Zwiespältigvon Fex | Permalink |
Cop-Gangsterthriller, der furios anfängt mit einer Szene, die an die tolle Eingangssequenz von "A Bittersweet Life" erinnert. Er driftet dann aber über die ganze nächste Stunde in ein Homo- und Transsexuellendrama mit vielen Rückblenden ab, das zwar die Motivation erklären soll, aber doch so gar nicht recht mit dem Rest zusammenpassen will. Erst die letzte halbe Stunde gibt’s einen blutigen Showdown. Zwar gute Actionszenen aber insgesamt im wahrsten Sinne des Wortes sehr zwiespältig. | |
Fex sah diesen Film im Cinemaxx, Berlin | 03.09.2014, 00:36 |
It’s a Man’s Worldvon D.S. | Permalink |
Allemal ein spannender Versuch: Ausgerechnet das machomäßig aufgeladenste aller Filmgenres zur Bühne für die Thematisierung von (Trans-)Gender-Issues und sexueller Selbstbestimmung umzufunktionieren. Und man muss sagen, der Versuch ist zum größten Teil geglückt, wenn auch eine gewisse Langatmigkeit im Handlungsaufbau sowie ein recht unentschlossenes Ende dem Film ein Stück seiner Kraft nehmen - in jeder Hinsicht. Zunächst einmal legt MAN ON HIGH HEELS aber umso kraftvoller los: Eine Mafiagang beim fröhlichen Miteinander, der Chef berichtet von seiner ersten, demütigenden Konfrontation mit dem knallharten Cop Yoon - und da platzt er auch schon rein und räumt in einer atemlosen, atemberaubend inszenierten Fight-Sequenz mit gleich elf Gangstern auf einmal auf. Geradezu comicartig übersteigert wird uns Yoon als wahrer "Super-Mann" vorgestellt: Keiner prügelt schneller, keiner tritt härter, keiner ist cooler als unser narbenübersähter, buchstäblich kampfgestählter Über-Macho-Held. Bis zu einem gewissen Grad persifliert MAN ON HIGH HEELS durch sein ultimatives Übertreiben hier bereits das Actiongenre, seine Konventionen und die Reiz-Reaktions-Schemata seines Publikums. Im weiteren Verlauf des Films wird er die Regeln rigoros brechen - und damit garantiert den einen oder anderen eher konservativ veranlagten Prügelfilmfreund schwer vor den Kopf stoßen. Wie uns vermittelt wird, ist ebenjener ultra-maskulin inszenierte Yoon im falschen Körper zu Hause: Er fühlt sich als Frau; unterzieht sich schon seit langem Hormonbehandlungen und muss nur noch etwas mehr Geld auftreiben, um sich endlich die Umoperation leisten zu können. Yoon steht über nahezu die gesamte Laufzeit des Films fast im alleinigen Fokus - und das bedeutet tatsächlich, dass dieser sich in allererster Linie um sein Persönlichkeitsdrama dreht. Die dünne Rahmenhandlung um die Intrigenspiele des Bruders des erwähnten Mafiabosses sowie ein noch verknappterer Subplot um die Jagd nach einem - ausgerechnet - misogynen Sexualverbrecher sind letzten Endes ganz offensichtlich nicht viel mehr als Staffage für Yoons Auseinandersetzung mit sich selbst: dem, als was er sich fühlt und dem, als was man ihn sieht. Dabei geht MAN ON HIGH HEELS, zumal für einen derart "groß" und für ein Massenpublikum produzierten Film, erstaunlich ernsthaft und respektvoll mit dem Thema um. Der Veränderungswunsch von Yoon wird niemals ins Lächerliche gezogen oder die Hauptfigur als "Freak" dargestellt, vielmehr erleben wir sein Bedürfnis als das, was es ist: Normal, wenn auch nicht die Norm. Kudos für den Mut und die Sensibilität der Filmemacher - sowie ihre Cleverness, durch die Wahl eines Actionfilmrahmens einerseits den Kontrast zwischen Yoos innerer Verortung und den äußeren Zwängen aufs Ahnsehnlichste zugespitzt darzustellen sowie andererseits ein möglichst großes Publikum für ihre Thematik, ihre Botschaften zu erschließen. Jene Actionfilmebene nun funktioniert für meinen Geschmack allerdings nur teilweise. Zwar sind sämtliche Fights stylisch inszeniert und mit ein paar herben Gewaltspitzen garniert, zwar sind die Gangster routiniert skrupellos und menschenverachtend gezeichnet. Man hat das alles jedoch schon zahllose