Satanic Panic, live und in Farbevon D.S. | Permalink |
Die australischen Brüder Cameron und Colin Cairnes sorgten – nach ihrem mäßig gelungenen 100 BLOODY ACRES von 2012 – bereits 2016 für Furore, als sie mit SCARE CAMPAIGN eine schwarzhumorige, twistgefüllte Slasher-Variante der „Versteckten Kamera“ auf das Publikum losließen. Auch ihr neuer Film widmet sich einem TV-Phänomen, betritt dabei jedoch dezidiert übernatürliche Gefilde – und wartet mit echter Star-Power auf: David Dastmalchian (OPPENHEIMER, den meisten aber vielleicht präsenter als bizarrer „Polka-Dot Man“ in James Gunns THE SUICIDE SQUAD) brilliert als charismatischer Talkshow-Host Jack Delroy, der am 31.10.1977 das leibhaftige Böse live in die Wohnzimmer der Nation bringt. Nachdem Delroy Anfang des Jahrzehnts einen kometenhaften Aufstieg hingelegt hatte, ist seine Karriere ins Stocken geraten. In der Publikumsgunst kommt er einfach nicht an Johnny Carson vorbei, zudem hat der frühe Krebstod seiner Frau Spuren hinterlassen und ihn zu einer zwischenzeitlichen Auszeit getrieben. Seit seiner Rückkehr auf die Bühne legt er es auf immer kontroversere Gäste und skandalösere TV-Momente an – seine Halloween-Show soll einen neuen Spektakel-Höhepunkt setzen, weshalb er nicht nur ein vorgebliches Medium und einen streitbaren Skeptiker eingeladen hat, sondern auch eine Therapeutin mit ihrer jungen Patientin: einer 13-Jährigen, die in einer satanistischen Sekte aufgewachsen ist und seitdem, so die „Satanic Panic“-trächtige Behauptung, von einem Höllenfürsten besessen ist. Dessen Existenz soll nun erwiesen werden – was nicht nur für das Studiopublikum in einem Höllenritt endet. LATE NIGHT WITH THE DEVIL präsentiert sich als Aufzeichnung der entsprechenden Live-Übertragung, die jahrzehntelang unter Verschluss war und um Behind-the-Scenes-Aufnahmen ergänzt wurde. Vor diesem Set-up ist der Film nicht ganz frei von logischen Fragwürdigkeiten, so werfen einige Einstellungen beim Betrachter die Frage auf, wie diese und jene Aufnahmen denn wohl entstanden sein sollen, wer sie gefilmt haben soll. Aber das spielt keine große Rolle: zu authentisch wirkt die 70er-Inszenierung, zu haarsträubend sind die Geschehnisse, deren Zeuge wir hier werden. In der internationalen Community ist der Film kürzlich in einen veritablen Shitstorm geraten, da seine Macher bekanntgegeben haben, dass er ein paar Bilder enthält, die per AI erzeugt wurden. Das ist natürlich ein Tabubruch und überschreitet eine gewisse rote Linie – dazu noch, von außen betrachtet, überflüssigerweise. Denn die entsprechenden Bilder hätte man ohne Weiteres auch von Menschen gestalten lassen können. Ob bzw. inwieweit man das Gesamtwerk deshalb verdammen will, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Blendet man das Thema aus, gibt es für mich zusammenfassend nur eine dicke Empfehlung abzugeben. Grandios gespielt, atemlos erzählt und in seiner Story absolut originell: LATE NIGHT WITH THE DEVIL ist einer der aufregendsten Filme des letzten Jahres, der noch dazu mit einigen wirklich verstörenden Szenen glänzt. In Sitges 2023 für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Knappe 8 von 10 Punkten. | |
D.S. | 18.04.2024, 10:40 |
Lights! Camera! Demon!von Herr_Kees | Permalink |
