Rainer Stefan sprach mit f3a.net ausführlich über die Schwierigkeiten bei der Filmakquise, die Finanzierung des Festivals, die Planung und die Koordination, die Kinosituation und noch einiges mehr.
f3a.net: Zu wieviel Prozent trägt sich das Fantasy FilmFest allein über die Eintrittspreise, zu wieviel Prozent seid ihr auf Anzeigen und Sponsoren angewiesen?
Rainer Stefan: Ohne die Sponsoren ginge es gar nicht. Wir sind fünf fest angestellte Leute, die das ganze Jahr (für das Festival) arbeiten. Wir haben das Büro in Berlin und das in München. Die müssen das ganze Jahr bezahlt werden, wir haben aber nur ein großes Event.
Wir haben seit Jahren NBC/Universal (SciFi/13th Street) als Hauptsponsoren und 2K Games, die richtig groß eingestiegen sind. TV Movie setzen ein Jahr aus, das merken wir finanziell schon.
Auch der Katalog ist eine ganz wichtige Einnahmequelle. Er ist auch keine Zeitschrift, sondern ein Werbeträger, der das Festival zu einem Großteil mitfinanziert.
Wenn wir keine Sponsoren hätten, in so einem Jahr würd´s kein Festival geben. Es ist nicht finanzierbar über den Kinoeintritt. Der ist viel zu gering. Wenn du zurückgehst, in den letzten 20 Jahren haben sich die Eintrittspreise der regulären Karten (nicht Dauerkarten) bei uns vielleicht um 10% oder 15% erhöht. Die Kosten haben sich aber verdoppelt, teilweise verdrei-, vervierfacht.
Bei den Eintrittspreisen haben wir allerdings einfach keinen Spielraum, weil Kino generell in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern so extrem billig ist. Und wir natürlich nicht extrem über die normalen Kinopreise hinausschiessen können. Obwohl wir es eigentlich müssten, denn es ist was ganz anderes, ob du einen Film eine Woche viermal am Tag spielst oder ob du in jeder Vorstellung einen anderen Film hast, der Kosten produziert, z.B. Frachtkosten. Und mit dieser einen Vorstellung muss das Geld drin sein.
Wir sind auch das einzige Filmfest in Deutschland, das nicht subventioniert ist. Bei allen anderen Festivals zahlst du halt deine acht Euro plus Summe X indirekt über Steuern. Wenn uns jemand anspricht, warum kostet das Ticket 8,50 oder 8 Euro, sage ich: “Hey, wir sind das billigste Filmfest Deutschlands. Denn wir kosten dich keinen Cent an Steuern.”
f3a: Damit meinst du sicher nur die großen Festivals?
Rainer: Die kleinen, lokalen Festivals werden auch subventioniert.
f3a: Wenn ein Film, den das Fantasy FilmFest zeigt, schon einen deutschen Verleih hat: inwieweit beteiligt der sich an den Kosten des Festival-Screenings? (Ist ja schließlich "Werbung" für seine kommende DVD...?)
Rainer: Die Verleiher beteiligen sich generell nicht an den Kosten des Festivals. Am einfachsten sind die Filme, die einen deutschen Kino-Verleih gefunden haben. Das sind dieses Jahr ca. 8 Filme: CASE 39, ORPHAN, der Eröffnungsfilm CARRIERS und noch ein paar. Da ist es relativ einfach: der Film wird ins Kino kommen, die Verleiher haben Material oder besorgen es rechtzeitig.
Aber 90% des Programms ist entweder nicht verkauft, dann haben wir es mit dem internationalen Weltvertrieb zu tun, der irgendwo sitzt – aber nicht unbedingt in dem Land, aus dem der Film ist. Ein Teil ist verkauft für DVD oder TV. Falls TV, dann musst du dich erstmal mit dem Sender arrangieren, weil der in der Regel alle Rechte kauft. Du musst klären, wann die ausstrahlen; ob die wollen, dass der Film bei uns läuft oder ob sie das nicht wollen.
Das andere sind die DVD-Labels, die in der Regel kein Filmmaterial haben, sondern nur digitale Master. Das heißt auch, wenn die sagen: Ihr könnt den Film haben, dann fehlt immer noch die 35 mm-Kopie. Diese liegt bei der Worldsales Company, und die muss der Festivalaufführung in der Regel auch zustimmen. Die nächste Frage ist, ob für den benötigten Zeitraum eine Kopie frei ist. Wenn nicht, fragt man im Kopierwerk an, was eine einzelne Kopie kostet. Massenkopien sind billig, eine einzelne kostet sehr viel Geld. Wenn der Film nicht in Englisch ist, geht´s weiter: die Untertitel. Also, bei THIRST zum Beispiel geht erstmal das Dialogbuch zum Übersetzer, um die Dialoge aus dem Koreanischen ins Deutsche zu übertragen. Dann geht die Kopie zu Holland Subtitling in Holland, da werden die Untertitel gemacht und dann kommt er zu uns.
f3a: Wieviel Prozent des Filmprogramms besteht noch aus klassischen Einreichungen von Filmemachern ohne großartigen Verleih?
Rainer: Die Kurzfilme fast alle. Da kommen Unmengen: 300-400. Das hat bei uns der Dirk in der Hand. Die Sichtung zieht sich über das ganze Jahr und da gibt es sehr viel Spannendes. Oft sind es Produktionen von Filmhochschulen aus aller Welt.
Bei den Langfilmen kommen viele semiprofessionelle Sachen, die du einfach nicht spielen, eigentlich auch kaum anschauen kannst. Die größeren Spielfilme sehen wir in der Regel auf Festivals oder Filmmärkten in Cannes, Berlin, Los Angeles oder Sundance.
