Nightmare Detectivevon Herr_Kees | Permalink |
Taxifahrer Choi leidet unter Schlaflosigkeit und hat Alpträume, sobald er am Steuer mal einnickt (was nicht selten vorkommt). Der äußerst hilfsbereite Neurologe Dr. Man kommt bei Chois Behandlung einem Trauma auf die Spur – und merkt bald, dass er selbst noch eins aufzulösen hat. Das Vanity-Projekt von Nick Cheung (Regie, Drehbuch, Hauptrolle) schreckt zunächst mit seiner 80er-Jahre Videoclip-Traumästhetik ab. Kein Mensch träumt in solch abgenutzten, übersättigten Visuals und es darf als mangelnder inszenatorischer Einfallsreichtum gewertet werden, Träume heutzutage noch auf diese Weise darzustellen. Abgesehen von diesen leider sehr häufigen und sehr ausgedehnten Traumsequenzen funktioniert der Film als Mysterythriller eine Zeitlang recht gut und hat auch ein paar überraschende Schocks parat. Im letzten Drittel löst sich das Mysterium jedoch leider in einem moralischen Rührstück auf und der Film fällt völlig auseinander. Fazit: Interessante Ansätze, aber eine visuell einfallslose Regie und ein plattes Drehbuch ergeben letztlich nur ein zähes Drama mit unbefriedigendem Ende. | |
Herr_Kees sah diesen Film im EM, Stuttgart | 12.09.2024, 23:43 |
Der Arzt, dem die Traumtänzer vertrauenvon Leimbacher-Mario | Permalink |
Ein begabter und eigensinniger Arzt bekommt einen neuen Patienten, einen abgehalfterten Taxifahrer mit den krassesten Schlafproblemen seitdem es die Börse gibt. Und schnell entspinnt sich ein traumwandlerisches und etwas wackeliges Bettgestell aus Schuld, Vergangenheitsbewältigung und Messiewohnungen… Nightmare on Broker Street „Peg O' My Heart“ ist eine passenderweise einschläfernde Alptraumkaskade. Die Träume und unterbewussten Ebenen sind bockstark, verstörend, betörend, böse. Das erinnert an beste J-Horror-Zeiten. Nur machen diese Powerpassagen eben nur einen Bruchteil des Films aus - der Rest ist für mich arg generisch und langweilig. Finanzkrisenkram, Karmaquatsch, der Stoff aus dem die Glückskeksträume sind. Klischeehaft und kaum relevant. Emotional auch nur Häppchenware. Da ersehnt man sich doch sehr schnell den nächsten Alptraum her - doch selbst diese Masche greift sich dann zunehmende ab. Zurück bleiben Pathos, Kitsch und diabolische Visionen. Ein paar miese kleine Jumpscares - erwischt, zugegeben! Aber ansonsten ein Auto im Leerlauf den Berg hinab. Schöne Aussichten auf die moralische Hölle. Inhaltlich erschreckend altbacken, audiovisuell und atmosphärisch erstaunlich toll altbacken. Nie mies, aber nicht der Geist, nach dem ich rief. Eine goldene Moraldusche Fazit: Krasse Stimmungen, Traumsequenzen und Atmosphäre helfen leider nur sehr bedingt über charakterliche, geschichtliche und zeitliche Klischees hinweg. Nicht übel, fühlt sich aber viel länger und zäher an als er sein sollte. Durchwachsen. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 19.09.2024, 19:04 |
In deinen Träumen hört dich niemand schreienvon Alexander | Permalink |
Ich sage es ja schon seit vielen Jahren: Die wunderbarsten Filmperlen werden auf dem „Fantasy Filmfest“ häufig auf den frühen Nachmittags-Programmplätzen versteckt. Meine Erwartungshaltung an diesen Hongkong-Film war eigentlich gering; umso größer die Überraschung, so ein intensives Filmerlebnis bereits um 16:00 Uhr in der Frankfurter „Harmonie“ präsentiert zu bekommen. Taxifahrer Choi San-Keung leidet unter schrecklichen Alpträumen, die von Regisseur Nick Cheung in surrealistischen und teils schockierenden Bildern, einem miesen LSD-Trip gleich, auf die Leinwand projiziert werden. Der Arzt und Psychologe Dr. Man möchte ihm helfen, und fördert im Zuge dieses grandios bebilderten Dramas, Schicht um Schicht der leidvollen Vergangenheit von Choi zu Tage. Dabei werden die unheilvollen Traumbilder geschickt mit den unbewältigten Erfahrungen der zwei Protagonisten verwoben, die beide von ihren ganz eigenen Dämonen gemartert werden... Einmal mehr wird die vibrierende Stadt Hongkong, in der ich selbst schon lebte und arbeitete, in teils