Interview mit dem Festivalleiter des Fantasy FilmFest

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f3a: Habt ihr Pläne für eine neuerliche Erschliessung des Nord-Westens der Republik? (Die am meisten gewünschten Orte in unserer Umfrage waren: Bochum, Essen und Hannover.)

Rainer: Wir haben im Ruhrgebiet gemerkt, sowohl in Bochum als auch in Dortmund, dass es überhaupt nicht funktioniert. Sehr viele Leute haben sich interessiert, haben den Katalog mitgenommen und als sie erfahren haben, dass die Filme im Original laufen, sind sie nicht reingegangen. Was wir im Ruhrgebiet gemacht haben, hat uns so viel Geld gekostet, das es völlig absurd wäre, es nochmal zu machen.

f3a: Bei welcher Auslastung einer Festivalstadt lohnt sich das Fantasy FilmFest?

Rainer: Die Auslastung rechne ich da gar nicht aus. Aber wenn wir nicht mal die Saalmiete und die Plakatierungs- oder Werbekosten einspielen, geschweige denn irgendwelche anderen Kosten, dann hat´s keinen Sinn.

f3a: Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum die Focus Asia Nights nur einmal stattfanden?

Rainer: Die FAN haben eigentlich nur in Berlin funktioniert. Die asiatischen Filme sind für uns die teuersten und da stimmte dann das Verhältnis nicht mehr. Die sind am schwersten zu bekommen, die zähesten Verhandlungen, die größten Kopienprobleme, die höchsten Frachtkosten. Das war ein totales Verlustgeschäft.

Die asiatischen Filme sind sowieso das schwierigste Feld für uns. Weil die Asiaten selten einen Film rausrücken, bevor er nicht in den ganzen asiatischen Ländern veröffentlicht ist. Es ist ganz schwierig, die Asiaten dazu zu bewegen, dir einen Film zu geben, bevor er in Asien auf DVD raus ist. Sie sind sehr sehr misstrauisch.

Daher kommt es, dass nicht alle, aber sehr viele der asiatischen FFF-Filme in Korea oder Japan bereits auf DVD erhältlich sind. Das ist auch nicht unser Kriterium. Wir gehen danach, dass sie eben hier noch nicht erhältlich sind. Wenn wir danach gehen würden, was irgendwo auf der Welt veröffentlicht ist, dann kannst du bei den Asiaten einpacken. Das geht dem Asia Filmfest aber genauso. Es gibt Ausnahmen mit Filmen, bei denen du sehr früh dran bist. Aber die Regel sind dann endlos lange Überlegungen, ob sie einen International Cut machen oder nicht, und wenn sie das überlegen, geben sie gar nichts frei, bevor nicht entschieden ist, welcher Cut weltweit benutzt wird.

Darum hat sich RED CLIFF so lang hingezogen. Den wollten wir letztes Jahr. Jetzt gibt´s einen Hong Kong-Cut, der dauert 147 Minuten. Den zeigen wir. Das ist gleichzeitig der internationale Cut. Aber es lief auch in Asien die fünf-Stunden-Version, die wir aber sowieso nicht spielen könnten. Das würden die Leute nicht mitmachen. Wir versuchen, wenn die Filme normale Laufzeit haben, wie THE GOOD, THE BAD, THE WEIRD, die asiatischen Schnittfassungen zu bekommen. Das klappt auch in der Regel, aber jetzt bei RED CLIFF mit fünf Stunden, das macht keinen Sinn, das würden die uns auch nicht erlauben zu zeigen, weil die Version sonst weltweit nicht gezeigt wird.

f3a: Gibt es irgendwelche Pläne für eine zweite Fantasy FilmFest Nights im Spätherbst zur Ergänzung?

Rainer: Das schwirrt immer in unserem Kopf rum. Wir wissen nicht, ob das dann ein Overkill wäre oder nicht. Wenn, würde es sich anbieten im November. Bis jetzt denken wir eher, dass es zu viel wird, darum machen wir´s nicht.

f3a: Dadurch, dass es sich im Sommer zentriert, gibt es doch auch viele Filme, die ihr nicht zeigen könnt, weil sie vorher oder später fertig werden.

