erstklassig besetzt, aber nicht gut genug umgesetztvon ritch | Permalink |
Das dieser Film äußerst gut besetzt ist, hat sich ausgezahlt. Wenn z.B. die Eltern der verschwundenen Rachel immer mehr realisieren, dass ihrer Tochter etwas ernsthaftes zugestoßen sein kann, fühlt man das regelrecht mit. Oder Sam Neill, der nur wenig Zeit braucht, um seinem Charakter hinreichend Tiefe zu geben. Abzüge gebe ich aber bei der Storyumsetzung. Ich möchte nicht spoilern, daher kann ich hier nur vage Umschreibungen geben. Filmdramen haben oft zum Thema, tatsächlich eingetretene Dinge zu behandeln, welche dem Durchschnittsmenschen nur schwer begreiflich sind. Ich sehe die Aufgabe eines solchen Films darin, uns dann eine mögliche Ursache dafür zu geben. Als Positivbeispiel nenne ich hier Monster mit Charlize Theron. Dies habe ich bei I Am You leider vermisst. Der eigentliche Plot mag sich durchaus so zugetragen haben. Wer aber bereits die Erkenntnis besitzt, dass einige Menschen es einfacher haben und andere nicht und dass dies manchmal zu folgenschwerer Eifersucht führt, kann sich den Film eigentlich sparen. Da dieser meiner Meinung nach eindeutig dem Drama und nicht dem Thriller zuzuordnen ist, fehlt hier folgerichtig auch der Focus auf einem genretypischen Spannungsbogen. Er muss als Drama gut funktionieren und hat dieses Ziel leider etwas verfehlt. Irgendwie mochte ich diesen Film, aber leider nicht gut genug, wie ich es gerne hätte. Trotzdem will ich nicht von diesem Film abraten. | |
ritch sah diesen Film im Cinedom 10, Köln | 28.08.2011, 13:26 |
„I really really really need HELP.“von D.S. | Permalink |
„This is a true Story", eröffnet uns eine Texttafel zu Beginn des Films - eine sehr bittere Geschichte um ein sich selbst abgrundtief hassendes Mädchen, das so gerne jemand anderes wäre. Und vor nichts Halt macht, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei ist die Handlung dieser Geschichte für den Film nicht das Wichtigste. Jedem Australier ist sie ohnehin bestens vertraut und das FFF-Programmheft verrät für alle anderen die entscheidenden Punkte. Vielmehr scheint es ihm darum zu gehen, das Geschehen verständlich zu machen: Was die Täterin zum Handeln getrieben hat und welche Konsequenzen ihre Tat hatte. Dafür nimmt I AM YOU abwechselnd zwei unterschiedliche Perspektiven ein: die von Caroline Reed Robertson, der zutiefst gestörten 20-jährigen Täterin. Und die von Michael und Elizabeth Barber, die vor Kummer über das Verschwinden ihrer 15-jährigen Tochter Rachel fast vergehen. Dem Film gelingt es dabei, einen selten tiefen Einblick in das Denken und Fühlen eines Psychotikers zu vermitteln, indem er Carolines Stimme aus dem Off mehrfach aus den authentischen Briefen und Notizen der Täterin zitieren lässt. Was sich hier an Selbstverachtung erfahren lässt, geht unter die Haut - und fast ebenso schockierend ist zu erkennen, wie detailgenau Caroline ihre Tat im Voraus geplant hatte. Und wie ihre Besessenheit für das spätere Opfer bereits Jahre früher begonnen hatte, was der Film durch seine non-chronologische Erzählweise in einigen Sequenzen zeigt. Das Einzige, was I AM YOU trotz allem nicht gelingt ist, die Gründe für die Psychose Carolines vollauf begreiflich zu machen. Das ist vielleicht aber auch gar nicht möglich. Angeblich wurde sie von ihrem Vater als Kind missbraucht, dies wird im Film aber nur einmal sehr kurz und kaum merklich angerissen. Sehr nachdrücklich dagegen wird die (spätere?) emotionale Kälte spürbar, die ihr der vergötterte Vater entgegenbrachte: Selbst als sie als weinendes Wrack neben ihm auf dem Bett sitzt, bringt er es kaum über sich, sie in die Arme zu nehmen, geschweige denn ihr zu sagen, dass er sie liebt. Hier glänzt Sam Neill, wie übrigens auch die Darstellerin von Caroline, Ruth Bradley, über den gesamten Film. Auffallend ist weiterhin die sehr gute Kameraarbeit, die sich vor allem in einigen wunderschönen, langen Fahrten zeigt. Eine davon eröffnet den Film und zieht, unterstützt von einem sehr effektiven, gefühlvollen Soundtrack, den Betrachter förmlich ins Bild hinein. Woran es I AM YOU hingegen ein wenig mangelt, ist naturgemäß die Spannung. Der Ausgang der Geschichte ist auch demjenigen, der nichts über die Tatsachen weiß, sehr früh klar; es geht also nur noch um die Beweggründe der Täterin und die Auswirkungen auf die Familie des Opfers. Gerade letztere können einen leider nicht allzu intensiv berühren, obwohl auch hier gute Darstellerleistungen zu verzeichnen sind. Es ist schwierig zu sagen, warum der Film trotz all seiner Stärken trotzdem nicht voll überzeugen kann. Vielleicht bleibt er in seiner Inszenierung ein Stück zu glatt, zu gefällig, wird damit der monströsen psychischen Störung hinter der Tat nicht gerecht. Zwar erfahren wir viel über die Gefühls- und Gedankenwelt der Täterin, der Tonfall der Schilderung bleibt aber stets ruhig und „normal" - so dass sich das Schockierende kaum in seinem vollen Umfang als solches wahrnehmen lässt. Dennoch bewegt I AM YOU, ist schauspielerisch wie auch technisch hervorragend umgesetzt und lässt einen am Ende schaudern. 6,5 Punkte und eine Empfehlung für alle, die mal wieder in einen authentisch düsteren Geist eintauchen möchten. | |
D.S. sah diesen Film im Metropolis 1, Frankfurt | 02.09.2011, 03:55 |
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