wunderschönen, aber auch erschreckend düsteren Bildern abgebildet, dient hier als perfekte Kulisse für einen der abgründigsten Psychothriller, den ich in den letzten Jahren sehen durfte. Was beginnt wie ein in psychedelischen Traumsequenzen zu versinkender Mystery-Film mit teilweise derbe inszenierter Horror-Ästhetik, zu Anfangs aber auch mit dem ein oder anderen humorvollem Einsprengsel versehen, entwickelt sich im Zuge seiner Handlung zu einem düsteren und melancholischen Drama, das seine Geschichte in eine vollkommen unerwartete und absolut unvorhersehbare Richtung lenkt. Der aufmerksame und geduldige Zuschauer wird im letzten Drittel des Films mit schwer zu verdauenden Plot-Twists ebenso überrascht als auch gefordert, sowie mit beeindruckenden Bildern belohnt, die man nicht häufig im Hongkong-Kino erleben darf. Der titelgebende Broadway-Song „Peg O‘ My Heart“ von 1913 dient dabei als melancholische Untermalung für die Schicksale einiger Menschen, die irgendwann einmal falsch abgebogen sind, und mit den Dämonen der Vergangenheit einfach keinen Abschluss finden können. Der Film ist wahrscheinlich einer der für mich persönlichsten Beiträge auf dem FFF seit sehr langer Zeit und hat mich emotional voll erwischt. Auch deshalb gebe ich diesmal die Höchstpunktzahl bei der Bewertung. | |
Alexander sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 19.09.2024, 20:07 |
Dream a Little Dream of mevon D.S. | Permalink |
Visuell sehr interessant gestalteter, jedoch unnötig kompliziert erzählter Mystery-Thriller, der am Ende eine äußerst simpel gestrickte, gar biedere Story offenbart. Was schade ist, denn zunächst konnte er mich sehr wohl fesseln: Mit dem häufigen Wechsel von Erzählperspektiven und im Zentrum des Geschehens stehenden Protagonisten gelingt es ihm, Neugier zu wecken – und mit regelmäßig eingeschobenen, meist recht brachial daherkommenden Albtraumsequenzen sorgt er für ein fiebriges Erleben. Letztere sind größtenteils mit den Mitteln des Experimentalfilms umgesetzt, zum Teil allerdings eher mit solchen eines studentischen Experimentalfilms. Während die Geschichte auf diese Weise aufgebaut wird, als würde sie weiß Gott welche Offenbarungen und Enthüllungen bereithalten, entpuppen diese sich schließlich leider jedoch als recht banal und frühzeitig vorhersehbar. Mehr noch: In der ersten Hälfte des Films immer wieder angedeutete oder auch auserzählte Erinnerungen von sowohl unserer Hauptfigur, dem hilfsbereiten Psychiater Dr. Man, als auch von seinem Patienten, dem psychotischen Taxifahrer Choi San-keung (Regisseur Nick Cheung höchstselbst), werden im letzten Drittel noch einmal in epischer Breite als Rückblenden vorgeführt. Absolut überflüssig – genau wie das Cameo von Andy Lau, das keinerlei Relevanz für die Handlung hat. Sondern vermutlich schlicht für etwas Star-Power sorgen sollte. Am Ende ist es eine schon hunderttausendfach erzählte Geschichte um Schuld und Sühne, die uns hier kredenzt wird, alles andere als frei von Kitsch und schlichter Moral – und damit auch geplagt von einer inkonsistenten Tonalität. Bösartig könnte man fast meinen, die teilweise visuelle Wucht und die kompliziert gehaltene Erzählweise seien auch deshalb eingesetzt worden, um die Simplizität dieser Geschichte zu überdecken. Das Überdecken gelingt der Inszenierung bis zum letzten Drittel allerdings gut, die Handlung gestaltet sich zunächst spannend und stilvoll genug, um einigermaßen zu befriedigen. Zudem ist es schön, mal wieder einen Film aus Hong Kong zu sehen, der nicht auf die üblichen, klischeehaften Schmutz-und-Glamour-Bilder aus Kowloon und Hong Kong Island zurückgreift: stattdessen spielt die Geschichte größtenteils in deutlich seltener bespielten Gegenden wie Tuen Mun und dem North District. Trotz einiger Schwächen reicht es für mich deshalb noch für 6,5 von 10 Punkten. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 20.09.2024, 02:29 |
Jetzt anmelden oder registrieren um diesen Film zu bewerten
Weitere Informationen (externe Links): | |||||