Rainer: Das Festival fing ja früher im Herbst an. Das erste Fantasy Filmfest in Hamburg war im Herbst. Früher war es so, dass die Festivals noch eigenständige Programme hatten. Wir hatten in Hamburg in der Markthalle angefangen und im Alabama und Metropolis. Dann kam München dazu und Berlin. Diese drei Städte waren noch völlig versetzt, also zwei Monate auseinander. Wir mussten ein völlig neues Programmheft machen, einige Filme übernehmen, andere nicht. Später gingen wir in den Sommer, weil Anfang der 90er im Juli relativ wenige Filme gestartet sind, weil im Sommer die Deutschen nicht ins Kino gingen. Das hat sich in den letzten Jahren aber total umgedreht. Das heißt, die Majors machen weltweite Starts oder eine Woche versetzt, und da in Amerika die Hochzeit im Sommer ist (Juni/Juli sind die besten Kinomonate in USA), starten jetzt hier die ganzen Blockbuster auch in dieser Zeit. Da die Kinos so verstopft sind, sind wir jetzt vier Wochen nach hinten gegangen, auf Mitte August bis September.

Normalerweise wäre jetzt gerade das Festival und wir hätten den Supergau mit Harry Potter. Das haben wir einmal erlebt. Wir haben dann Probleme, die großen Säle zu kriegen und vor allem die Leute haben Probleme, an die Kassen zu kommen. In Frankfurt bei Simpsons, der zeitgleich mit Potter und uns lief, war es wirklich so, dass die Leute gegangen sind, weil die Schlangen so endlos waren und der Film fängt in 15 Minuten an, aber es gibt keine Chance, an die Karten zu kommen. Davon müssen wir weg.

Die Blockbuster sind immer Mitte August durch. Da ist nichts mehr. In den drei Wochen, wenn wir spielen, startet kein wirklich großer Film. Danach müssen wir uns ein bisschen richten. Eine Woche hin oder her hängt von den Kinostarts ab, also, wie die Kinos blockiert sind. Blöd ist, wenn sich kurzfristig ein Starttermin ändert. Da müssen wir durch. Wir können´s nicht mehr ändern. Aber wir versuchen schon, nicht mit solchen Filmen wie Harry Potter oder Bully Herbig zu kollidieren.

Dieses Jahr in Köln bei den FFN, da liefen so viele Knaller: Prinzessin Lillifee, das heißt, es waren nachmittags 500 Mädchen in rosa Kleidchen im Foyer, dazu kam der unsägliche Mario Barth-Film und dazu noch irgend so ein Prollfilm-Rapper irgendwas (Anm. f3a: Notorious B.I.G.). Das war der Alptraum und wir mittendrin. Ein Geräuschpegel den ganzen Tag, das ist super anstrengend, sowohl für unsere Zuschauer, unsere Fans, als auch für uns, die wir dort jeden Tag stehen und schauen müssen, ob unsere Leute es überhaupt an die Kassen schaffen. Das ist der große Nachteil bei Multiplexen. Darum lieb ich eigentlich Einzelkinos, aber die sterben halt, leider. Ich habe früher selber in so einem Kino gejobbt, fünf Jahre neben der Schule, mir blutet das Herz, wann immer eins zumacht.

f3a: In Hamburg schließt bald wieder eins, das Passage.

Rainer: Hamburg ist eine Katastrophe. Das Grindel ist dicht, die haben dann Originalfassungen gespielt, das wollte ja Cinecitta´ übernehmen, aber irgendwie wollte der Vermieter etwas anderes. Am schlimmsten ist die allgemeine Kinosituation in Köln und Frankfurt, es gibt überhaupt keine Alternativen zu den Kinos, in denen wir sind. Wenn die nicht wollen, gibt´s kein Festival. Also, unsere größte Zukunftssorge ist die Kinosituation!

f3a: Wie funktioniert das mit den Kinos überhaupt? Mietet Rosebud Säle/Personal/Service oder werden die Häuser an den Einnahmen beteiligt?

