Ich und mein Johannesvon Leimbacher-Mario | Permalink |
Vage in der Tradition von „Hagazussa“ und „The VVitch“ kommt dieses österreichische Folk-Drama mit minimalen Horrorvibes - man braucht also eine Menge Geduld, Bock sich fallen zu lassen und man darf nicht zu sehr auf eine „Geschichte“ zu hoffen. Wenn das nicht der Fall ist, werden das ohne Frage arg anstrengende 100 Minuten. Darsteller-Tour de Force. Atmosphäre zum Schneiden. Dennoch kann man das auch viel mehr auf den Punkt in einem 70-Minuten-Film bringen. Meine Meinung. Aber na ja… „Handlung“: Auf einer abgelegenen Alm lebt eine Mutter zusammen mit ihrem geistig behinderten Sohn in einer äußerst fragwürdigen und religiös vergifteten Beziehung - und es klopft dauernd die „Zivilisation“ an, etwa in Form von aggressiven Drohnen oder Skiliftplanern… „Luzifer“ ist schwere Kost und kein Film, den man gerne oder gar öfters sieht. Ehrlich gesagt, ist mir persönlich selbst dieses erste Mal zu viel des „Guten“. Aber hey, auch ein Fantasy Filmfest kann nicht nur Hits haben. Außerdem bin ich sicher, dass dieses harte Alpendrama schon seine Anhänger finden wird. Allein, wie sich Rogowski und Jensen reinhängen, ist den Eintritt wert. Absolut mutig und aufopferungsvoll, intensiv und verrückt gut. Dazu einige famose Shots der Bergwelt, eine eindringliche Tonkulisse, einige interessante Aussagen zum Thema „Religion/moderne Welt/Technik“. Sogar eine Art Alki- trifft Exorzismusdrama wird’s im Verlauf. Allerdings klingt das dann doch noch zu positiv für meinen Geschmack. Denn „Luzifer“ hat es mir echt nicht angetan und eher heftig schwer gemacht. Das muss man wie gesagt nicht auf hundert Minuten aufblasen. Die sich anfühlen wie zweieinhalb Stunden. Das reicht in meinem Kopf eher für einen Kurzfilm. Dazu werden etliche Komponenten und Elemente bis zum Erbrechen wiederholt und ein echter Erzählfluss will sich nie auch nur ansatzweise einstellen. Die Figuren bleiben trotz all der Zeit vage und eher Metaphern. Dem ganzen Teil fehlt es an Spannung und Auflösung. Und ich werde ihn, glaube ich, viel schneller vergessen haben, als es alle Beteiligten verdient hätten… Wo ist der Teufel? Hier wohl nicht mal im Detail. Fazit: In der Not frisst der Teufel Fliegen… Ein filmisches Martyrium im vielfachen Sinne. Schauspielerisch, atmosphärisch und audiovisuell meist bockstark. Erzählerisch und filmisch massiv anstrengend. Leidensfähigkeit ist hier ein Muss. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 02.04.2022, 01:59 |
Mama. Papa. Aua.von D.S. | Permalink |
Gäbe es das Wort „prätentiös“ nicht bereits, man müsste es für diesen Film erfinden: ein fast schon idealtypisches Beispiel für das gerade in deutschsprachigen Breitengraden oft anzutreffende Phänomen von Kunst, die von ihrer eigenen Wichtigkeit nur allzu überzeugt ist und ihre vermeintliche Relevanz, ihre sich selbst zugeschriebene intellektuelle Tiefe demonstrativ vor sich her trägt. Wozu braucht es auch Unterhaltung, wenn wir ebenso gut ein schweres, anstrengendes Werk auf die Leinwand bringen können, an dem niemand seine Freude haben wird? Wir sind doch schließlich Künstler. Ja, das sind die hier Verantwortlichen ohne Frage, und in rein filmischer Hinsicht merkt man das LUZIFER sehr positiv an – gerade die Bildgestaltung ist sensationell gelungen; Schönheit, Verlorenheit und auch Kargheit der Bergwelt werden in teils atemberaubenden Aufnahmen eingefangen; das Eindringen von Mensch und Technik in die erhabene Natur schneidend in Szene gesetzt. Während der Film in dieser Hinsicht zeitweise also durchaus ein Ereignis ist, erreicht er auf seiner Handlungsebene aber leider nicht viel, das nicht unglaublich anstrengend, nervenaufreibend, abstoßend wäre. Eine religiöse Fanatikerin und trockene Alkoholikerin lebt mit ihrem mental gehandicapten Riesenbaby-Sohn in einer entlegenen Berghütte und verbringt den Tag hauptsächlich damit, kaputt zu sein, an ihren verstorbenen Ehemann zu denken und vor allem zu beten. Als irgendwann die Zivilisation ihrem Refugium bedrohlich nahe kommt, sie zwecks Baus eines Skilifts skrupellos aus ihrer Hütte vertreiben will, kommt es zum Zusammenbruch ihrer fragilen Scheinsicherheit – und zu einem Drama, das keine Gewinner kennt… …am wenigsten unter den Zuschauern. Man braucht schon ein gewisses Maß an masochistischer Grundeinstellung, um das hier gezeigte Treiben genießen zu können. Hässliche Menschen tun Dinge, die man beileibe nicht sehen möchte – der Zweck bleibt häufig unklar, Spaß macht es nicht. Das hat mitunter aber auch glatt etwas von Freakshow und lässt mich die vorgeblich ehrenwerten Motive der Filmemacher ernsthaft hinterfragen. Hilft es der Handlung oder Aussage wirklich weiter, wenn ich zwischen die Beine einer alten, faltigen Frau blicken muss? Wenn ich einem geistig Zurückgebliebenen beim Masturbieren zusehen muss? Oder sind solche und zahlreiche artverwandten Szenen nicht eher nur Ausdruck des Anspruchs, hier nun aber wirklich mal etwas Ungemütliches und damit wohl automatisch „Wertvolles“, sprich: „Kunst“, zu erschaffen? Anders gesagt, ich habe den Eindruck gewonnen, dass den Verantwortlichen die Kritiker – die „seriösen“, wohlgemerkt – wichtiger waren als das Publikum, und damit ist man zumindest bei diesem Festival wohl eher fehl am Platz. Bereits der Videogruß des Regisseurs sprach für mich im Übrigen Bände. Etwas Unsympathischeres und von sich selbst Eingenommeneres habe ich lange nicht mehr gesehen. Ein „künstlerisch wertvoller“ Film, sicher. Insbesondere visuell oft beeindruckend. Aber keiner, der unterhalten kann – oder auch sonderlich viel zu sagen hat. Vielleicht bin ich einfach ein Banause, aber mehr als 3,5 Punkte gibt’s von mir nicht. Wo ist der Teufel? Mir herzlich egal. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 02.04.2022, 03:01 |
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