cooler Film auch ohne Hypevon Alan Smithee | Permalink |
Ich komm grad aus dem Kino und muss sagen: eigentlich ein guter Film, aber den Hype von wegen Skandalfilm, der ist unberechtigt. Die Vergewaltigungsszene ist recht hart aber auf jeden Fall erträglich, die Mordszene haut da schon mehr rein. Was den Film symphatisch macht ist seine Ehrlichkeit in jedem Bereich. Die Figuren, Dialoge und die Atmosphäre sind echt, man kann sich jederzeit reinversetzen (was nicht immer so toll ist). Aber rausgegangen ist bei uns keiner. Die versnobten Cannes-Gucker ham sich wahrscheinlich an ihren Austern verschluckt. | |
Alan Smithee sah diesen Film im Cinema, München | 30.07.2002, 02:18 |
Elbisreverrivon Herr_Kees | Permalink |
Der Skandal von Cannes. Der französische MEMENTO. Außer der Idee der rückwärtigen Erzählweise und dem Rachemotiv haben beide Filme jedoch nichts gemeinsam. Wo MEMENTO kühl, distanziert und sehr stylisch daherkommt, bricht IRREVERSIBLE mit der Gewalt einer unkontrollierten Dampfwalze über den Zuschauer herein. Das erste Drittel des Films ist wirklich schwer zu ertragen. Das liegt nicht nur an der wirklich äußerst harten (da sehr realistisch gezeigten) Mordszene, sondern auch an der ständig torkelnden und schwingenden Kamera, an einem bewusst nervenden Ambientsoundtrack (vergleichbar den frühen Einstürzenden Neubauten), an den rotstichigen, grobkörnigen Bildern und an dem kokaingeputschten Vincent Cassel. Wenn die Kamera des Films erstmals längere Zeit still steht, dann, um uns die Vergewaltigung und Demütigung Monica Bellucis vorzuführen. Eine Szene, die physisch sehr unangenehm ist, wie fast der gesamte Rest des Films. Am Ende muss man sich jedoch fragen, was Gaspar Noé mit all dem bezweckt. Denn die Aussage des Films, die sich nach dem Schlussbild formt, lässt sich ganz lakonisch mit "Shit happens" auf den Punkt bringen. Das ist nichts Neues. Dass Noé mit Schauspielern und Dialogen umgehen kann, zeigt sich in den schönen freizügigen Szenen am Ende (also Anfang) des Films und in dem interessanten, ebenso offenen Gespräch über Sex in der Métro. Warum also die inszenierte Provokation? Mehr Publikum wird der Film so nicht finden., Eher das falsche, sensationsgeile. | |
Herr_Kees sah diesen Film im Metropol, Stuttgart | 07.08.2002, 14:27 |
Memento???von Alan Smithee | Permalink |
Eine der Nutzungsbedingungen in der IMDB ist, dass man in Reviews keinen bezug zu bereits bestehenden Reviews nimmt. Keine schlechte Idee, so werden Flamewars verhindert. Wenn ich hier aber lese, dass einer Irreversible mit Memento vergleicht, kann ich nicht umhin, zu vermuten, dass hier einer irgendwas nicht ganz verstanden hat. Egal, vielleicht habe ich Irreversible nicht verstanden. Irreversible ist hart, aber es gab schon haerteres. Wer das Kino verlassen musste, hat sich entweder tatsaechlich an seiner Auster verschluck, oder ihm ist bei der Kamerafuehrung schlecht geworden. Irreversible ist ehrlich, und das ist auch gut so. Die Kamerafuehrung ist ungewoehnlich, und das haette auch gut sein koennen. Aber ich habe nur auf die ersten Epilepsieanfaelle gewartet. Eine Story ist nicht anwesend. Mir ist jedenfalls keine aufgefallen. Rausgekommen bin ich mit dem Gefuehl zwei Stunden meines Lebens verschwendet zu haben, da ich mich gegen Ende immer mehr gelangweilt habe. Ich glaube, das Einzigen, das diesen Film "gut" gemacht haette, waere der richtige Zeitablauf gewesen. Anstatt bei Memento zu klauen, haette man den Film richtigherum zeigen sollen: Es haette einen