I’ve got you over my skinvon Herr_Kees | Permalink |
Gestelzte Dialoge, unwirkliche Charaktere, futuristische Interieurs, Weichzeichnerlicht und Bilder wie in Farbbäder getaucht – REPLACE ist (bewusst) desorientierend, irritierend, irrational, traumhaft. So sind denn auch die blutigen Selfmade-Hauttransplantationen zu pulsierendem Elektrosoundtrack bzw. klassischer Musik eher ästhetisch als horrend (nichtsdestotrotz hatte ich während des Films das Bedürfnis, mir die Hände einzucremen). Hier mag Argento Pate gestanden haben. Hautärztin Dr. Crober trägt ihren Namen auch nicht rein zufällig: Der Body-Horror von REPLACE hat seine Wurzeln sowohl in Science als auch in Fiction und hat durchaus den Anspruch, eine schlüssige, interessante Geschichte zu erzählen. Leider ist den Machern dafür nur kein gutes Ende eingefallen. | |
Herr_Kees sah diesen Film im Metropol, Stuttgart | 16.09.2017, 07:49 |
Hau(p)tsache gesundvon Dr_Schaedel | Permalink |
Wir kommen, wie schon im Forum angedeutet, zum Münchner Heimspiel, mit anschließendem sehr sympathischen und informativem Q&A mit dem anwesenden Regisseur und dem Produzenten. Heimspiel, weil große Teile des Films in und um München gedreht wurden, obwohl der Film in Kanada spielt. Für eine Episode in einer Bar diente die Münchner „Registratur“. Ein altes Krankenhaus in Gauting musste dank seiner creepy Grundatmosphäre als Setting fürs Finale herhalten. Das sieht man dem Film aber nicht an. Er hat durchaus internationales Appeal, und auch das lächerliche Budget (genaue Zahlen sollen wohl nicht publiziert werden, aber - psst: weit unter 1 Million) schlägt sich nicht in billiger Optik nieder. Das liegt nicht zuletzt an der beachtlichen Arbeit von Kamera, Maske und Requisiteuren. REPLACE ist hübsch harter Sci-fi/Body-Horror, in dem es eine Menge Haut zu sehen gibt. Nicht nur als heiß begehrtes Ersatzteil für die eigene sieche Körperhülle, sondern auch in attraktiver, quicklebendiger, vor allem weiblicher Form. Manchen Feministinnen dürfte es die Zornesröte ins Gesicht treiben, wie die Macher die Geschichte nicht selten als Transportmittel benutzen, um ein paar Männerfantasien filmisch auszuleben. Aber gut, der Horrorfilm wandelt hier ja seit seiner Erfindung schon auf dünnem Eis bzw. ist schon zigmal darin eingebrochen, man wird es überleben. REPLACE folgt damit sicher berühmten Vorbildern, wie z. B. David Cronenberg, aus dessen Verehrung Regisseur Norbert Keil (VIERGETEILT IM MORGENGRAUEN) keinen Hehl macht. Auch, dass er sich Richard Stanley, Schöpfer des Cyberpunk-Tabernakels HARDWARE (dt. M.A.R.K. 13- HARDWARE) an Bord geholt hat, zeugt von seiner Liebe zu den Stilikonen des Horrorfilms des späten 20. Jahrhunderts. Das mutet durchaus sympathisch an und beschert uns ein Wiedersehen mit roten OP-Kitteln und auf Tische fixierten Frauen, Auge in Auge mit dem Mad Scientist (hier: Barbara Crampton aus RE-ANIMATOR und BEYOND THE GATES). Ein kurzweiliges, stylishes Ding also. Negativ fiel mir der sehr gleichgültige Umgang mit den Opfern der Attacken auf. Auch andere Leidensgenossinnen der Protagonistin sind nur dekoratives By-Product. Ob das einfach die Gleichgültigkeit der Macher mit den Nebenfiguren widerspiegelt oder ein Kunstgriff sein soll, weil hier Menschen eben stückchenweise abgeerntet werden wie das Basilikum auf dem Fensterbrett, ich weiß es nicht. Gefallen hat mir das nicht. Fazit: Geht nicht unter die Haut (haha), aber bietet gut konstruierte und bebilderte Horror-Action der alten Schule auf beachtlichem technischen Niveau. Das Genrekino aus deutschen Landen ist noch nicht verloren. | |