Rainer: Wir mieten komplett alles, pauschal. Wir bezahlen eine Miete für Personal und Säle, unabhängig davon, wieviele Leute kommen. Das heißt, jede Vorstellung kostet uns eine gewisse Summe, egal ob da 20 drinsitzen oder 500.

f3a: Wie werden die Filme während des Festivals von einem Kino zum nächsten versandt und wie zuverlässig funktioniert das?

Rainer: Wir haben Fahrer, die mit dem Transporter nachts zwischen den Städten fahren. Dieses Jahr sind Nürnberg, Köln und Frankfurt gleichzeitig. Das heißt, wir haben einen Fahrer eine Woche lang in Köln sitzen und einen Fahrer in Nürnberg. Die fahren immer nachts, wenn die Nachtvorstellung durch ist, mit den Kopien die nächsten Städte an. Das sind für jeden Fahrer jede Nacht 400 km hin und 400 km zurück. Wenn zwei Städte parallel sind, versuchen wir es so zu machen, dass man mit drei Fahrten hinkommt. Das heißt, die Filme müssen so platziert werden, dass du nicht jeden Tag fahren musst, sondern jeden zweiten. Dazu kommt, dass während des Festivals immer wieder Filme für ein Screening ins Ausland müssen. Wir müssen mit Overnight-Kurier den Film irgendwo hinschicken, die spielen ihn einen Abend und müssen ihn am nächsten Tag zurückschicken. Und da passieren halt manchmal Fehler.

Bei den amerikanischen Filmen sind es meist zwei Träger mit je drei Rollen. Letztes Jahr ging ein Träger mit dem halben Film verloren. Das heißt, wir hatten nur den halben Film, die zweite Hälfte. Wir mussten dann in Japan nachkopieren lassen. “Drei Akte fehlen, bitte zieht uns die drei Akte neu im Kopierwerk.” Die sagen: “Machen wir, aber ihr müsst vorher das Geld schicken.” Jetzt dauert der Transfer des Geldes nach Japan immer drei Tage, dann kopiert das Kopierwerk, dann schicken die es, das dauert einfach eine Woche. Wir haben dann die ersten drei Akte gebeamt und die letzten drei Akte auf 35 mm gespielt, bis wir den Film wieder komplett hatten. Und das sind so die Albtraumsachen (lacht).

Oder, was auch schon passiert ist, dass die Kopie aus dem Kopierwerk kommt und die Tonspur fehlt oder bei einem Koreaner fehlen die englischen Untertitel. Ein anderes Problem kann auftreten, wenn ein Film im Zoll hängen bleibt, dass sie ihn nicht freigeben oder ewig nicht bearbeiten. Wenn es über Frankfurt geht, ist es immer schwierig. Wir arbeiten jetzt fast nur noch mit FedEX, denn das läuft über Nürnberg und das funktioniert. Die Luftspeditionen, mit denen wir manches auch machen müssen, gehen meist über Frankfurt. Und da passiert andauernd etwas. Da sind dann Filme drei Tage nicht auffindbar. Die haften aber für nichts, nur, wenn der Film gar nicht mehr auftaucht. Das ist aber nie der Fall, irgendwann taucht er auf. Nur, dann ist vielleicht das Festival vorbei. Das sind auch die Sachen, die dir dann schlaflose Nächte machen.

Auch, wenn das Festival losgeht, ist ja noch nicht alles da, weil es oft so eng koordiniert ist, dass irgendein Festival auf der Welt den Film noch hat und erst während unseres Festivals losschickt und wir den ganz am Ende bei uns programmiert haben und dann halt hoffen. Also, oft kommt er nachmittags und abends läuft er dann. Es ist aber durch das Internet viel besser geworden, weil du dort oft verfolgen kannst, wo der Film hängt. Das konntest du früher nicht so. Früher hast du wie auf dein Amazon-Paket gewartet, hoffentlich kommt´s. (lacht)


Weiter auf Seite 3 des Interviews mit Rainer Stefan.

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