Spannungsbogen gegeben und keinen Entspannungsbogen. Die "Schnittfreie" und "abgedrehte" Kamerafuehrung haette besser gewirkt. Der Film haette den Zuschauer verstoehrt zurueckgelassen. Der Zuschauer wuerde nicht eineinhalb Stunden auf eine tolle Aufloesung warten, die dann doch nicht kommt. Schade, der Film haette mit einem sehr einfachen Mittel viel besser sein koennen. Richtig gut waere er dann aber immer noch nicht. Vier Sterne gibt’s fuer Kamera und Ehrlichkeit. Zwei abzug fuer den geklauten (und sinnlosen) Schnitt. | |
Alan Smithee sah diesen Film im Turm-Palast, Frankfurt | 13.08.2002, 02:39 |
Per Dampfwalze in die Magengrube.von D.S. | Permalink |
Passiert selten, aber mir fehlen fast die Worte. IRREVERSIBLE ist ein Film, den man wahrscheinlich ein paar Wochen liegen lassen und/oder sich mehrmals ansehen muß, um eine angemessene Kritik zum Film zu verfassen. Nicht, daß man ihn sich wirklich noch mal ansehen MÖCHTE. Aber gleichzeitig hat man das Gefühl, daß man das machen MUSS. Zu krass und zu einzigartig ist er, als daß man ihn mal eben so abhandeln oder verdauen könnte. Ja, genau wie MEMENTO läuft IRREVERSIBLE rückwärts, und genau wie in jenem Film geht es um eine Vergewaltigung und die Rache dafür. Doch im Gegensatz zu ersterem, der zwar ein toller, origineller und beeindruckender Film ist, aber eben ein reiner Film, ein auf Fiktion beruhendes Experiment in Sachen Erzähltechnik bleibt, berührt einen IRREVERSIBLE über seine Narration, über seinen Stil direkt und aufs tiefste - wie eine Dokumentation, die ein enger Freund über gemeinsame enge Freunde gedreht hat; mit Figuren und Situationen, die einem so nahe gehen, als handelte es sich um Geschehnisse aus dem realen Leben, vor deren Bedeutung man sich kaum verschließen kann. IRREVERSIBLE hat eine unmittelbare Macht und Gewalt, die einen trifft und - wie schon mehrfach erwähnt - ohne weiteres dazu führen kann, daß es einem physisch schlecht geht. Egal, wie "abgebrüht" man ist. Denn das hier wirkt unglaublich real. Der Film läuft KONSEQUENT rückwärts. Was heißt, daß er mit den Credits anfängt. Sehr schöne Idee :o) Darauf folgt eine Sequenz, in der sich zwei ältere, eher unangenehme Typen darüber unterhalten, welchen Einfluß die Vergangenheit auf das heutige Leben haben kann. Egal, wie sehr man etwas bereut, man kann es nicht mehr ungeschehen machen; und man muß mit den Konsequenzen leben. Im Nachhinein wünscht man sich, man hätte hier noch viel genauer zugehört, denn wahrscheinlich wird genau hier eine Meta-Ebene für den Film geschaffen (ähnlich des Prologs in Goethes "Faust"). Aber auch, wenn man das tut, bezweifle ich, daß man die Bedeutung ihres Dialoges voll erfassen kann, ohne den Rest des Films zu kennen. Am Ende ihrer Unterhaltung wundern sie sich über den Lärm, der von unten kommt, und wir fahren mit der Kamera zur Quelle desselben: zum Schwulen-Club "Rectum", wo gerade zwei Männer verhaftet werden. Und erleben (mehr als nur "sehen") im folgenden, was zu ihrer Verhaftung geführt hat, was überhaupt vorgefallen ist, WIE es vorgefallen ist, und - dem Hype entgegengesetzt - vor allem und ausführlich, was den Vorfällen vorausgegangen ist. Enthalten sind die berüchtigten Mord- und Vergewaltigungsszenen. Die aber, abgesehen von ihrer brutalen, den Zuschauer fast danebenstehen-lassenden Inszenierung, gerade daduch so wirksam werden, daß sie im Verlauf des Films (und danach) noch viel mehr Grausamkeit entfalten als die, die wir unmittelbar erleben. Denn in den Taten sind so viele schlimme