Shrew’s Nest

Home, bitter Home

von D.S.
Großartiges, groteskes, immer wieder überraschendes und blutig faszinierendes Kammerspiel-Kino – sowie zu Recht einer der Favoriten auf den „Fresh Blood Award“ 2015.

Der Film überzeugt einfach auf jeder Ebene: Set-Design und Kostüme erwecken die 50er-Jahre authentisch zum Leben, der Score akzentuiert das Geschehen clever, die Kamera und Beleuchtung fangen die in dem nahezu einzigen Handlungsort herrschende Stimmung zwischen Heimeligkeit und Kerkerhaft meisterlich ein – oder machen ihn sogar erst zu dem, als das wir ihn wahrnehmen. Das abgeschottete, vergiftete „Nest“ zweier sehr unterschiedlicher Schwestern nämlich, die auf sich allein gestellt sind, seit die Mutter bei der Geburt der Jüngeren gestorben ist und der Vater sie verlassen hat. Und in dem Montse, die ältere der beiden, in Panik vor dem Alleinsein schier alles tun würde, um ihre Schwester am Flüggewerden zu hindern. Ein Zuhause, in dem nicht nur der Haussegen schief hängt.

Was SHREW’S NEST dann aber zu einem wirklichen Highlight macht, ist einerseits das Drehbuch. Es nimmt die Ingredienzen eines obsessiven Charakters und einer Haupthandlung, die natürlich stark an MISERY erinnert – ein Nachbar gerät in die Fänge von Montse und wird von ihr auf äußerst ungesunde Weise „umsorgt“ –, schmeißt sie zusammen mit religiösem Fanatismus sowie finsteren Familiengeheimnissen in einen großen Mixer und kocht das Ergebnis gut durch: zu einem brodelnden Panoptikum aus oft offen ausbrechendem Wahnsinn, der mit fiesen überraschenden Storywendungen scharf abgeschmeckt wird.

Andererseits sind es die Darstellerleistungen, die hier ungeahnt überzeugende und expressive Höhen erreichen. Gerade Hauptdarstellerin Macarena Gómez (SEXYKILLER) als Montse fasziniert als abgründig verängstigte wie verängstigende Frau, deren Welt gleichzeitig nur bis zur Türschwelle und tief in die äußerst lebendige Vergangenheit reicht; die als Kontrollfanatikern immer mehr die Kontrolle über die Situation verliert; deren krankhafte Persönlichkeitsstörung sich in immer bizarrerem, schrankenlosem Verhalten Ausdruck verleiht. Aber auch Luis Tosar (SLEEP TIGHT) als Vater strahlt in seinen wenigen Szenen eine ungeheure, finstere Präsenz aus. Nicht zuletzt ist die Führung des gesamten Ensembles wie die Inszenierung auf einem derart hohen Niveau, dass man kaum glauben mag, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt.

SHREW’S NEST ist ein mitreißender Ritt zwischen schmerzhaftem Drama, tiefschwarzhumorigem Thriller, Groteske und blankem Horror. Hoch atmosphärisch, brillant gespielt, bis zuletzt überraschend und in jeder Hinsicht gnadenlos. Absolutes Pflichtprogramm. 8 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt

19.08.2015, 13:44



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