Dune

Verhoben oder verstanden?

von Leimbacher-Mario
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Nachdem Denis Villeneuve mit seinen (bisherigen) Interpretationen von „Dune“ diese gesamte Welt und Geschichte auf ein neues Niveau gehoben und auch in mir mächtig Interesse geweckt hat, musste ich nochmal Lynchs Version des Stoffes gucken. Als Vergleich, als Reminder, als Rarität, als Gegensatz, als Erklärung. Immerhin hatte ich diesen Polarisierer seit locker 15 Jahren nicht mehr gesehen. Und er hilft wirklich sich selbst, Herberts geniales Sci-Fi-Ökosystem und dessen Grundfesten besser zu verstehen, einzuordnen … und Villeneuves Mammutwerke noch mehr zu schätzen. Gezeigt wird aber auch hier Paul Atreidis, ein interstellarer Adelssohn, zwischen Intrigen, Kriegen und Weissagungen einer zerrütteten und umkämpften Galaxie - mit einem erzählerischen Epizentrum aus Wüste, Spice und gigantischen Würmern…

Vom Vater verstoßen…

„Dune“ (1984) gilt im besten Fall noch als Kultfilm, gemeinhin aber eher als gescheitert, fehlgeschlagen, selbst von Regisseur Lynch im Stich gelassen. Und Villeneuves grandiose Neuinterpretationen aus diesem Jahrzehnt hauen solche Sargnägel wohl nur noch tiefer. Doch auch diese konfuse, sprunghafte und manchmal gar psychedelische Version aus dem Herzen der 80er hat ihre Momente. Für mich sogar mehr als nur die. Sie gefällt und liegt mir noch immer sehr am Herzen. Trotz oder gar wegen all ihrer Seltsambarkeiten. Die hier zusammengerafften knapp 140 Minuten werden dem Stoff nicht ansatzweise gerecht. Gerade die zweite Hälfte wirkt extrem fragmentiert und wirr. Viele Figuren und ganze Stämme wie die Fremen wirken fragwürdig bis falsch dargestellt. Raum zum Atmen bekommt hier nichts und niemand. Verstehen kann man das ohne Ahnung vom Thema kaum. Einige Effekte wie die Holtzmanschilde sind grauenhaft gealtert und manchmal flackern sogar unfreiwillige Komik und schieres Kopfschütteln auf. All das ergibt für viele wohl ein im besten Fall faszinierendes, im schlimmsten Fall chaotisches „Sehvergnügen“. Ratlosigkeit trifft Epik. Ich sehe jedoch auch grandiose Kostüme und handgemachte Sets, von den Warzen des Vladimir bis zu den riesigen Sandwürmern. Ich höre sphärische Synthieklänge. Ich spüre eine andersweltliche Atmosphäre. Ich setze mir die Puzzleteile gerne zusammen. Ich mag viele der Darsteller. Die Düsternis, den Sand, die Vision, die Hintergedanken, die Löcher im gemusterten Fragment. Lynchs kranke Bilder z. B. von Föten gebadet in Blut. Die wunderschöne Sean Young. Eine Welt, ein Universum, das auch hier Lust auf mehr macht. Das sagenhafte Tempo, mit dem sich die Geschichte hier voranbewegt, was auch Vorteile mit sich bringt. Langeweile ist Fehlanzeige, es gibt immer etwas zu entdecken. Und daher ist „Dune“ (1984) ein Kuriosum mit vielen Falten und Fragwürdigkeiten, das mich aber mehr entzückt und unterhält, als es mich enttäuscht oder konfusioniert. Aber ich kann voll verstehen, wie man meinen kann, dass diese Version spätestens jetzt ausgedient hat. Ein überholtes Schätzchen. Missversteht, missverstanden.

Konfus & liebenswert

Fazit: Selbst wenn diese Version gerade im Gegensatz zum aktuellen (dreiteiligen?) Epos von Villeneuve blass und veraltet, ja manchmal geradezu lächerlich anmutet - Lynchs „Dune“ ist ein ganz eigenes, aufwändiges und bizarres Werk. Weit, weit weg von anderen Space Opern von damals. Konzentriert, sprunghaft, gewagt. Exzentrisch und elliptisch.
Leimbacher-Mario

08.06.2024, 23:44




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