kleine Details enthalten (bzw. werden durch sie bewirkt), die wir gar nicht erahnen können, als wir sie erleben... und die erst dadurch bewußt werden, daß sie "vorher", im Film also später, in einem ganz anderen Zusammenhang eine Rolle spielen. In der ganzen ruhigen, harmonischen, scheinbar untrübbar schönen Vorgeschichte. Das Thema des Films ist Zeit, und was sie zerstören kann. Das glaube ich zumindest JETZT. Der Film bietet aber auch eine Menge Hinweise, um ihn ganz anders zu deuten (Schlüsselwörter: Träume, Buch). Hört sich nach einer schlichten Moral an: was in einem Moment noch perfekt und wunderschön erscheint, kann im nächsten Moment, aufgrund dummer Zufälle, schon kaputt sein und nur noch Schmerzen bedeuten. Also: Make every Minute count... you will never be able to re-live it. Aber ob nun hinter der Story mehr steckt oder nicht: IRREVERSIBLE ist einer der wenigen Filme, die tatsächlich vorrangig durch die Art ihrer Inszenierung leben und gelingen. Zum einen sind da die oben genannten Details, die die Brutalität des Geschehens unendlich erhöhen. Und die einem einfach nicht aufgefallen wären, wenn sich der Film einer konventionellen, chronologischen Erzählweise bedient hätte. Zum anderen ist da die unglaubliche Nähe der Narration zu ihren Figuren. Wir fahren in der U-Bahn mit, wir sind Gäste der Party, wir begleiten die Protagonisten in den Schwulen-Club. Und zum letzten ist da die Kamera-Arbeit. Zwar bin ich der Meinung, daß hier doch ein wenig zuviel des Guten getan wurde (und deshalb gibt es auch einen Punktabzug). Zwar ist das alles tatsächlich ungesehen, zwar zieht es einen wirklich in den Film rein, zwar hilft es, die Verwirrung der Charaktere nachzuvollziehen, wenn am Anfang des Films die Kamera wie eine besoffene Giraffe haltlos durch die Gegend torkelt und ungebremste Kreise zieht. Aber da sie das auch in Sequenzen tut, in denen es keinerlei story-technische Begründung dafür gibt (z.B. in der Eröffnungssequenz), wirkt es ab und zu eher show-off-mäßig. Gewollt "anders", anstrengend und künstlerisch. Und, wie gesagt, über die Gesamtaussage muß ich wohl noch ein Weilchen nachdenken. Aber unabhängig davon ist IRREVERSIBLE wahrscheinlich der beeindruckendste Film dieses Jahres. Jeder, dem es beim FFF auch und gerade darum geht, etwas neues und einzigartiges zu sehen, darf diesen Film nicht verpassen. Er sollte allerdings einen sehr starken Magen mitbringen. Und ausreichend Zeit zum Nachdenken. | |
D.S. sah diesen Film im Turm-Palast, Frankfurt | 13.08.2002, 06:11 |
Überraschend gutvon funky_mariechen | Permalink |
Vorweg: ich kann absolut nicht verstehen, wie man diesen Film nur auf diese Feuerlöscherszene und die Vergewaltigung reduzieren kann!! Ich hatte von dem Film bisher nur gehört, dass es eine krasse Vergewaltigung und eine üble "Orgie" mit einem Feuerlöscher gibt. Für mich war das eigentlich schon ein Grund, den Film nicht anzusehen, da ich mit solchen Terrorfolterfilmchen (gerade aus Frankreich) eigentlich nix anfangen kann. Ich habe ihn nun doch gesehen und denke, dass man dem Film einfach unrecht tut, ihn nur auf diese beiden Szenen zu reduzieren! Der Film ist wirklich sehr intensiv und die Art der Erzählung trotz Filmen wie "Memento" immer noch interessant! Dem Film kommt es in der zweiten Hälfte sicherlich zugute, dass Cassel und Belucci im realen Leben ein Paar sind. Das ist so real "gespielt"! Grandios! Den Soundtrack fand ich ziemlich gut und passend und "Spinal Scratch" ist mal der Partytrack schlechthin. Sicherlich kann man die Story kritisieren und anprangern, dass der Film chronologisch richtig erzählt nicht halb so gut im Gedächtnis bleiben würde. Aber ich für mich fand das so passend und würde den Film eher als ein Kunstwerk betrachten dem es darum geht, eine Stimmung zu erzeugen bzw. einzufangen und nicht nur darum, eine Geschichte zu erzählen (denn die wäre nun wirklich sehr schnell erzählt). Ich habe einen wesentlich schlechteren, nur aufgrund der Gewalt gehypten Film erwartet und war wirklich positiv überrascht! | |
