Arche Noah from Hellvon Leimbacher-Mario | Permalink |
Sperriger Titel, episches Thema, anstrengende Figuren, viel Sex, Gewalt und Wiederholung und Frustration - und dennoch hat Kim Ki-duks neuester Streich etwas an sich, was man schwer greifen oder beschreiben kann, das jedoch nachwirkt. Sicher nicht bei jedem, aber in meinem Kopf schon. Ein Metapher-Film, ein Epos über unsere Spezies, ein Beitrag zu #MeToo und eine wilde Meditation auf das Böse im Menschen und das Dauergeile im Manne. Interessant auf jeden Fall. Genial vielleicht. Für Letzteres sind mir die Aussagen nur etwas zu flach und stammtischmäßig, die Sichtweise zu eintönig und extrem. Er erinnert an eine bittere Kreuzung aus "High-Rise" und "mother!". Es geht um einen militärisch anmutenden Kreuzer, der von Unruhen und Gewalt und Vergewaltigungen erschüttert wird. Nur um dann unumkehrbar in windige Höhen abzuheben und die Gesellschaft sich weiter, zum Teil wortwörtlich, zerfleischen zu lassen... Näher am Zeitgeist kann man kaum sein. Die Welt dreht sich weiter, die Gewalt wütet, das Böse kriegt man nicht tot, die Menschheit lernt nicht, vergisst schnell und trägt den Keim der Zerstörung immer in sich... Ein schmerzhafter, böser und pessimistischer Film. Aber vielleicht einer, den wir verdient haben und der ausspricht, was andere nicht wagen in den Mund zu nehmen oder auf Zelluloid zu bannen. Oder noch nicht einmal denken. Deprimierend. Zerstörerisch. Maskulin. Hart. Eine Spezies am Abgrund, heruntergebrochen auf ihre schlechtesten Eigenschaften. Mit ein paar Exemplaren, denen man in seinem Leben nur ungern begegnen würde. Satte zwei Stunden voller verzerrter und zerschlagener Spiegel und gebrochener Zeigefinger und Fäusten in den Magen. Unangenehm. Aber darf gerne mal so sein. Selbst Optimisten geben vielen gezeigten Ansätzen recht. 2018 mehr denn je. Man muss nur mal Nachrichten schauen. Oder zum Teil reicht sogar das eigene Fenster. Kannibalismus in all seinen Formen. Versteckt und elegant bis bestialisch und ultrabrutal. Kann man mal drüber nachdenken. Fazit: ficken, essen, leben, töten - Kim Ki-Duk kann nicht anders als groß denken. Die Entstehungsgeschichte des Bösen ist gleichzeitig unsere. Ein zutiefst pessimistischer aber nicht gerade unrealistischer Blick auf das Leben, auf uns als Spezies, auf Männer im Speziellen und die Zukunft. Eine düstere, versteht sich. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 16.09.2018, 02:26 |
Frühling, Sommer, Herbst, Winter... und Todvon D.S. | Permalink |
FFF goes Hardcore-Arthouse – mit dem allerersten Film von Kim Ki-Duk, den das Festival jemals im Programm hatte, mutet man dem geneigten Genrepublikum durchaus einiges zu. Und das in mehrfacher Hinsicht, denn es geht hier nicht nur kunstvoll, bisweilen elegisch philosophisch, metaphernschwer und deutungsebenenexzessiv zu. Nein, auch das konkret abgebildete Geschehen ist mitunter schwer zu verdauen: Von Massenvergewaltigungen über Massenmord bis zu Selbstverstümmelung wird hier wenig ausgelassen. Dazu ist die Handlung eingebettet in eine Atmosphäre blanker Hoffnungslosigkeit und Depression. Ein spaßiger Kinoabend sieht definitiv anders aus. Mich konnte HUMAN, SPACE... trotzdem fesseln, und das über seine gesamten, epischen 122 Minuten, die nur lose in vier Akte unterteilt sind. Ich will mir nicht anmaßen, so kurz nach der Sichtung den Inhalt bereits interpretieren zu können, aber es geht – zumindest auch – in mehrfacher Hinsicht um die Natur des Menschen. Was ihn ausmacht, was er sich selbst und anderen antun kann, was in ihm steckt und was aus ihm erwachsen kann. Ganz buchstäblich. Extremes Kino; eine filmische Grenzerfahrung zwischen Gesellschaftskritik, Religionsparabel, Nihilismus und Kannibalismus. Unbedingt sehenswert, wenn auch manchmal anstrengend und nicht leicht zu erschließen. 7 Punkte von mir. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 22.09.2018, 05:03 |
Als hätten wir noch eine zweite Erde im Kellervon Herr_Kees | Permalink |
Kim Ki-Duk ist bekannt für seine nihilistischen Filme, verpackt aber seine Botschaften für gewöhnlich in fesselnde, poetische Dramen, die mit den Protagonisten mitfühlen und mitleiden lassen. Hier scheint es so, als sei ihm über die Zustände der Welt endgültig der Kragen geplatzt. In seiner platten „Wir sitzen alle im selben Boot“-Allegorie geht er in die Vollen: Die Menschen (oder besser: die Männer) sind schlecht, jeder ist korrumpierbar, wer Macht hat, missbraucht sie, Frauen kann man sich nach Belieben nehmen, entweder man bezahlt oder vergewaltigt sie. Und ein weiser alter Mann sieht allem schweigend zu und kehrt den Dreck zusammen. Das ist der Kreislauf der Welt. So plakativ das klingt, so ist es leider auch inszeniert. Während Darren Aranofsky mit seinem ähnlich botschaftsgeschwängerten MOTHER! wenigstens noch künstlerisch-größenwahnsinnig gescheitert ist, kommt HUMAN... daher, als hätte ein Film- oder noch schlimmer: Politikstudent einen Kim Ki-Duk-Film drehen wollen. | |
Herr_Kees sah diesen Film im Metropol, Stuttgart | 30.09.2018, 02:03 |
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