Angriff der Killer-Quadratevon D.S. | |
Für wen wurde dieser Film gedreht? Für die Freunde pubertärer Witze über nervtötende, senile Omas? Die würden sich hier zwar köstlich unterhalten fühlen, werden den Film aber kaum ansehen - schließlich ist er als SciFi-/Horror-Thriller positioniert. Für Gorehounds, denen wegen einiger Szenen im ersten Teil bei der Nennung von "Cube 2" bereits das Wasser im Mund zusammenläuft? Die werden sich im Anschluß an den Genuß des Films zum Ausgleich die aktuelle Folge der Sesamstraße ansehen wollen - die ist wesentlich brutaler. CUBE 2 bietet NULL Splatter o.ä. Für Leute, die auf abgefahrene, ungesehene visuelle Spezialeffekte hoffen? Die werden beim nächsten Einschalten ihres verstaubten Amigas schnell feststellen, daß sie ohne Mühe zu Beeindruckenderem fähig sind. Vielleicht sogar für Fans von CUBE, eines der Higlights des FFF 1998?! Die werden sich von dieser Fortsetzung mit Grausen abwenden, und dem Film eine vernichtende Bewertung geben - wie ich. Nach einer recht hübschen Eröffnungssequenz - eine schnelle Fahrt durch ein CAD-Modell eines Hypercubes - finden wir uns in einem Würfel-Raum wieder, wie wir ihn aus dem Original-CUBE kennen. Weiß, mit sechs Ausgängen in angrenzende Würfel-Räume. Die hier übrigens ALLE weiß sind. Ist ein sehr "heller" Film. Wie gehabt, stoßen unterschiedliche Charaktere aufeinander, die aus heiterem Himmel in den Cube gestoßen wurden, und versuchen, herauszufinden, warum sie dort gelandet sind, und wie sie wieder rauskommen können. Im Unterschied zum ersten Teil hat der Cube hier eine vierte Dimension. Ob das nun doch "Zeit" ist, wie außerhalb des Films allgemein angenommen, im Film von einer Figur angesprochen und im Endeffekt auch mehrfach gezeigt, oder aber "eine weitere Raum-Dimension", wie uns von einer anderen Figur unwidersprochen nahegelegt und nicht näher definiert wird, bleibt offen, und eigentlich auch komplett unerheblich. Jedenfalls hat sich der Cube auch in anderer Hinsicht verändert: es gibt "keine Regeln mehr", wie noch im ersten Teil - darauf weist uns ein ältlicher, übel zugerichteter Soldat bereits am Anfang des Films hin (und das bleibt auch eine der einzigen direkten Referenzen an den Original-Film). Das bedeutet auch: die Räume haben keine Nummern mehr. Und unterscheiden sich auch ansonsten nicht mehr voneinander. Kein Raum ist mehr per se "sicher" oder "tödlich". Im Gegensatz zum ersten Teil spielen hier aber auch die Figuren selbst kaum noch eine Rolle. Waren in CUBE die (zwar extrem eindimensional gezeichneten) Charaktere aufgrund ihrer jeweiligen Persönlichkeiten quasi "ausgewählt" worden - jeder einzelne mit einer bestimmten Fähigkeit, die das Gesamt-Team in die Lage versetzte (oder hätte in die Lage versetzen können), das Puzzle zu lösen, erfahren wir in CUBE 2 fast nichts mehr über die Eigenarten der Cube-Gefangenen. Dafür wird uns unter die Nase gerieben, WARUM diese Figuren hier gelandet sind; in welcher Beziehung sie zum Cube stehen. Ihre Fähigkeiten, ihre Hintergründe, ihr spezifisches Wissen aber findet kaum Erwähnung, und ist erst recht nicht bedeutsam, wenn es darum geht, das Rätsel zu lösen. Da es schlicht kein Rätsel mehr gibt. Jedenfalls keines, das sich darum dreht, wie man aus dem Würfel wieder entkommen könnte. Denn CUBE 2 geht es einzig und allein um EINE Sache: das idiotensichere Beantworten aller Fragen, die der erste Teil aufgeworfen hat. Und damit um das Zerstören aller "mystischen" Aspekte des Originals. Letztlich ist das hier eine Beleidigung von CUBE. Ungefähr so, wie sich "2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen" zu "2001 - Odysee im Weltraum" verhält. Jede Frage findet eine Antwort, und die Antworten sind leider der absolut profansten Art. Billigste B-Movie-Moral, zusätzlich mit entsprechenden Logik-Böcken versehen. Insbesondere, was das Ende des Films angeht. Wer also auf diesen Film gewartet hat, weil ihn die offene Deutung von CUBE jahrelang um den Schlaf brachte, wird vermutlich enttäuscht werden. Der durchaus philosophische Ansatz des ersten Teils gerät hier fast vollständig in Vergessenheit, da die "Antworten" des Films ungefähr so sinnvoll und tiefschürfend sind wie die Dialogtexte von Sylvester Stallone in RAMBO 2. Sicher, hier wird alles und noch mehr beantwortet. Und damit wird die GESAMTE Cube-Idee auf ein erbärmliches Niveau reduziert. Okay. Nun kann man immer noch versuchen, CUBE 2 als völlig eigenständigen Film zu betrachten. Sich auf seine Story einzulassen, als gäbe es keinen ersten Teil. Und im Ansatz hat der Film hier sogar eine gute Idee. Hinzuaddiert zum ursprünglichen Cube wurde ja schließlich die vierte Dimension, die eine reale Grundlage hat: laut aktueller Quantenphysik ist es unter bestimmten Voraussetzungen theoretisch durchaus möglich, daß ein Objekt an verschiedenen Orten im Raum-Zeit-Kontinuum gleichzeitig auftritt. Klingt verdammt interessant, wird im Film einmal, in einem wirren, 30 Sekunden langen Dialog auch mal kurz angesprochen. Findet dann aber nur eine Umsetzung der Marke "jetzt ist alles möglich, von verschiedenen Zeitebenen über Parallelrealitäten bis hin zu Raum-Zeit-Paradoxonen". Alles möglichst verwirrend gehalten bzw. (nicht) begründet, damit der Zuschauer vielleicht über Storyschwäschen hinweggetäuscht wird. Ist ja eh egal, solange es tolle Effekte gibt, oder? Tja, aber leider gibt es nicht mal die. Wie erwähnt: so gut wie NULL Blut, keine bösartigen Fallen mehr, und nur noch digitale Effekte. Unter anderem das, was der Titel meines Reviews beschreibt (ja, genau so "beeindruckend" ist auch der Effekt selbst). Aber... digitale Effekte, die so erbärmlich sind, daß man nur noch lachen möchte. Dann wieder an die große Erbschaft von CUBE denkt. An handmade Effekte, die schockten und rockten und ganz schön heftig waren. Und nur noch sauer ist. Aber dafür gibt es in CUBE 2 ja jede Menge Witze. Super. Genau darauf hatten wir gewartet. Oder? Trotz der vielen Worte kann ich meinen Ärger wohl kaum greifbar machen. Ohne den Vorgänger wäre CUBE 2 wohl einfach nur unerheblicher Direct-to-Video-Schrott, ohne Spannung, ohne Atmosphäre, ohne echte Charaktere. Vor dem Hintergrund des Originals aber ist das hier ein einziges langes Kopfschütteln. Beantwortet zwar viele Fragen, aber wirft eine grundlegendere auf: was zum Teufel hat die Verantwortlichen dabei geritten????? | |
![]() sah diesen Film im Turm-Palast, Frankfurt | 13.08.2002, 04:21 |
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