Dr_Schaedel sah diesen Film im Cinemaxx, München | 19.09.2017, 14:41 |
Beauty isn’t everythingvon Lovecraft | Permalink |
Kira leidet nicht nur unter Gedächtnisschwund, sondern vor allem unter massiven, sich rasend schnell ausbreitenden Hautproblemen. Als sie per Zufall mitbekommt, dass ihr Körper fremde Hautteile bestens annimmt, ist handfeste Selbsthilfe angesagt. Erstaunlich: Eine deutsch-kanadische Koproduktion, die (nicht nur optisch) richtig überzeugt. Gut, das Rad wird auch hier nicht neu erfunden, und die Vorbilder sind inhaltlich (Cronenberg, Rollins "La Nuit des Traquées") als auch stilistisch (Argento, Refn) klar zu benennen. Trotzdem folgt man der niedlichen Hauptdarstellerin gerne auf ihrem blutigen Weg in die Abgründe der Seele. Die Spannung wird durchweg hochgehalten und Langeweile kommt nicht auf. Auch der Gastauftritt von Genrelegende Barbara Crampton erfreut. Gerne mehr davon, das war eine ausgesprochen positive Überraschung. | |
Lovecraft sah diesen Film im Cinestar, Berlin | 20.09.2017, 10:23 |
Wer schön sein will, muss leiden lassenvon D.S. | Permalink |
Die junge Kira (Rebecca Forsythe, WE ARE YOUR FRIENDS) leidet an einer merkwürdigen Gedächtnisstörung – von einem Tag auf den nächsten kann sie sich an kaum Details erinnern, zudem tauchen immer wieder Bilder aus ihrer Vergangenheit wie kurze Fetzen vor ihren Augen auf. Noch viel dramatischer ist für sie aber ein körperliches Problem, das sie bald entdeckt: ihre Hautzellen altern rapide; beginnend mit einer kleinen trockenen Stelle an ihrer Hand dehnt sich die abgestorbene Haut rasant über immer größere Teile ihres Körpers aus. Ärzte können ihr nicht helfen. Aber durch Zufall entdeckt sie irgendwann eine ganz besondere Art von Kur... die blutige Konsequenzen hat. Von seiner Story her fand ich REPLACE – einmal abgesehen vom fantasielosen Ende – durchaus interessant, auch wenn das Geschehen sich zwischenzeitlich gehörig zieht und repetitiv wird. Spannender als die Geschichte um Kiras Kampf gegen ihre Hauptprobleme war für mich jedoch der Mystery-Aspekt um ihren Erinnerungsverlust, der leider schnell nicht mehr im Fokus der Handlung stand. Auch liefert der deutsch-kanadische Body-Horror manche harte oder leicht eklige Szene und kann in dieser Hinsicht packen. Als problematisch empfand ich jedoch die Vielzahl der stilistischen Mätzchen, an denen klar erkennbar wird, dass der Film mehr sein möchte als er ist. Ich glaube, "prätentiös" ist ein passender Begriff dafür. In seiner Story ist REPLACE ein B-Movie, in seinen Dialogen und den meisten Darstellern erst recht – aber er tut so, als wäre er ein Arthouse-Erlebnis auf der Stufe eines Refn, und dieser Gestus tut ihm nicht gut. Ein dunkler Raum mit langen Reihen symmetrisch angeordneter Neonröhren macht noch lange keinen NEON DEMON. Die Kameraarbeit immerhin kann über weite Strecken überzeugen; sie findet immer wieder interessante Perspektiven und komponiert teils beeindruckende Bilder. Manchmal aber dominiert dagegen plötzlich ein eher schäbiger Videolook, und es gibt reihenweise unnötige Unschärfen im Bild zu begutachten. Schlicht furchtbar hingegen ist die Beleuchtung. Diversen Szenen mangelt es an ausreichend Licht und sie versinken in grauer Suppe; in anderen Szenen ist ein Teil des Bildes förmlich überbelichtet, während ein anderer Teil viel zu dunkel bleibt; mehrfach ist vorgeblich natürliches Tageslicht eindeutig als künstliches zu erkennen. Noch bedenklicher waren für mich viele Darstellerleistungen. Während Miss Forsythe nett anzuschauen ist und zwar über nur mäßig viel Präsenz verfügt, aber zumindest nicht negativ auffällt, lässt