The Nothing Men

Der Runterzieher des Festivals

von D.S.
"The Nothing Men" ist eine kleine, düstere Perle des FFF 2010 - und ganz sicher kein langatmiges, inhaltsarmes Stück "Realitätskino", was der Trailer und zum Teil auch die Beschreibung im Programmheft erwarten lassen.

Sicher, der Handlungshintergrund ist die frustrierende Lage einer Gruppe langjähriger Fabrikarbeiter, die nur noch auf die Auszahlung ihrer Abfindung wartet und die Zeit bis dahin möglichst nervenschonend überbrücken möchte. Als dann zwei Wochen vor dem Stichtag ein neuer Kollege an ihren längst brachliegenden Arbeitsplatz transferiert wird, geht man davon aus, dass es sich bei ihm um einen Spitzel der Geschäftsleitung handelt. Schließlich könnte die eventuelles Fehlverhalten der Angestellten gut gebrauchen. Gäbe ihr das doch einen Grund, sie ohne Abfindung zu entlassen. Und in den Augen unserer testosterongeschwängerten Restbelegschaft verhält sich der Neue einfach zu merkwürdig, um einer von ihnen zu sein...

Dieses Szenario bildet tatsächlich aber nur die "Tapete" für ein extrem deprimierendes Drama um Vertrauen, Schuld, Sühne, Gruppenverhalten und Feindschaft gegen Außenseiter. Der vermutete Spitzel - dessen Darsteller übrigens eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Kevin Spacey hat - hat seine eigene Geschichte zu erzählen, aber er will sie eigentlich lieber für sich behalten. Dumm nur, dass die primitiven Macho-Handarbeiter alles andere als feinfühlig sind und sowieso nichts akzeptieren, das nicht in ihre beschränkte Weltsicht passt.

"The Nothing Men" startet als Sozialdrama um den Wert von Arbeit in einer post-industriellen Welt, wird aber schnell zu einem immer bedrückenderen Sozial-Thriller, der schließlich unerwartete Exzesse erreicht. Dabei wirkt er alles andere als versöhnlich und lässt einen mehrere Mal durchaus schlucken. Als eine Art Kammerspiel angelegt, langweilt er dennoch keine Minute, da die Story unerwartete Wendungen nimmt und einige der Charaktere mehr verbergen, als man zunächst ahnt.

Der gallige Humor des Anfangsdrittels, in dem wir unter anderem erfahren, dass echte, kernige australische Männer Fußball für "fast so schwul wie Ballet" halten, weicht bald einem immer ernsterem Grundton, bei dem Aggression und Depression ständig durch die recht dünne inhaltliche Oberfläche zu brechen drohen. Das Ganze ist intensiv inszeniert und stark gespielt, wenn auch einige Figuren ein Stück zu klischeehaft angelegt sind und man bestimmte Handlungskonstellationen durchaus ein wenig zu konstruiert finden kann.

Dennoch eine uneingeschränkte Empfehlung, wenn man damit leben kann, beim FFF ganz un-partymäßig ein tiefes Stück heruntergezogen zu werden. Ein echter Geheimtipp. 7 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 1, Frankfurt

01.09.2010, 03:45



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