Male gesehen, etwas Neues gibt es hier nicht wirklich zu entdecken – und das Tempo der Darstellung der entsprechenden Handlungselemente ist nicht eben das höchste. Vielleicht ist der Versuch des Zusammenführens zwei so unterschiedlicher Inhaltsebenen da dann noch etwas an seine Grenzen geraten. Der komplexe Drama-Teil benötigt einiges an Zeit und Raum, und das wird ihm auch zugestanden; für den Action-Teil bleibt da trotz über zwei Stunden Filmlänge nicht genug übrig – und zwischendurch poltert der mühsam konstruierte Handlungsaufbau eher mal etwas unbeholfen zäh vor sich hin, Rückblicke in Yoons Kindheit und eine letztendlich überflüssige Beziehungsgeschichte zwischen Yoon und der weiblichen Hauptfigur inklusive. Das Ende will ich natürlich nicht spoilern, die Klarheit seiner vorherigen Positionierung verliert der Film hier jedoch allemal ein Stück weit. Insgesamt ist MAN ON HIGH HEELS unbedingt zu empfehlen, Asia-Bloodshed-Freunden so wie jedem, der offen für ein ungewöhnliches inhaltliches Experiment ist. Als bloßer Film betrachtet fehlt ihm aber einiges zur Spitzenklasse, mehr als 6 Punkte kann ich darum nicht vergeben. | |
D.S. sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt | 04.09.2014, 14:27 |
Ganz großes Kino... nicht nur wegen der Absätze!von Leimbacher-Mario | Permalink |
Was passiert, wenn man "Tootsie" und "Kung Fu Killer" püriert? "Man on High Heels" ist ein unnachahmlicher Eastern, der vor wenigen Jahren leider ziemlich untergegangen ist. Dabei ist er mutig, anders und speziell wie lange Nichts mehr aus den Ländern der untergehenden Sonne. Es geht um den härtesten Cop (oder freien Mitarbeiter) der Stadt. Nur trotz seiner physischen Stärke, seines legendären Rufs und seiner etlichen Bewunderer auf beiden Seiten des Gesetzes, kämpft er mit sich selbst... denn Ji-wook fühlt sich innerlich als Frau und plant seine Geschlechtsumwandlung schon lange! Kaum ein Genre ist noch immer so macho, männerdominiert und manchmal schon unfreiwillig komisch, wie der Eastern. Und gerade diesen Ansatz nimmt "Hai Hil" elegant und vortrefflich auf die Schippe. Nicht respektlos, witzig oder predigend, sondern ernsthaft, einfühlsam und (meist) positiv kitschig. So wird unser nahezu unkaputtbarer Held zu einer bizarren Mischung aus Terminator und Barbiepuppe, knallhart und zerbrechlich zugleich. Was sich bescheuert anhört, ist äußerst sehenswert umgesetzt. Ji-wook mit einem der größten Sexsymbole der asiatischen Filmwelt zu besetzen ist ein weiterer Coup und Seung-won Cha spielt den innerlich zerrissenen und leidenden Killer im falschen Körper mutig, hingebungsvoll und perfekt. Sowohl seine harte Schale wie seinen weichen Kern kauft man ihm ab. Die handvoll Actionszenen sind sehenswert, rot gefärbt und stylisch, doch das ist hier beileibe nicht der Fokus. Die recht austauschbare Mafiageschichte bekommt durch den Transgender-Kniff solch eine Tiefe, einen speziellen Beigeschmack und soziale, emotionale Würze, dass ich nur den Hut ziehen kann. Und wenn sich unser Protagonist dann im Finale als Ein-Mann-Armee-im-Rock (!) durch fiese Gegnermassen sticht, schlägt und blutet, dann muss man selbst als Vielgucker anerkennen, dass man so etwas schlicht noch nie gesehen hat. Das ist eine neue Dimension des Kämpfens, innerlich wie äußerlich. Nur mit den letzten Minuten kann ich weniger gut leben und wie so oft bei den Asiaten, lässt man das Ding zu lange auslaufen und verpasst den perfekten Absprungpunkt. Nichtsdestotrotz: ein besonderer, introvertierter Geschlechterkampf, den man sich nicht entgehen lassen sollte! Fazit: Dreht das hypermaskuline Eastern-Kino auf links. "The Raid" auf Absätzen. John Woo in modern. "Leon - Der Profi" mit weiblichem Touch. Einfach wunderbar! | |
Leimbacher-Mario | 15.09.2017, 14:18 |
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