Ein Teil wird dort noch nicht nach Deutschland verkauft, und da dient das FFF oft als Plattform, die viele Einkäufer zum Sichten der Filme nutzen. Da wir in 7 Städten sind, ist es vor allem für TV-Sender sehr bequem, die Filme bei uns zu sichten. Ein Großteil der vor dem Festival nicht verkauften Produktionen findet nach dem FFF einen Käufer.
Generell spricht man mit dem deutschen Linzenznehmer darüber, ob es Sinn macht, den Film zu zeigen, oder ob es keinen Sinn macht. Wenn man denkt, es schadet dem Film nur, dann lässt man es besser.
f3a: Beeinflussen die Reviews und die Kommentare im Forum von f3a.net denn euer Verhältnis zu den Filmverleihern?
Rainer: Ich denke, dass sie schon gelesen werden und der eine oder andere Verleih vielleicht aus Angst vor Verrissen zögert – was einmal im Netz steht, ist halt drin.
f3a: Man muss doch auch schlechte Kritiken aushalten können.
Rainer: Naja, in den Foren sind die Kritiken doch oft sehr radikal, sehr wenig differenziert. Da wird teilweise etwas komplett niedergemacht.
f3a: Die guten Kritiken gibt´s bei uns aber genauso.
Rainer: Ja, die gibt´s genauso, nur die Abweichungen sind teilweise so krass. Wenn ich mir alleine die Bewertungen zu LET THE RIGHT ONE IN ansehe, der fast nur ganz tolle Bewertungen hat und dann ein Viertel ganz schlecht. Dann denke ich mir: Hey, haben die denselben Film gesehen?
f3a: Hat sich das Ergebnis der f3a.net Umfrage auf eure Arbeit ausgewirkt?
Rainer: Da müsstest du mich konkret nach einem Punkt fragen. Also, was keinen Einfluss hat, sind die Kritiken an den einzelnen Kinos. Wobei wir im Grunde dieselben Interessen wie die Fans haben. Wir wollen ein Kino, in dem man sich wohlfühlt, in dem wir irgendwie auch schalten und walten können, wie wir wollen. Du brauchst auf jeden Fall die Unterstützung der ganzen Mitarbeiter im Kino. In vielen der von uns angemieteten Kinos arbeiten echte Filmfans, die dann Urlaub einreichen, wenn Festival ist, weil sie die Filme gucken wollen, was natürlich nicht geht. Da hast du dann einfach in jeder Stadt einen Teil der Mitarbeiter, die sich unheimlich ins Zeug legen. Das ist ein Kriterium, also wie wir uns da wohlfühlen, denn das überträgt sich auch auf das Publikum. Wenn du in ein Kino kommst, wo totales Desinteresse herrscht, dann ist es der Albtraum. Wir haben halt jetzt in jeder Stadt Kinos, wo, egal wie schwierig die Situation ist, die Theaterleitung und die Mitarbeiter total dahinter stehen, und das ist das allerwichtigste.
Die häufigste Kritik z.B. an München ist, dass die Kinos (Cinema und City) eine Viertelstunde auseinander liegen. Dazu muss ich sagen, dass wir 1989 in München im Cinema angefangen haben und das Cinema in Deutschland immer noch das Referenzkino ist, was Technik betrifft. Das Kino würden wir nie aufgeben. Und dann kommt das City und auch dort haben wir so eine Unterstützung. Das Personal fängt an zu dekorieren, Fledermäuschen zu basteln und aufzuhängen und lauter so Sachen, die freuen sich das ganze Jahr. Und da ist mit Abstand auch die beste Atmosphäre, auch bei den Fans. Da gibt´s natürlich einen Teil der sagt, das ist alles Scheiße und die Sitze sind schlecht, sie würden lieber ins Multiplex gehen. Dann gäbe es von den anderen garantiert sofort die Schreie: Früher war alles besser. Siehe Residenz.
Ich meine, wir wurden so beschimpft, die Leute haben die Karten zurückgegeben, weil´s so warm war im Kino. Massenweise! Als wir da raus sind, ging das Gebrüll los, wie super es im Residenz war. Da musst du einfach den Weg finden, wo du das Festival am optimalsten durchziehen kannst.
f3a: Da hast du die Fragen zu München schon fast beantwortet. Ich habe hier einen Vorschlag, Kinos, die näher zusammen liegen: City, Atlantis, Gloria oder so.
Rainer: Nein. Cinema und City sind tabu!!!!!
f3a: Welchen Stellenwert haben Fanwünsche bei der Filmauswahl?
Rainer: Um so früher sie kommen, desto besser. Nicht, dass wir den Film dann einfach spielen können, aber die stoßen uns manchmal auf Filme, die wir noch nicht auf dem Schirm haben.
Ganz anders ist die Situation bei Klassikern oder Retros. Es kommen meist zu wenige Zuschauer in Relation zum Aufwand und den Kopienkosten. Letztes Jahr konnten wir die Kopien (Anm. f3a: THE CITY OF THE DEAD und TASTE THE BLOOD OF DRACULA) kaufen, das war okay. Allein die Recherche, wer die Rechte hat, ist unheimlich schwer – und ohne Rechte spielen kannst du nicht. Manchmal hast du auch das Problem, dass du einen Film kriegen könntest, aber die Musikrechte am Film sind abgelaufen. Dann darfst du ihn nicht zeigen. Zudem sind die Videorechte oft getrennt von den “Theatrical Rights”.
Weiter auf Seite 2 des Interviews mit Rainer Stefan.