crazy

Thale

Einzelstück

von D.S.
THALE braucht vielleicht ein bisschen zu lange, um in die Gänge zu kommen - fesselt dann aber ungemein. Mit einer dichten, zeitweise fast schon sphärisch-entrückten Atmosphäre und einer ziemlich einzigartigen Story, die tief in der nordischen Mythologie verwurzelt ist. Kenne wirklich kaum Vergleichbares.

Dabei beginnt der Film durchaus neuzeitlich und eher profan: Mit einem kotzenden „Cleaner", der an Leichenteilen kein besonderes Gefallen findet. Wohl aber an der geheimnisvollen, stummen jungen Frau, die er mit seinem Kollegen in einer verlassenen Waldhütte findet... Kein Wunder, die ist nämlich auch bezaubernd. Und verwirrend. Und offensichtlich in Gefahr.

Als dies deutlich wird, wechselt THALE bereits zum dritten Mal seine Stimmungslage. Von der spröd-lakonischen Buddy-Komödie über Mystery zum Thriller: Hier wird viel Unterschiedliches geboten, aber kein Teil davon wirkt aufgesetzt oder unpassend. Tatsächlich ist etwa die lange Einleitung, die sich ausschließlich damit beschäftigt, uns die alten Freunde Elvis und Leo näherzubringen, entscheidend für die Wirkung all dessen, was später geschieht: Sie wirken sehr real, Ihr Schicksal, ihr Handeln und dessen Konsequenzen lassen uns nicht kalt - und damit auch nicht das, was sie bezüglich der seltsamen Thale zu tun entscheiden.

Die Hintergründe dieses märchenhaften Wesens und das, was ihr bevorsteht, sind dann, was den Film endgültig vom durchschnittlichen Genrebeitrag unterscheidet. Basierend auf jahrhundertealten Volkssagen wurde hier eine stimmige Story entwickelt, die in sich spannend ist und gleichzeitig einen weitreichenden Kommentar zum menschlichen Miteinander abgibt.

Dabei halten einen sowohl Inszenierung als auch Erzählstruktur permanent bei der Stange. Geheimnisse werden erst nach und nach gelüftet, weder für Action noch für Scares ist der Film sich zu schade - und schafft es so, mit fortschreitender Laufzeit immer mehr zu faszinieren.

Nach 76 Minuten ist er dann schon viel zu früh vorbei.
Kaum genug Zeit, sich satt zu sehen.
Schon gar nicht an der wunderbaren Silje Reinåmo als Thale.

Ein schöner Film.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 9, Frankfurt

07.09.2012, 05:18



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