Late-Night-Moderator Jack Delroy ist mit seiner „Night Owls“-Show immer ewiger Zweiter hinter Johnny Carson. Eine große Comeback-Sendung an Halloween soll das ändern – oder zumindest die Absetzung verhindern. Mit einem Medium, einem ehemaligen Magier und einem besessenen Mädchen müssten die Einschaltquoten doch wieder die Erfolgskurve nehmen. Doch während der Show wird klar, dass eine Absetzung nicht das Schlimmste ist, was dem „Night Owls“-Team passieren kann. LATE NIGHT WITH THE DEVIL hat sich über Festivalscreenings und sehr gute Bewertungen den Ruf eines echten Genrelieblings erarbeitet. Das ist zum Teil auch nachvollziehbar: Der Film schafft es technisch und kreativ hervorragend, seine fake Late-Night-Show zu etablieren, inklusive hektischer Backstage-Szenen in den Werbepausen. David Dastmalchian (der tragische „Polkadot Man“ aus THE SUICIDE SQUAD) ist hervorragend als leidgeprüfter Showmaster mit Hang zum Okkulten und Ingrid Torelli äußerst charismatisch als Lily/Abraxas. Die Schwachstelle des Films ist ausgerechnet sein Horrorpart: Zwar gibt es einige recht gut inszenierte Schockszenen, doch letztlich sind diese alle sehr erwartbar in die Handlung eingebettet. Sprich: Die Show läuft wie am Schnürchen, Überraschungen sind für Genrekenner rar gesät. Hier hat der britische „Vorgänger“ GHOSTWATCH von 1992 die Nase vorn. Zwar passierte dort – ganz authentisches britisches Fernsehen – viel weniger, aber wenn etwas passierte, sah man kaum etwas und das beschäftigte einen nachhaltig. Fazit: Sehr glaubhaft atmosphärische „Livesendung“, die leider zu wenig Überraschendes bietet und im Finale tricktechnisch zu sehr auf die Pauke haut, um wirklich unheimlich oder schockierend zu sein. | |
Herr_Kees sah diesen Film im EM, Stuttgart | 22.04.2024, 00:15 |
Der Teufel steckt im Detailvon Leimbacher-Mario | Permalink |
„Late Night With The Devil“ als Deutschlandpremiere auf den diesjährigen Fantasy Filmfest Nights. Über ein Late Night-TV-Halloween-Special in Echtzeit und den 70ern - zwischen Satanic Panic, Massenhypnosen und einem Host am Rande des Nervenzusammenbruchs… Werbepausen des Todes Was für eine charmant-geniale Idee! „Late Night With The Devil“ lebt genüsslich von seinem 70er-Fernsehflair. Außerdem von Dastmalchian, dem man endlich mal eine Hauptrolle unfassbar gönnt. Sogar komplett gegen den Strich der oft psychotischen, introvertierten Figuren, die er sonst spielt. Toll! Das TV-Feeling wird erstaunlich konsequent und detailverliebt eingefangen. Der Showdown liefert ab. Aber auch der Weg dorthin lohnt sich voller kleiner, minutiös geplanter Schocks, Finten und doppelter Böden. Allein die gut versteckten Geistererscheinungen schon während der gesamten Sendung im Hintergrund, in Spiegeln - klasse! Klischees dieser Zeit, von Exorzismus über okkulte Sekten bis zu Gedankenlesern, werden wunderbar und clever auf links gedreht. Dastmalchians Figur und ihre durchaus dramatische, ernster als angenommene Vorgeschichte, geben der artifiziellen Chose genug Unterbau und Menschlichkeit. Natürlich weiß man, wohin das Ganze ungefähr laufen wird und dass die Eskalation unvermeidbar ist. Doch erstens rockt das Finale dann auch und zweitens ist der verzwickte Weg dorthin einfach köstlich. Auf solche Ideen und Parodien muss man erstmal kommen. Ohne selbst zur Witzfigur zu werden! Der Zeitgeist und der Style, der Tempo und der Witz, die Darsteller und die Entladung - hier greifen die Rädchen eines sehr guten, einfallsreichen und sympathischen Genregems nahezu ideal ineinander. Campy, cheesy, brillant! Fazit: Wunderbar konsequentes und zum Teil geniales Pseudo-TV-Special mit viel Charme, Humor, Horror und 70er-Patina. Für Fans von TV Total bis Verhoeven, von „Ghostwatch“ bis Uri Geller, von „Faces of Death“ bis „V/H/S“. Dastmalchian ist klasse, trägt die Chose und es ist wunderbar ihn in einer untypischen, eher extrovertierten Hauptrolle zu sehen. Ein sofortiger Halloweenklassiker! | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 22.04.2024, 15:19 |
