Memoirs of a Murderer

Verwirrspiel mit zu wenig Punch

von D.S.
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Den koreanischen CONFESSION OF MURDER, der als Vorlage für MEMOIRS OF A MURDERER diente, habe ich bislang leider noch nicht gesehen, weshalb ich keine Vergleiche zwischen dem Original und seinem japanischen Remake ziehen kann. Für sich betrachtet, ist Letzteres jedoch ein zweischneidiges Schwert: hoch budgetiert und in technischer Hinsicht mehr als gelungen, in der Entfaltung seiner Story jedoch mit einigen Mängeln behaftet.

Zum Teil sind dies solche, die vielleicht nur einem westlichen Publikum als echte Mängel erscheinen werden: Der Film ist deutlich zu lang geraten, er hat im Mittelteil größere Pacing-Probleme, er gestaltet seinen dramatischen Höhepunkt nicht ausreichend als dramatischen Höhepunkt (sondern liefert die Auflösung des Mörder-Mysteriums eher wie nebenbei ab), er ist gespickt mit Dialogen, die maximal theatralisch und unrealistisch wirken.

Auf der anderen Seite ist da aber die Story selbst, die – zumindest in dieser Manifestation – so dermaßen konstruiert wirkt, so viele Unwahrscheinlichkeiten und "geschrieben" wirkende Entwicklungen vorrätig hält, dass es sehr schwerfällt, den Film ernst zu nehmen. Dass die beiden Hauptdarsteller Tatsuya Fujiwara und Hideaki Ito (hierzulande) vor allem aus Mangaverfilmungen bekannt sind (DEATH NOTE, LESSON OF THE EVIL), passt da irgendwie ganz gut: Nach Glaubwürdigkeit und Logik darf man auch bei MEMOIRS nur sehr schüchtern fragen. Und das hat zur Folge, dass einen das Rätselraten um die Identität des "Tokyo Stranglers" höchstens auf einer Beobachterebene packen kann, jedoch niemals emotional. Denn mit ihren unplausiblen Haken macht es einem die Story ziemlich unmöglich, sich in das Geschehen hineinzuversetzen und mitzufiebern.

Im letzten Drittel geht der Inszenierung schließlich auch noch etwas die Luft aus. Man weiß zu früh, wer der Killer wirklich ist, dem Finale fehlt es deshalb dann – trotz Action – an Punch. Ganz anders hingegen der Anfang des Films: MEMOIRS beginnt furios, mit einer exzellent geschnittenen Eröffnungsmontage, die uns die storyrelevanten Geschehnisse in den 22 Jahren vor Handlungsbeginn in kürzester Zeit kondensiert näherbringt. Schnitt und Kamera können auch in der Folge überzeugen, es gibt ein paar visuell beeindruckende Einstellungen zu sehen (etwa bei der Präsentation der Autobiografie des Killers), auch die Leistungen der Hauptdarsteller sind durchweg gelungen.

Wie viel man mit dem Film anfangen kann, hängt deshalb vor allem davon ab, inwieweit man die gnadenlos unglaubwürdige Haupthandlung tolerieren oder ignorieren kann. Zwar werden hier neben dem Kriminalfall auch noch ein paar andere Themen angeschnitten, etwa die Frage nach der Macht und Verantwortung von Medien bei der Verbreitung von "Wahrheiten" oder auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von klassischen, absterbenden Medien wie TV und immer bedeutsamer werdenden Social-Media-Plattformen. Nichts davon wird aber vertieft.