sich das vor allem über Lucie Aron (KREUZWEG) leider nicht sagen, die Kiras Nachbarin und Love Interest Sophia mit grausamem Overacting spielt. Die klischeetriefenden, äußerst unechten Dialogtexte machen es ihnen aber auch nicht gerade leicht. Das fragwürdige Frauenbild dieses "Frauenfilms", in dem tatsächlich fast überhaupt keine männlichen Darsteller auftauchen, wäre vielleicht noch eine eigene Diskussion wert. Vielleicht aber auch nicht, denn um mehr als einen sich selbst viel zu wichtig nehmenden, nur in Teilen funktionierenden Hochglanz-Trashfilm handelt es sich hier nicht. 4 von 10 Punkten. | |
D.S. sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt | 22.09.2017, 06:00 |
Das geht nicht unter die Hautvon Giallorossa | Permalink |
Dass an dem Film Leute aus Deutschland beteiligt sind, sieht man dem Film nicht an. Das mit kräftigen Farbfiltern ausgestattete Bild passt zu der futuristischen Geschichte, jedoch ist das Dargebotene zu langweilig, um wirklich gut zu unterhalten. Die Auflösung habe ich schon von Anfang an vermutet, die Drehs, um an neue Haut zu kommen, waren leider nicht sehr originell. Die Nachbarin der Heldin ist in meinen Augen auch viel zu aufdringlich. Warum hat sie sich das Vertrauen der Heldin so schnell verdient? Insgesamt leider zu sehr konstruiert und zu viel Wert auf den Style des Films gelegt als die Geschichte besser aufzubauen. Daher nur ganz knapp über dem Durchschnitt. | |
Giallorossa | 25.09.2017, 01:12 |
Geh zum Hautartzt, Mädchen!von Leimbacher-Mario | Permalink |
In "Replace" kriegt eine attraktive junge Frau auf einmal sich ausbreitende Trockenheitsexzeme auf dem ganzen Körper - gut, dass neue, fremde Haut so leicht zu beschaffen ist. Wenn man zur Sorte Serienkillerin gehört... In dieser sexy Bodyhorrorvision, eine kanadisch-deutsche Koproduktion, geht definitiv Style over Substance. Aber aus seinen Möglichkeiten macht dieser kleine Exzess durchaus viel. Er sieht teurer und schöner aus, als er jedes Recht hätte. Die Effekte sind eklig genug. Barbara Crampton als verrückte Wissenschaftlerin ist ein Highlight. Die Mädels sind sexy und mutig. Und die Bilder und Sounds ergeben einen hypnotischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann oder will. Und trotzdem geht dem Bilderrausch irgendwann die Luft aus, er hetzt sich durch sein letztes Drittel und die Dialoge werden auch nicht schlauer mit Voranschreiten der Laufzeit... "Replace" ist kein Film, den ich ersetzen will. Dazu waren die Ansätze an allen Ecken und Enden zu fein, zu sehenswert, zu luxuriös trashig. Leider schreckt er dann aber doch vor wahrer Größe zurück. Die Auflösung bleibt halbgar und überhastet, der Stil ist begabt, aber doch arg abgeschaut. Letzteres hat mich hier aber wenig gestört. Nett anzusehen und zu entwirren ist das Ganze ohne Zweifel. Zudem eine schicke Kritik am Schönheits- und Jugendwahn. Weitere Pluspunkte sammelt Norbert Keils Ideensammelsurium mit einem klassisch-orchestralen Soundtrack, der wunderbar oldschool daherkommt und unsere sich häutende Protagonistin fast wie die Cousine der Kreatur aus dem Sumpf erscheinen lässt. Audiovisuell schießt man hier aus allen Rohren, was die zeitlich unklare Verortung und Verwirrung der Hauptfigur nur noch fühlbarer macht. Ein Trip-Tipp für uns Genrefreunde! Fazit: Ein Film wie Hornhaut am Finger. Kommt man mit klar, kann man mit leben. Refn küsst Cronenberg als hypnotisch-bemühte Low-Budget-Männerfantasie. Nur gegen Ende ging wohl die Inspiration aus. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 26.09.2017, 02:11 |
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