crazy

June and John

Stresstestdummy

von Leimbacher-Mario
Permalink
"June and John" folgt einem vom Leben gestressten jungen Mann, Single und Bürohengst in Los Angeles, der mit der Rebellin June eine nicht nur aufregende, sondern teils schlicht verrückt gewordene Frau trifft, die ihn mit auf einen bunten und hysterischen Roadtrip durch die Stadt der Reichen (und Obdachlosen) nimmt...

Außer Atem, aus dem Tritt, aus die Maus!

Gelaber über Delphine. Farben ohne Sinn. Bäume umarmen. Esoterisches Geschwafel. Weder Parodie noch ernst zu nehmen. Hauptfiguren unsympathischer als die Drehbuchfeuerwehr erlauben sollte. Beiläufiger Sex ohne Leidenschaft. Style über Substanz. Allzu viel Style jetzt aber auch nicht. Steife Darsteller. Ein Protagonist wie ein leeres Blatt. Los Angeles in seinem schlechtesten Licht. Es geht nicht voran, es gibt keinen Schritt beiseite, es geht nicht ab, es geht nicht zurück. Es geht nix. Weder Hollywood noch Europa. Weder Fisch noch Fleisch. Surrealismus done Käse. Von nichts zu viel, von allem zu wenig. Weder "Lucy" noch "Anna". Erst recht nicht Bessons ältere Sachen. Und bitte nicht in einem Atemzug mit Godard, Arthur Penn und Co. nennen. Luc Besson ist einfach nicht mehr der Alte. Und auch nicht mehr wirklich kinetisch und actionreich, was ihn immerhin vor Kurzem noch gelang. Ja, "June and John" ist schlecht. Ziemlich schlecht. Nein, sehr schlecht. Und nervtötend obendrauf. Völliger Fehlschuss, der bei mir gar nicht funktioniert hat. Für mich Bessons bisher schwächste Arbeit. Ein paar coole Songs hin, ein paar Stilpunkte her. Nicht feministisch, nicht fröhlich, nicht flott, nicht formvollendet. Das war ein Satz mit X... Selten wirkte "Energie" auf mich lustloser. Wohl als Zelebrierung des Lebens und der Liebe und der Möglichkeiten und des Kinos (!) gedacht. Als Dolchstoß für die Kunstform vollendet.

L.A. und andere Arschlöcher

Fazit: Bunt, laut, nervig ... dieses Pärchen geht einem in Rekordzeit auf die Eier, die Eierstöcke und die Nerven! Eine weitere Zumutung von Besson.
Leimbacher-Mario

29.04.2025, 15:42


I am Jack‘s complete lack of ideas

von Herr_Kees
Permalink
Johns Leben läuft ins Nirgendwo, sein Privatleben ist quasi nicht existent und seine Bürosituation sieht aus wie eine extrem langweilige Folge von „The Office“. (Apropos: Dass sich Besson hier zu Beginn über einen Kurs zum Thema sexuelle Belästigung lustig macht, zeugt angesichts der mehrfachen – wenn auch juristisch abgeschmetterten – Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn von einer seltsamen Art von Humor.)

Johns Leben ändert sich schlagartig, als er June kennenlernt, den Prototypen des Manic Pixie Dream Girls, den sich ja offenbar viele Männer herbeisehnen, um sie aus ihrem öden Alltag zu entführen. Und natürlich ist June auch eine „10“ auf der Hot/Crazy-Skala (TM Barney Stinson). Und so bekommt John nicht nur eine neue Freundin, sondern auch gleich einen radikalen „Lifecoach“ an seine Seite. Ob Luc Besson bewusst ein verkapptes Remake von FIGHT CLUB anstrebte oder die Parallelen sich „rein zufällig“ ergaben, ist unklar.

Klar ist: Noch nie sah ein Luc Besson-Film so billig aus und noch nie war ein Luc Besson-Film so langweilig und unspektakulär. Selbst seine schlechteren Filme hatten immer noch vereinzelte gute Einfälle. Dieser Film hat nun so gar keinen Esprit, keine neuen Ideen und nicht mal sehenswerte Visuals. Stünde Bessons Name nicht im Vorspann, man würde dieses Werk für einen Amateurfilm halten, der im Normalfall in der untersten Schublade eines Streamingkanals vergraben wäre.

JUNE & JOHN wurde während der Pandemie mit dem Handy gedreht und genau so kommt er auch daher: June und John backen Kuchen, vögeln, umarmen Bäume und werfen mit pathetischen Delfinmetaphern um sich. Dass sie nebenher auch noch von der Polizei verfolgt werden, schert den Film die meiste Zeit nicht wirklich und wird erst am Ende wieder relevant.

Statt seiner „Story“ wenigstens einen satten Schluss zu verpassen, rettet sich Besson hier in seine beliebte „Love conquers all“-Fantasie, schließlich channelt Matilda Price ja ohnehin schon die ganze Zeit Milla Jovovichs Leeloo aus THE FIFTH ELEMENT. An diese Hoch-Zeit des Regisseurs erinnert hier jedoch ansonsten nichts mehr.
Herr_Kees
sah diesen Film im EM, Stuttgart

10.05.2025, 18:40


Der feuchte Traum eines alten weißen Mannes

von D.S.
Permalink
Gestatten? John. Das labbrige Toastbrot aller labbrigen Toastbrote, die Langeweile in Person, ein ambitionsloser Buchhalter einer Mittelklassebank, der verklemmte Halbneffe von Adam Sandler. Gar keine Frage, dass eine hübsche wilde junge Frau sich sofort in einen wie ihn verliebt, wenn sie ihn nur durchs Fenster der U-Bahn erblickt. Denn er hat ja bestimmt eine traumhaft schöne Seele, die sich nur trauen muss, ans Licht zu kommen … und auf einen wie ihn hat eine jede Frau letztendlich natürlich nur gewartet (da sie ganz offensichtlich keinerlei Selbstwertgefühl hat).