funky_mariechen | 15.09.2008, 10:02 |
Pessimismus purvon kinokoller | Permalink |
Wie schon bei anderen Filmen dieser heftigeren Kategorie braucht es einige Zeit, um ihn sacken zu lassen... Ob dies an der Provokation, an den ins Gedächtnis gebrannten skandalträchtigen Szenen (Feuerlöscher und Unterführung), an der exzellenten Kameraarbeit oder am narrativen Rückwärtsgang liegt? Ein bisschen wohl von allem. Das abschließende "Zeit zerstört alles" hat auch mir den Rest gegeben. Selten fühlte ich mich nach einem Film so dermaßen entsetzt, bedrückt, frustriert und alleine zurück gelassen. Gaspar Noé scheint, wie bereits beim gleichfalls verstörenden "Menschenfeind" und dessen Vorgänger "Carne", ein Faible für schwerste gesellschaftliche Schwarzmalerei zu haben. Sein jüngstes Projekt "Enter the Void" wird vermutlich ähnlich gezeichnet sein. | |
kinokoller | 01.10.2008, 18:36 |
Und es hat Zoom gemacht!von Leimbacher-Mario | Permalink |
Atmen! Schock! Blinzeln! Firestarter! Ein Höllentrip! Drogenrausch! Ein Kunststück! Der braune Ton! Die freie Kamera! Ein Ausrufezeichen! Eine Einstiegsdroge! One Shot Holy Moly! Ein Magenumdreher! Ein fieser Faustschlag! Ein rachsüchtiges Brett! Atemlos durch die Nacht! Französisches Terrorkino! Ausgelassene Hilfeleistung! Rape&Not Really Revenge! Mehr als nur rohe Gewalt! Crashtest-Not-Dummie! Ein echter Gaspar Noe! Betörend verstörend! Arm- und Beinbruch! Das dreckige Milieu! Sprachloses Rohr! Kamera Infernale! Monica Bellucci! Ein wildes Biest! Ein hartes Teil! Ein Alptraum! Endpunkt! Schluck! Kotzen! Bam! Fazit: Einer der (in vielerlei Hinsicht) krassesten, härtesten und stylischsten Filme aller Zeiten. Rückwärts, rabenschwarz, rebellisch, restlos grandios. Unangenehm ohne Ende. Ein Meisterwerk. Selbst wenn man es (trotz anfänglicher Verwirrung) vielleicht nur einmal sehen will/muss. The One and Only. Schicksal der Schmerzen. | |
Leimbacher-Mario | 25.03.2021, 15:34 |
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Kommentar von Alan Smithee : |
Ich frage mich, wie man nur soviele Worte über diesen Film verlieren kann...
Würde man ihn richtigrum zeigen würde sich folgendes offenbaren: keine Handlung und keinerlei Aussage (Zeit zerstört alles? Man kann die Vergangenheit nicht ändern? Shit happens?Oder was? Pseudophilosophie vom Halbintellektuellen, der jeden Scheiss, der sich als Kunst verkauft, gut finden muss).
Die 2 vieldiskutierten Szenen sind in diesem Zusammenhaft dann einfach nur selbstzweckhaft, um die Tatsache, dass der Film ansonsten nicht viel zu bieten hat zu vertuschen.
Der am Anfang als Höllenszenario inszenierte Club "Rektum" dürfte auch nicht dazu beitragen, dass der Film bei Schwulen und Lesben Anklang findet...
Wegen der Anfangscredits und der teilweise originellen Kameraarbeit gibt´s noch:
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27.08.2002, 13:59 |
Weitere Informationen (externe Links): | |||||||||||||||||||||||||
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