Life After Beth

Let’s go hiking

von D.S.
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Mädchen sind seltsam, untote Mädchen sind noch viel seltsamer: Die gewohnten wilden Stimmungsschwankungen mutieren zu brutalen Aggressionsanfällen, statt kitschiger Akustikballaden wollen sie nur noch Smooth Jazz hören, und der Begriff "Rohkost" bekommt plötzlich eine ganz neue Bedeutung.

Der diesjährige Abschlussfilm des FFFs mag zwar auf den ersten Blick wie bloß eine weitere typische Zombie-Comedy erscheinen, die mit ihrem Schwerpunkt auf ablebensgroße Teeny-Beziehungen Erinnerungen an Streifen wie BOY EATS GIRL wachruft. Tatsächlich ist LIFE AFTER BETH aber vielmehr eine apokalyptische Groteske mit Drama-Anteilen, die in gewisser Hinsicht ein Thema weiterspielt, das 2014 bei erstaunlich vielen Filmen mehr oder minder stark im Zentrum steht: Coming of Age, das Übernehmen von Verantwortung, das Hereinreifen in eine erwachsene Welt und die Probleme mit den Erwartungen, die sie an einen stellt.

Natürlich geht es auch hier, zumindest im ersten und letzten Viertel, vorwiegend um den humoristischen Effekt. Der wird aber nur äußerst selten mit dem Holzhammer gesucht: Im Wesentlichen erwächst er aus der Skurrilität der Situation, in der sich unsere Hauptfigur Zach wiederfindet, als er plötzlich feststellen muss, dass seine (Ex-)Freundin und große Liebe Beth nach ihrer Beerdigung wieder unter den Lebenden weilt. Sie selbst kann sich weder daran erinnern, dass sie mit ihm Schluss gemacht hatte, noch daran, dass sie gestorben ist: Sie ist einfach nur das süße Mädchen mit den Rehaugen, das sie immer gewesen war. Ein süßes Mädchen, das sooo gerne mit ihm wandern gehen möchte. Wofür Zach ja absolut zu haben wäre. Blöd nur, dass der Rest der Welt besser nicht erfahren sollte, dass die Tote wieder da ist. Aber wie eine 21-Jährige auf Dauer zu Hause einsperren; wie mit den eigenen widersprüchlichen Gefühlen und der zunehmend rabiat verwackelten Position von Richtig und Falsch umgehen; wie mit Beths wachsend absonderlichen Gelüsten...?

Der Film ist bei weitem nicht so überdreht und rein auf Situationskomik basierend wie die meisten anderen Vertreter des, nun ja, „Spaß mit lebenden Leichen“-Subgenres. Er wählt ja auch eine völlig andere Herangehensweise: Bei LIFE AFTER BETH steht nicht eine Gruppe von Freunden im Mittelpunkt, die sich plötzlich mit einem Überlebenskampf gegen Horden von Zombies konfrontiert sieht, welche die vertraute Welt überrennen. Stattdessen geht es hier um einen einzelnen spätpubertären jungen Mann mit komplett gebrochenem Herzen, der bei seiner Familie keinerlei Verständnis für sich und seine Gefühle findet. Und auf einmal Verantwortung für das Wohlergehen seiner Freundin übernehmen will und muss, die nicht einmal weiß, dass sie ein Zombie ist.

So wurde das Thema wohl noch nie behandelt – der Humor entwickelt sich hier deshalb aus erfrischend andersartigen Situationen; die nur zu verbrauchten Klischees werden weitgehend vermieden; es schwingt ein ungewöhnlich ernsthafterer Unterton mit.

Zumindest gilt das für die erste Hälfte des Films. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto weiter verwandelt sich auch Beth hin zu dem, was wir gemeinhin unter einem Zombie verstehen. Entsprechend kommt es dann auch zu naheliegenderen Witzen, wobei der für das Genre übliche Hau-drauf-Humor bis zuletzt die Ausnahme bildet.

Abgesehen von den sympathischen und gut gespielten Charakteren, einigen grandios absurden Dialogen und Zombie-trifft-Haushaltsgeräte-Szenen für die Ewigkeit besticht LIFE AFTER BETH so vor allem durch seine unkonventionelle Herangehensweise, die größtmögliche Veränderung in der Existenz eines Menschen für die Inszenierung eines schleichenden Bewusstwerdungsprozesses zwischen Auflehnung und Anpassung, Selbstaufgabe und Selbstwertschätzung, Naivität und Reife zu nutzen. Dabei aber weder Wahnwitz noch Blut noch, ernsthaft, gute Laune zu vergessen. Sprich: Eine Zombie-Comedy zu sein, die keine ist. Sondern eine zunächst oftmals eher leise, immer aber schwarzhumorige Betrachtung des adoleszenten Leidens an der Welt. Mit Zombies. Die seltsame Mädchen sind. Untot dicke 7,5 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt

09.09.2014, 05:30



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