:innen sich mehr in das Setting, die Gestaltung und die Aussage ihres Films verliebt als in seine Story – um nicht zu sagen, dass die Story vielleicht vornehmlich als Vehikel für Schauwerte und Denkanstöße dient.

Jene werden immerhin en masse geliefert, und das macht das Ganze dann doch zu einem insgesamt überaus sehenswerten Genre-Beitrag: Speziell die schwelgerische Art Direction und das bis ins Detail liebevolle Production Design sind ein Erlebnis, und natürlich sind auch die Besetzung und ihr Spiel über jeden Zweifel erhaben, wobei insbesondere Florence Pugh (MIDSOMMAR) in der weiblichen Hauptrolle beeindruckt. Auf einige Star-Cameos hätte man allerdings auch verzichten können, der Auftritt von Dita Von Teese etwa grenzt in seiner Klischeehaftigkeit schon an Peinlichkeit.

Eine smarte Handlungsidee mit starken STEPFORD WIVES-Vibes, bei der sich einige Incel-Creeps auch und gerade im Festivalpublikum schwer ertappt fühlen dürften – wenn sie denn über Reflexionsfähigkeit verfügten –, eine audiovisuell überragende Umsetzung, tolle Darsteller:innen, doch eine nur mäßig spannungsvolle Dramaturgie mit einem enttäuschend flachen Ende: Von mir gibt’s dafür nur gute 6,5 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

22.09.2022, 02:08




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