crazy

Killers

Tödlich belanglos

von D.S.
Es heißt, KILLERS war ursprünglich unter dem Titel KILLER CLOWNS als Splatter-Groteske um zwei Serienmörder geplant, die sich einen erbittert-blutigen Wettstreit um den Titel „Brutalster Killer Asiens“ liefern. Das klingt nach einer verheißungsvollen Prämisse, oder? Wenn man dann noch bedenkt, dass mit den „Mo Brothers“ zwei Regisseure hinter dem Werk stecken, die gemeinsam (MACABRE) wie solo (Timo Tjahjanto, SAFE HAVEN (V/H/S 2) und L IS FOR LIBIDO (ABCs OF DEATH)) für einige der radikalsten, erbarmungslosesten Genrebeiträge der letzten Jahre verantwortlich sind, ist es kein Wunder, dass die Erwartungen grenzenlos waren – und KILLERS unter Fans gehyped wurde wie kaum ein anderer Film 2014.

Tja. Es hätte so schön werden können. Ein gnadenloses Massaker, eine schwarzhumorige Persiflage oder eine selbstironische Abrechnung mit Thrillerklischees und Erzählkonventionen. Knallhart, überdreht, intelligent: Timo Tjahjanto und Kimo Stamboel hatten alle möglichen Optionen. Leider aber haben sie sich für eine unmögliche entschieden. Nämlich für ein B-Movie, das inhaltlich wie formal zu 100% den Genreregeln verhaftet bleibt, gleichzeitig aber eine übergeordnete, plumpe „Message“ verbreiten will. Keinen Schritt zu weit geht, keine Grenzen verletzt, die Welt und ihre Charaktere in simplen Schwarz-Weiß-Tönen zeichnet. Und mit Pseudo-Philosophie um sich wirft. So gesehen, erinnert KILLERS fast schon ein bisschen an einen typischen „Tatort“. Sicher ist er härter, aber auch dahingehend nie radikal – aus der indonesischen Version wurden trotzdem noch ein paar etwas heftigere Sex-and-Violence-Szenen herausgeschnitten.

Gewaltexzess ist also nicht – fatalerweise setzt aber auch die Story keinen klaren Fokus. Auf der einen Seite präsentiert sie uns Nomura (Kazuki Kitamura), einen kaltblütigen, geradezu unmenschlich emotionslosen Yuppie aus Tokio, der regelmäßig hübsche junge Prostituierte entführt, brutal tötet und seine Kills stolz per YouTube-Derivat der Öffentlichkeit vorführt. Auf der anderen Seite ist da Bayu (Oka Antara), indonesischer Journalist, Normalbürger und Ehrenmann, der einen Lokalpolitiker der Korruption überführen wollte, vor Gericht gescheitert ist und nun Rachephantasien hegt. Durch einen Zufall wird er mit der Erkenntnis konfrontiert, dass (Waffen-)Gewalt einen Menschen zum Sieger machen kann – in der Folge öffnet er sich derart moralfreien Erwägungen und stößt dann auch noch auf die Videos von Nomura, der ja einen ähnlichen Pfad eingeschlagen zu haben scheint...

Leider aber wählt das Drehbuch weder den Weg eines trashig-amüsanten Vergleichs zwischen zwei grundverschiedenen Charakteren, die durch die Umstände in einen „Wettbewerb“ gezwungen werden, noch den einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Zweck wohl unter bestimmten Voraussetzungen die Mittel heiligt oder Moral vielmehr keine Ausnahmen kennt.

Stattdessen werden wir mit einer Figur konfrontiert, die fröhlich immer weiter killt (und deren schwer belanglose Gründe dafür erst sehr spät und nur oberflächlich erörtert werden), und einer zweiten, die das, nach einem ersten Hoch, eigentlich die ganze Zeit über hasst – und deshalb auch bei jeder Gelegenheit von Gewissensbissen ergriffen wird.

Um das Ganze noch langatmiger, pseudo-emotionaler und schlussendlich kitschiger zu machen (sowie, klar, um extrem unrealistische Story-Entwicklungen vorzubereiten), finden sich unsere beiden Killer in Beziehungen zum anderen Geschlecht wieder: Nomura lernt eine Frau kennen, die ihm plötzlich etwas zu bedeuten scheint, Bayu will seine Ex-Ehefrau und die gemeinsame Tochter nicht verloren geben. Wie diese privaten Dramen in den Weg des Serienmörder-Alltags geraten, ist durchaus interessant und teilweise auch mit spannenden Konsequenzen inszeniert – viel zu oft aber lenkt es ab von dem, was eigentlich doch im Zentrum der Handlung stehen sollte.

Genau das steht da aber eben NICHT. Es gibt zwar ein paar blutige Highlights, ein paar Lacher, ganz ganz wenige Momente, in denen man mal hörbar die Luft einzieht. Dominierend sind jedoch, ohne Ende, Dialoge und Monologe zum Thema Menschlichkeit, Liebe, Schmerz, Sinn oder Sinnlosigkeit des Lebens.

Timo Tjahjanto und Kimo Stamboel sind aber leider kein Gaspar Noé. Hier verspürt man keinen Nihilismus, der die Grundfesten unser Zivilisation in Frage stellt. Hier hat man stumpf eindimensionale Charaktere vor sich, die nicht mehr und nicht weniger sind als Figuren eines mittelmäßigen Drehbuchs: Ohne Chance, das Publikum zur Reflektion zu zwingen, zu bewegen, ohne Chance, mit ihrem leeren Gesabbel das Filmerlebnis zu überdauern.

Und das wäre ja auch nicht schlimm. Wenn der Film wenigstens da punkten würde, wo die Regisseure es erwiesenermaßen können. Aber nein. KILLERS bleibt von Anfang bis Ende harmlos – und darum in JEDER Hinsicht belanglos. Wäre aber gerne so viel mehr. Was ihn, ganz ehrlich, am Ende reichlich peinlich macht.

Knappe 5 Punkte sind dennoch drin, denn es gibt ja doch auch ein paar hübsch böse Szenen, und in der ersten Hälfte des Films ist es zudem noch nicht gar so offensichtlich, auf was für eine moralinsaure Flachpfeifen-Nummer das Ganze schließlich hinauslaufen wird. Wer überhaupt keine Erwartungen hat (also MACABRE usw. nicht kennt), wird sich vielleicht ohnehin besser unterhalten fühlen als ich – obwohl das letzte Filmdrittel auch für sich selbst betrachtet kaum echte Stringenz oder gar Spannung aufweist.

Nicht nur angesichts der Vorgeschichte der Regisseure und des enormen Hypes ist das Ding trotz allem in jeder Hinsicht eine riesige Enttäuschung. Weder sinnhaftes Drama noch wirklich spannender Thriller, schon gar kein Schocker oder ein saftiges Splatter-Epos: KILLERS ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Und verpufft nicht nur in kompletter Belanglosigkeit – sondern auch erschreckend viel Langeweile.
D.S.

04.06.2014, 18:48



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