Ich persönlich kann dafür nur 5,5 Punkte vergeben. Von der Story-Exposition und dem gesamten ersten Drittel des Films, das sich vorrangig mit den 1995 begangenen Taten des "Tokyo Stranglers" beschäftigt, war ich durchaus fasziniert. Meine Begeisterung baute sich jedoch schnell immer weiter ab. Immerhin: Ich bin jetzt gespannt aufs Original.
D.S.
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt

24.09.2017, 03:11


Abgründig verwobener Japan-Thriller

von Alexander
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Als es auf dem Filmfest noch den "Focus Asia" gab, wurden wir regelmäßig mit japanischen oder koreanischen Perlen wie "Say Yes", "Old Boy" oder "A Bitter Sweet Life" beglückt, an die "Memoirs of a Murderer" zwar nicht ganz heranreicht, aber zumindest in Teilen die gleiche emotionale Gewalt und abgründige Tiefe auf dem großen Screen abzubilden vermag. Heute dominieren leider die mir vergrausten China-Blockbuster, die sich an ihren action-lastigen Vorbildern aus Hollywood orientieren. So war es mir eine Freude mit "Memoirs..." den wohl einzigen, wirklich cleveren Thriller aus Asien erleben zu dürfen, den das diesjährige Fest dem Asienfreund zu bescheren vermochte.

Der Film überzeugt mit einem cleveren Plot, subtilen Charakteren und einer durchwegs hochspannenden Story, die in der japanischen Originalversion sicherlich noch mehr zu überzeugen wusste, als in einer möglichen englischen Version. Dafür nehme ich die Untertitel doch immer wieder gerne in Kauf.

Wie bei japanischen Filmen nicht anders zu erwarten, nimmt sich auch "Memoirs..." reichlich Zeit seine Geschichte zu immer wieder neuen Höhepunkten und Wendungen zu führen, und schafft es sowohl Opfer als auch Täter extrem differenziert und mit einem Höchstmaß an Feinstofflichkeit zu beschreiben. Das macht es dem Zuschauer stellenweise nicht leicht, Sympathie oder Abneigung für Personen zu ergreifen, und der Film unterscheidet sich damit erfrischend von den oft üblichen, simplen schwarz/weiß-gut/böse Geschichten.

Den Thrillerfan erfreut es zudem, das hier einmal mehr Kino fürs Köpfchen gemacht wurde, das es dem Rätselfreund sogar erlaubt, anhand einiger, über die Story verteilten, Puzzleteile die kriminalistische Fährte aufzunehmen. Denn in dieser verschachtelten Geschichte ist vieles nicht so, wie es am Anfang scheint ...

Für den typischen, westlichen Kinogänger vielleicht zu lang und evtl. auch dramaturgisch übertrieben. Für Freunde japanischer Filme und dramatischer Thriller aber ein unbedingtes Muss. Ich war begeistert.
Alexander
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt

24.09.2017, 20:12


The Twisty Strangler

von Leimbacher-Mario
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Nicht nur die Amis können (oder versuchen zumindest) Remakes, die Japaner stehen da nicht gerne hinten an. In diesem Thrillerremake eines koreanischen Hits gesteht ein scheinbar fünffacher Mörder in seiner Biografie 22 Jahre nach seinen Taten alles, da er nun auf Grund von Verjährung nicht mehr von der Justiz belangt werden kann. Das entfacht natürlich Hype und Hass gleichermaßen und ein persönlich mehrfach betroffener Kommissar geht der mysteriösen Sache auf den Grund...

Zum Glück habe ich das Original noch nie gesehen, was sicher einigen Twists und Ideen den Wind aus den Segeln genommen hätte. Und davon hat dieses Mörderspiel unzählige. Stilistisch ist das Ding trotz langer Laufzeit ein Genuss & die Kritik an unserer Neugier auf das Böse und der Verherrlichung dessen sitzt. Ein experimenteller Soundtrack. Grieselige Rückblenden. Grausame Würger-Morde. Optische Kniffe en masse, dass man oft bedauert, die Untertitel lesen zu müssen. So viele Wendungen, dass sie fast übereinander stolpern. Thrillerunterhaltung für die ganze Familie. Bis auf die Kleinen. Eines der Highlights des diesjährigen Asia-Jahrgangs.

Fazit: Wendungsreich, spannend, emotional, sozialkritisch - ein Thriller, wie er sein soll & wie ihn momentan die Asiaten mit am besten können!
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

27.09.2017, 03:30




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