Medusa Deluxe

Haarsprayophobie

von Leimbacher-Mario
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„Medusa Deluxe“ ist ein zeitweise stylischer One-Shot-Murder Mystery/-Whodunit bei einer exquisiten, lokalen Friseurmeisterschaft. Eine Skalpierung als Ausgangspunkt (nicht zu sehen!), viele weirde Figuren, keine sichtbaren Schnitte (leider in vielerlei Hinsicht), spleenige Verdächtige, guter Score, hypnotische Hairstyles und eine distinktive Optik. Nur leider liest sich das viel besser als es im Endeffekt ist und es passiert nahezu nichts Handfestes. Warten umsonst. Mittelfinger für die Geduld. Und irgendwann muss ein Film eben auch liefern. Selbst ein Dialogschwangerer. Das geschieht hier leider nicht. Nichtmal ein Coitus Interruptus. Vergeudete Zeit. Nur Stilkunde.

Hairman - Die behaarte Macht der Ahnungslosigkeit

Ich mag Filme, die mehr oder weniger in einer Nacht spielen. Ausgedehnte Kammerspiele. Murder Mysterys konnten mir selbst die schwachen Agatha Christie-Remakes nicht kaputt machen. Für trickreiche „One-Shots“ bin ich ebenfalls immer zu haben (s. „Victoria“). Und nischige Branchen als Schaltzentrale - wie hier Friseure und Stylisten - sind ebenfalls Pluspunkte, frisch und fröhlich. Doch all das kann „Medusa Deluxe“ nur auf der B-Seite ein wenig retten. Denn in den Hauptaspekten - Mord, Geschichte, Spannung, Figuren - bleibt er aber mal ganz entspannt auf der Strecke, ödet und biedert sehr schnell nur noch an. Da bringt ihm die technische Raffinesse nur noch sehr bedingt etwas. Dabei wäre definitiv ein sehr spezieller Giallo oder Whodunit drin gewesen. Aber es wird gefühlt nicht mal versucht zu befriedigen. Viel mehr landet man abseits von Gut, Böse und Kompetenz in Sachen Sparte, in der man sich gerade befindet. Enttäuschend und ziellos. Ohne Payoff. Ein tödlicher Undercut.

Fazit: Joe Spinells verquatschte Erben … Schräger Pony, dünnes Haar, fiese Extensions. Na ja bis noch weniger. Discoabspann, One-Shot-Art und audiovisuelle Aspekte retten minimal. Für ein „Gut“ reicht's dennoch bei Weitem nicht.
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

16.09.2022, 02:08


Einmal ohne Schneiden bitte

von Herr_Kees
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Im Jahr 2001 gab es mal die nette, harmlose britische Komödie BLOW DRY um einen Frisurenwettbewerb mit Alan Rickman. Wer seine Zeit sinnvoller investieren will, schaut sich besser den an. Oder wäscht sich mal wieder die Haare.

Der Debutfilm von Thomas Hardiman ist kein „Murder Mystery“ im eigentlichen Sinne, die wirkliche Aufklärung des Mordes scheint für die Beteiligten weniger wichtig, als die perfekt sitzende Frisur. Warum der Film im 4:3-Format und in einer einzigen Einstellung (mit einigen mehr oder weniger gut versteckten Schnitten) präsentiert wird, ist dann auch ein größeres Mysterium, als wer denn nun den Friseur skalpiert hat.

MEDUSA DELUXE fühlt sich an wie ein abgefilmtes Theaterstück, bei dem die Dialoge größtenteils improvisiert wurden – weshalb man den Film dringend mit einem optischen Gimmick aufpimpen musste. Der Vergleich ist natürlich unfair, aber man kommt nicht unhin, an den anderen Onetake-Film zu denken, der in einem Theater spielt, doch Alejandro G. Iñárritus BIRDMAN hatte eben auch eine tolle Story und Themen, die weit über Friseursmalltalk hinausgingen. Und er verband seine Geschichten und Charaktere mit seiner organisch schwebenden Kamera auf zwingende, fast hypnotische Weise.

Hier muss immer eine Figur den Raum verlassen, damit wir als Zusehende einen Locationwechsel vornehmen können, das wirkt höchst konstruiert und wir müssen minutenlang mit einzelnen Figuren durch Gänge laufen, begleitet von enervierenden Elektroniksounds.

Das Beste am Film ist die völlig unmotivierte Tanzeinlage des Ensembles vor dem Abspann.

MEDUSA läuft auf dem Filmfest übrigens im englischen Original mit englischen Untertiteln – nicht unbedingt erforderlich, aber ein netter Service.
Herr_Kees
sah diesen Film im EM, Stuttgart

16.09.2022, 14:10


Hairdresser on Fire

von D.S.
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Whodunit – and why would I care? MEDUSA DELUXE ist ein stilistisch ungewöhnliches und dadurch grundsätzlich nicht uninteressantes „Murder Mystery trifft permanent bewegte Kamera“-Experiment, das als gut kaschierter Pseudo-One-Shot umgesetzt wurde: Bei einem regionalen Friseurwettbewerb wurde ein allseits geschätzter Teilnehmer tot und skalpiert aufgefunden; sämtliche anderen Teilnehmer:innen werden zur Befragung durch die Polizei im Gebäude festgehalten und versuchen teils mehr, teils weniger motiviert herauszufinden, wer der Täter war – oder zumindest auf dem neuesten Stand in Sachen Gossip zu bleiben.

Wir folgen verschiedenen Protagonist:innen auf ihren Wegen durchs Gebäude und werden dabei Zeuge einer endlosen Zahl an Dialogen zwischen meist sehr exaltierten Persönlichkeiten, die zunächst durchaus amüsante Spitzen enthalten (etwa über die unfreiwillige Selbstflambierung eines ehemaligen Friseur-Azubis), bereits nach ca. 20 Minuten jedoch anfangen, mehr und mehr zu nerven. Haarschneider:innen haben den Ruf weg, viel zu tratschen, und MEDUSA tut nichts dafür, dieses Vorurteil zu entkräften.

Zwar berühren einige Unterhaltungen interessante Themen und auch der Auflösung des Kriminalfalls nähern wir uns Zug um Zug an, allerdings kostet das derart viel Zeit und spült so viele (für mich) gänzlich belanglose sonstige Inhalte an die Oberfläche, dass ich bald die Lust verloren habe, dranzubleiben. Und abgesehen von diesen Unterhaltungen bekommen wir tatsächlich fast gar nichts geboten.

Der Regisseur wirkte im anschließend gezeigten Interview sehr sympathisch, die Charaktere seines Films sind farbenfroh – wenn auch mitunter auf eine anstrengende Art –, die Kameraführung insgesamt gelungen. Fesseln dürfte MEDUSA wohl dennoch nur Menschen, die ein ausgeprägtes Interesse an nischigen Sozialstudien haben. Oder die Friseure sind. 4 Punkte von mir.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

23.09.2022, 01:58




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