Reviewvon Mirco Hölling | Permalink |
Das Remake eines quasi unantastbaren Klassikers ist immer eine schwierige Sache, und entsprechend niedrig waren meine Erwartungshaltungen. Immer noch stellt sich mir die Frage, was genau nun dieses Remake soll, denn eigentlich ist zum Thema von Romero doch alles gesagt worden. Jenseits dieser Frage sollte man sich den Film jedoch anschauen und versuchen, ihm eine Chance zu geben.
Dawn of the Dead ist ein eigenständiger Film und klebt nicht manisch am Vorbild, wie z.B. das komplett unnötige Psycho-Remake von van Sant. Einzelne Elemente (die Zombies natürlich, das Einkaufszentrum) finden sich zwar auch im Remake wieder, ansonsten schlägt der Film jedoch eine völlig andere Tonart an. Der Ur-Dawn bestach durch seine Länge und Ausführlichkeit, seine genaue Zeichnung der Charaktere (mal abgesehen von Argentos "Action-Fassung") und dadurch entstehende Beklemmung und Bedrückung. Das Remake setzt mehr auf die reine Horror-Karte: Es gibt Suspense-Momente ohne Ende, es wird viel geballert und gesplattert und die Darsteller kommen kaum zur Ruhe. Und trotzdem.... und das ist das große Verdienst des Remakes - funktioniert der Film.
Alleine die Pre-Title-Sequenz (ca. 15 min) drückt einen komplett in den Kinosessel. Gutes Timing, bedrückende Situation (wer den Trailer kennt, weiß von was ich rede, ansonsten will ich nicht spoilern), unglaubliche Geschwindigkeit und immer wieder eine kleine Überraschung. Und dann die Titel: Dawn of the Dead!! Da hatte der Film die Herzen der Besucher gewonnen.
Allerdings geht es auch so weiter. Das Tempo bleibt recht hoch, die (ordentlichen bis guten) Darsteller kommen kaum zum Verschnaufen. Allen voran Sarah Polley und Ving Rhames spielen ihre Rollen sauber und routiniert, wenn auch unspektakulär. Manch einen nicht ganz nachvollziehbaren Twist im Verhalten des einen oder anderen muss man zwar feststellen, wird aber schnell verziehen, da wir uns eben nicht in einem Charakterspiel Ingmar Bergmanns befinden, sondern in einem temporeichen Horrorfilm. Erstaunlich ist, dass trotz der relativen Atemlosigkeit des Films und der deutlich kürzeren Laufzeit als im Original die Charaktere trotzdem ihre Wirkung entfalten können. Der Film nimmt sich immer wieder Zeit für kleine Situationen, die einem die Personen näher bringen.
Die Kameraführung ist bewegt, ohne (gottseidank) in modisches Gewackel und unnötige Reißschwenks zu verfallen. Eine leichte Grobkörnigkeit wirkt sich dabei atmosphärisch positiv aus. Man merkt die Nähe des Regisseurs zur Werbebranche, muss ihm jedoch eine passende und funktionierende Bildgestaltung attestieren. Ebensolches kann man auch vom Schnitt behaupten. Dieser ist der Geschwindigkeit des Films angepasst, jedoch werden auch Momente der Ruhe gegönnt, die das Ausmaß der Zombie-Invasion, des Eingeschlossen-Seins, der Konflikte zwischen den Eingeschlossenen etc. nahe bringen.
Und nun zum eigentlich Überraschenden: Die Härte!! Der Film ist knüppelhart und seeeehr blutig. Zuerst einmal wird schon bevor der Film richtig angefangen hat, DIE Ur-amerikanische Institution regelrecht zerfetzt: Die Familie. Wir erleben jedoch auch Kinder-Zombies, Stangen, die durch Augen gebohrt werden, Kettensägen , die Menschen zerteilen (in Großaufnahme) undundund. Und alles mit guten alten Hand-made-Effekten. CGI taucht nicht auf oder ist als solches nicht zu erkennen. Eine problemlose Freigabe in Deutschland dürfte zumindest diskussionswürdig sein. Nicht zu sehen gibt es jedoch Ausweidungen u.ä. Wir leben im Jahre 2004 und Splatter ist heute schnell und direkt, wenn auch die Unart der letzten Jahre, krasse Effekte im extremen Close-Ups und in superkurzen Schnitten zu zeigen, so dass man sich fragt, was auf der Leinwand gerade passiert, dem Zuschauer in diesem Film erspart bleibt. Neben der blutigen Härte gibt es natürlich auch die unblutige: Dieser Film baut Situationen auf, die einem durchaus an die Nieren gehen, und diese werden gottseidank nur selten durch modischen Zynismus gebrochen. Leider wird jedoch auf diese letztgenannte und derzeit (seit SCREAM & Co.) überstrapazierte Form des Entschärfens von Härte nicht ganz verzichtet, jedoch ist der Rahmen derart überschaubar, dass man es ertragen kann.
Überhaupt: Der Film hat überraschenderweise einigen Humor, der zuerst irritiert, bis man sich erinnert: Auch Romero hat mit etlichen humorvollen Elementen gearbeitet und ihm hat man es verziehen, weshalb also nicht auch in diesem Film? Zumal der Humor aufblitzt, jedoch sogleich wieder durch eine eher deftige Situation gebrochen wird.
Eines haben sich die Autoren des Films glücklicherweise gespart: Coole und kultige One-Liner der Protagonisten. Getötet und gestorben wird stoisch stumm oder in Panik. Yes!!!
Natürlich ist sich das Produktionsteam der Erwartungshaltungen bewusst gewesen und genau mit dieser wird in den ersten Minuten des Films auch gespielt, danach emanzipiert sich der Film jedoch deutlich vom Original und geht eigene Wege, weil man sich der Falle des Vergleichs mit dem Original wohl bewusst war. Eine Verehrung von Romeros Klassiker ist zwar immer wieder zu spüren (Kurz-Cameos von Tom Savini, Scott H.Reinigner und Ken Foree), jedoch waren hier selbstbewusste Leute am Werk, die wussten, was sie taten. So verzichtet der Film glücklicherweise auf einen Musikeinsatz, der an alte selige Goblin-Tage erinnert, sondern entwickelt eigene, weniger charakteristische aber effektive Wege. Ebenso wird uns der bekannte "When there’s no more Room in Hell..."-Spruch aus dem Munde irgendeines neuen Darstellers erspart. Er taucht zwar auf, aber aus berufenem Munde, mehr sei hier nicht verraten.
Fazit: Bedingt durch meine niedrige Erwartungshaltung war ich leichter zu beeindrucken, aber DAWN OF THE DEAD ist ein guter, streckenweise spannender Zombie-Film, der niemals den Status des Originals erreichen wird, aber prächtig unterhält, viel Spaß macht und ziemlich blutig daherkommt.
Mirco Hölling (22.03.2004) | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx, Hamburg | 22.03.2004, 11:29 |
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