The David Letterman Witch Projectvon Alexander | Permalink |
Der von mir erwartete, ganz große Knaller, auf den ich wegen einer mehr als nur wohlwollenden Kritik und der Tatsache, das in Frankfurt nach wenigen Tagen bereits alle Plätze der Vorstellung ausverkauft waren, gehofft hatte, war das jetzt zwar nicht, aber die innovative Inszenierung machte Spaß, der Rahmen einer in den 70er Jahren angesiedelten „Late Night TV-Show“ ist originell und mal etwas Neues. Diverse, von Showmaster Jack Delroy geladene Gäste der Late-Night-Show „Night Owls“, dürfen sich mehr oder weniger unterhaltsam, ihren Selbstdarstellungen hingeben, im Zuge derer sehr publikumswirksam, verschiedene paranormale Ereignisse hinterfragt und halt bewiesen oder widerlegt werden sollen. Denn Gastgeber Jack Delroy erhofft sich von diesem am Halloweenabend inszenierten Themengrusler, dass die Show ihm seinen Hintern retten möge, sind die Einschaltquoten doch seit langem dabei zu sinken. Als Zuschauer sehen wir die Aufzeichnung und die unerwarteten Ereignisse des Abends. Natürlich ist „found footage horror“ eigentlich ein genauso tot gerittener Gaul, wie es auch von Dämonen besessene Menschen sind, und „Late Night with the Devil“ hätte, etwas gekürzt, durchaus auch aus dem Programm der V/H/S – Reihe stammen können. Doch der Film wurde in einem nahezu minimalistischen Bühnen-Setting wirklich cool umgesetzt, und fängt auch das Lokalkolorit der 70er Jahre sehr gut ein. Dies alles ist mit dem ein oder anderen Gag und gruseligen kleinen Momenten gewürzt, braucht jedoch seine Zeit, um ein gewisses Spannungs-Momentum zu entwickeln. Irgendwann erhält der Film dann aber einen recht garstigen Ton und unerwarteten Twist. Nicht nur die Zuschauer im Saal fühlen sich in ihrer Haut auf einmal recht unwohl. Die Geschehnisse drohen schließlich aus dem Ruder zu laufen, und die zuvor mehr an Harald Schmidt, als an den Teufel erinnernde, spaßige Grundstimmung, bekommt ganz plötzlich einen Schubs in eine neue Richtung. Aber was tut man nicht alles für die Quote! Wer den Film verpasst hat, sollte ihn sich am besten an Halloween ansehen. „Late Night with the Devil“ dürfte in Zukunft bei vielen Horrorfans am 31. Oktober gesetzt sein. | |
Alexander sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 29.04.2024, 08:51 |
Harald Schmidt Exorzismusvon lexx | Permalink |
Zum Glück hatte ich mich zu dem Film vorher überhaupt nicht informiert, so saß ich Kino und wusste absolut nicht, was auf mich zukommt. Irgendwas mit Devil, so weit so gut. Dass mich ein derart kreativer Schinken erwarten würde, hätte ich kaum für mich möglich gehalten. Erstaunlich, wie authentisch das 70er Jahre Late Night Feeling auf die Leinwand gebannt wurde, hier waren echte Liebhaber am Werk. Interessant und kurzweilig ist der Film zudem von Anfang bis Ende, bleibt nur leider etwas vorhersehbar und die Geschichte mit der verstorbenen Ehefrau, fand ich auch etwas konstruiert. Insbesondere weil dem Filmteam nach dem „netten“ Showdown wohl nicht mehr viel anderes eingefallen ist, um den Film sinnvoll abzuschließen. Wie auch immer, ein absolutes Kleinod, super kreativ, liebevoll umgesetzt und wäre quasi das perfekte FFF Centerpiece des Festivals. | |
lexx sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 29.04.2024, 11:01 |
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