Nicht beängstigend genugvon D.S. | |
Ich bin befangen. Jörg Buttgereits frühere Arbeiten haben mich damals tief beeindruckt und filmisch entscheidend geprägt, DER TODESKING ist für mich nach wie vor einer der intensivsten, verstörendsten Beiträge überhaupt zum Thema Selbstmord, SCHRAMM nach wie vor der gelungenste deutsche Serienmörderfilm. Was habe ich deshalb auf GERMAN ANGST gewartet, auf Buttgereits FINAL GIRL, seine erste echte Genreproduktion seit ebenjenem SCHRAMM 1993. Wirklich objektiv kritisch kann ich gar nicht sein, dafür bin ich eindeutig zu sehr Fan. Darum fällt mir auch nicht viel Negatives zu Buttgereits Episode ein – außer der Art und Weise, in der die Kinder-Protagonistin ihre Gedanken zur optimalen Behandlung von „kaputten“ Meerschweinchen (und Vätern) vorträgt. Das wirkt schon extrem hölzern und anstrengend, ist zwar natürlich genau so gewollt, gibt dem Ganzen aber doch einen wenig filmischen Anstrich. Ich glaube, lebendig Spielen statt bemüht Vorlesen wäre hier effektiver gewesen – aber das ändert nichts daran, dass FINAL GIRL äußerst unangenehm, unzweideutig und schmutzig ist. Geht buchstäblich tief, tut weh, bleibt hängen – mir hat’s gefallen. Anders als MAKE A WISH von Michal Kosakowski, der seine nett fiese „Fire in the Firehouse“-Idee in unerträglichem Overacting aller Protagonisten sowie plump-theatralischer Ausformulierung seiner moralischen Botschaft ertränkt. Negativpunkte für die unglaubwürdigsten Neonazis aller Zeiten: Auch im Weltstädtchen Berlin benehmen/geben die Braunen sich anders als hier, und das weiß ich aus allererster Hand. Bliebe noch ALRAUNE von Andreas Marschall, der mich erst mal durch seine Zugänglichkeit und Allgemeinverträglichkeit überrascht hat: Zumindest im Vergleich mit TEARS OF KALI wirkt das Geschehen hier niemals ernsthaft unangenehm, dessen Gore- wie auch Verstörungslevel wird bei Weitem nicht erreicht. Vom filmischen Niveau her ist Marschalls Beitrag klar der hochwertigste, seine Story hätte aber etwas mehr Tiefe ohne Probleme vertragen. So sehen wir zwar erstmals seit langem Katja Bienert wieder in einer größeren Produktion, erfahren aber viel zu wenig über das Mysterium der titelgebenden Sagenpflanze, um von der Episode wirklich in den Bann gezogen zu werden. Immerhin ist die Atmosphäre schön fiebrig – nachhaltig beeindruckende Momente gibt es aber kaum, gesteigertes Publikumsinteresse weckende Handlungshintergründe werden höchstens angerissen. Zusammengefasst ist GERMAN ANGST ein zwiespältiges Erlebnis. Sehr „deutsch“ wirkt es nur oberflächlich, wenn man vom generell recht didaktischen Storytelling absieht, das sich hierzulande nun mal wie ein roter Faden durch das zeitgenössische Filmschaffen zieht, von der Amateur- über die TV- bis zur raren Kinoproduktion. Außergewöhnlich verstörend aber auch nur selten – und das ist schade, denn das war doch bei allen budgetären Beschränkungen oft ein eindeutiges Erkennungszeichen des hiesigen Genrefilms. Immerhin ist die Härte hoch und das Herzblut der Macher jederzeit spürbar. Sympathisch wirkt das Projekt auch vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte ohnehin, eine Sichtung sei Off-Mainstream-Genrefans deshalb auf jeden Fall empfohlen. Dennoch wäre hier definitiv mehr drin gewesen – wenn man sich stärker auf die Ausarbeitung seiner Storys und weniger auf seinen Gestus konzentriert hätte. So sind insgesamt leider nur 5,5 Punkte drin. | |
D.S. sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt | 31.03.2015, 01:22 |
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