"Pain forces you to hope... This cannot last“von D.S. | |
Ich bin mir nicht sicher, ob ich befugt bin, ein Review zu TENDERNESS zu schreiben. Denn offensichtlich habe ich einen anderen Film als alle (?) anderen im Kino gesehen. Wo scheinbar jeder sonst ein bewegendes Drama gesehen hat, unglaublich intensiv und von großen Gefühlen geprägt, begegnete mir nur abgestandener Kitsch aus den unteren Schubladen der großen Hollywoodmaschinenschränke. Ich versuch’s trotzdem mal, vielleicht waren ja auch einfach alle anderen noch in ideal geeigneter Sonntagmittagsstimmung... Der Film beginnt mit einem pathetischen Monolog der Erzählerstimme Russel Crowes. Mit bedeutungsschwangeren Worten berichtet er, dass man seiner inneren Qual niemals entkommen kann - nur versuchen, sich von ihr abzulenken. Im Moment des Hörens wollte ich darauf wetten, dass er genau so auch aufhören würde - und sollte recht behalten. Das wäre jetzt noch kein Problem. Aber dummerweise verhält es sich mit jeder einzelnen Handlungsentwicklung in TENDERNESS ähnlich: fast alles ist vorhersehbar, ausgelutscht, platt und trieft vor Kitsch. Crowe spielt einen Cop aus Buffalo kurz vor dem Ruhestand, der sein persönliches Leid mit sich herumträgt und in die Welt posaunt: seine Frau liegt in katatonischem Zustand in der Klinik, ohne Aussicht auf Besserung. Womit kann er sich da noch groß beschäftigen? Mit seinem "Hobby": dem 18-jährigen Eric, der unter dem Einfluss von Antidepressiva seine Eltern brutal umgebracht hat und kurz vor der Entlassung aus dem Gefängnis steht. Aus ungeklärten Gründen ist unser Cop der festen Überzeugung, Eric sei ein psychopathischer Serienkiller, der bei nächster Gelegenheit wieder morden würde. Weshalb er ihn überwacht und ihm folgt, als er sich zu einem Roadtrip nach Albany aufmacht, um dort ein hübsches Mädchen zu treffen. Eric selbst hat ganz offensichtlich Probleme mit Frauen, ach was, mit Menschen. Darum fühlt er sich auch nicht gerade wohl, als er zum Stalking-Opfer der 16-jährigen Lori wird. Diese hat - natürlich - eine versaute Kindheit hinter sich und ist es gewohnt, nur als Körper wahrgenommen zu werden. Aber sie fühlt sich mit Eric bis aufs Äußerste verbunden, ganz gleich, was er getan hat... Klingt ja gar nicht mal sooo uninteressant, wenn ich das so lese. Hätte nur vielleicht von einem vernünftigen Drehbuch- und vor allem Dialogautor geschrieben werden sollen. Denn was uns hier an unglaubwürdigem Verhalten und klischeehaften Dialogen vorgesetzt wird, taugt zu nichts als Ärger über die offensichtliche Lieblosigkeit oder Talentbeschränktheit hinter dem Projekt. Russel Crowe spielt emotionslos die Rolle des gebrochenen Cops runter, den man schon in tausend anderen Filmen gesehen hat. Eric ist unzurechnungsfähig, aber uninteressant (und sehr farblos gespielt). Lori hingegen ist einerseits unglaublich anstrengend, andererseits in ihrem Verhalten unglaublich unglaubwürdig. Eine typische Drehbuchfigur, konstruiert von vorne bis hinten, die es so eben nur in Hollywood gibt - ein Vehikel für die billige Moral des Films, der man die in ihrem Leben erlittenen Schmerzen keine Sekunde lang abnimmt. Ebenso wenig ihre Faszination für Eric. Handlungsseitig bekommen wir ohnehin nicht viel geboten. Eric kommt aus dem Knast und fährt nach Albany, dabei wird er von Lori genervt und erinnert sich in Rückblenden an die psychotischeren Momente seiner Vergangenheit. Crowe sitzt mal im Auto, mal im Krankenhaus bei seiner Frau und sondert ansonsten pseudophilosophische Plattheiten im Voiceover ab. Worauf das Ganze hinausläuft, ist so überraschend wie der Rest des Films, also leider gar nicht. Tut mir leid, wenn ich hier irgendwas verpasst habe. Aber für mich war TENDERNESS einfach nur eine abgestandene Mischung aus Klischee-Versatzstücken, voller hohler Phrasen und konstruierten Storyentwicklungen. Dazu nimmt sich der Film extrem ernst, obwohl er letztendlich nur Moral auf dem Niveau eines Poesiealbums zu vermitteln hat. Wäre gerne bedeutungsschwer, ist aber nur oberflächlich und verkitscht. Gerade noch 3,5 Punkte - der Präsenz Russel Crowes wegen. Und des einen schönen Satzes wegen, der als Titel für mein Review dient. Der mein Gefühl beim Betrachten des Films so wunderbar ausdrückt. Obwohl er doch ganz anders gemeint war... | |
D.S. sah diesen Film im Metropolis 1, Frankfurt | 31.08.2009, 06:08 |
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