Nee, ist klar. Ich will Luc Besson nicht unterstellen, dass er das mit Absicht tut, aber sein JUNE AND JOHN bedient das Incel-Narrativ des von der Frauenwelt ungerechtfertigterweise immer übersehenen, eigentlich doch aber total tollen Typen bis ins Detail. Ein Typ, den ein massiv naives, geistig mehr oder weniger ein Kind gebliebenes Mädchen nur endlich mal entdecken muss, damit er ihr beweisen kann, was für ein wahrer Hengst er doch ist. Dass die Figur der June hier die vordergründig aktivere, dominantere, selbstbewusstere ist, ist kein Widerspruch: sehen sich doch die meisten Incels selbst als „Frauenfreunde“ und -bewunderer, die „das Weibliche“ vergöttern und sich ihm gern unterordnen – so lange es halt genau sie als ihren Helden auserwählt. Wichtigste Voraussetzung: immer sexy, immer doof, immer auf ihren Master-Mann fixiert sein. So wie June hier, in diesem studentenfilmartigen Erguss des aktuell mal wieder mit (Kindes-) Missbrauchsvorwürfen konfrontierten ehemaligen Starregisseurs Besson. Dass deren Darstellerin Matilda Price im Filmverlauf, anders als ihr Partner Luke Stanton Eddie (THE ALTO KNIGHTS), mehrfach nackt zu sehen ist, ist bestimmt nur ein Zufall.

Sieht man von der fragwürdigen Figurenzeichnung sowie der grundlegenden Handlungskonstellation einmal ab, bleiben dennoch zahlreiche Kritikpunkte, die man genüsslich zerpflücken kann. Oder über die man sich ärgern kann, wenn man Geld für die Sichtung des Films ausgegeben hat. Da wäre zuvorderst die mangelnde Originalität der Story: Offensichtlich fühlt man sich bei dieser Möchtegern-Amour-Fou-Erzählung natürlich an Werke wie BONNIE AND CLYDE und THELMA & LUISE erinnert, wobei die Eröffnung der Handlung (braver Mittelstandstyp wird nach Feierabend mit der Schattenseite seiner Stadt konfrontiert) auch Scorseses grandiosem AFTER HOURS Reverenz erweist. Wenn man genauer hinsieht – und die nicht allzu populäre Vorlage kennt –, erscheint JUNE AND JOHN aber tatsächlich vor allem als nahezu 1:1-Kopie des Pulp-Films MAD LOVE von 1995, mit Drew Barrymore und Chris O‘Donnell. Der größte Unterschied: dessen Protagonist*innen haben eine enorme Chemie untereinander. Man nimmt ihnen sofort und jederzeit ab, dass sie füreinander brennen. Und bereit sind, selbst das Abseitigste für den/die andere/n zu tun. Bei JUNE AND JOHN hingegen … nun ja. So unwahrscheinlich es scheint, dass diese beiden so unterschiedlichen Charaktere zusammenfinden, so distanziert voneinander wirken sie über den gesamten Film hinweg. Für ihre Sexszenen gibt es nur ein Wort: Cringe. Genau wie für das Konzept eines „Manic Pixie Dream Girl“-Movies im Jahre 2025 als solches.

Über all diese Schwächen kann leider auch die Umsetzung nicht hinwegtäuschen, im Gegenteil. Der Streifen wurde wohl zum größten Teil, so liest man, während der Corona-Lockdowns mit iPhones gefilmt, zudem kamen aber ebenfalls Drohnen zum Einsatz, in mindestens einer Szene zusätzlich eine „reguläre“ Kamera. Wie dem auch sei: Die Bilder wirken flach und unnatürlich bunt, die Kontraste sind viel zu stark, die abgefilmten Locations in vielen Fällen einfach nur schäbig. Ich schrieb oben vom „Studentenfilm“. Rein technisch erscheint JUNE AND JOHN absolut als solcher.

Aber hey, vielleicht bin ich ja auch einfach nur ein zynisches altes Arschloch? Das die Magie junger, freier Liebe nicht mehr erkennen kann und sie kleinreden will? Könnte sein. Falls sich junge, freie Liebe in Dialogen mit der Kalenderspruchqualität von „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!“ erschöpft. Was weiß ich schon. Nur, dass JUNE AND JOHN sich wie eine erbärmliche filmische Beleidigung anfühlt. Knappe 3 von 10 Punkten.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

15.05.2025, 00:35




Alle Bewertungen im Überblick:
Leimbacher-Mario
Review zeigen
lazy_beanies
Herr_Kees
Review zeigen
Yavannah
cthulhu314
Giallorossa
MrRossi
Mercy-Sky
Hondo
Acrylamid
alex_wintermute
TokTokTok
Necromant777
Wishbringer
o fb
D.S.
Review zeigen
Torsten Ketelsen

Weitere Informationen (externe Links):
Unterstütze f3a.net durch eine(n) Leihe/Kauf bei unseren Partnern. #VerdientProvisionen