Gruesome

Duke new-em

von D.S.
Nach dem Lesen des Programmhefts hatte ich einen etwas anderen Film erwartet: an die Mechanik von "Groundhog Day" erinnert die Storyentfaltung von "Gruesome" nur peripher, und sonderlich blutig ist hier schon mal gar nichts. Was aber nicht heißt, daß mir der Film nicht gefallen hätte - im Gegenteil, für mich war er eher fast schon so etwas wie eine kleine Perle. Wenn auch zweifellos eine, die noch einiges an Feinschliff hätte vertragen können: man merkte allzu oft, daß es den Verantwortlichen noch etwas an Erfahrung fehlt, es holperte, stockte und zog sich an einigen Stellen doch ziemlich.

Großes Budget war ganz offensichtlich nicht vorhanden, die Video-Optik kann auf manche bereits abschreckend wirken. Und auch auf Effekte muß man weitestgehend verzichten, in der Zahl der Locations wie auch der talentierten Schauspieler war man gleichermaßen sehr beschränkt.

Was "Gruesome" dennoch zu einem definitiv interessanten Film macht, ist seine wirklich relativ ungewöhnliche Idee. Und ich für meinen Teil sehe nun mal lieber Filme, die eine noch nicht völlig totgetretene Geschichte erzählen, auch wenn sie das nicht auf die bestmögliche Weise tun, als einen sauber inszenierten, routiniert gespielten Film von der Stange, der mich nicht an einer einzigen Stelle überraschen kann.

Zudem hat "Gruesome" unbestreitbare Stärken im Bereich Atmosphäre. Wenn wir in der Eröffnungssequenz mit der Dorfschönheit Claire in das Auto des wirklich fies wirkenden Psychopathen Duke steigen, die Fahrt hinter uns bringen und erleben, wie er in unser Haus eindringt, ist das beklemmend. Und die Beklemmung weicht auch erst mal nicht mehr von unserer Seite, als wir nach einem harten Schnitt die Ausgangssituation noch mal durchleben müssen.

Diesmal ist es allerdings nicht der Killer, der Claire von der Arbeit abholt, sondern ihr Freund. Also ist alles in Ordnung, hat Claire vielleicht nur geträumt? Eine Weile scheint es so - und diese Weile dauert definitiv ein Stück zu lange. So lange, bis auch die Beklemmung verschwunden ist und wir uns dann doch irgendwann ein wenig langweilen, während wir einen ganz gewöhnlichen Tag mit ihr, ihrem Freund und einigen Belanglosigkeiten verbringen.

Dann aber taucht der Killer immer wieder auf. Und auch sonst geschehen Dinge, die Claire nur schwer mit ihrem Realitätsempfinden in Einklang bringen kann. Tatsächlich verdreht sich in ihrem Erleben offenbar mehr und mehr, und schließlich läßt sich überhaupt nicht mehr sagen, auf welcher Erzählebene wir uns gerade befinden.

Das kann man als Betrachter verwirrend, langweilend oder sogar ärgerlich finden. Ich persönlich schätze eine solche Erzählweise aber, da sie mir nach und nach den Boden unter den Füßen entzieht und ich somit gefordert werde - ich kann mich auf keine scheinbare Erkenntnis mehr verlassen und muss abwarten, in welche Richtung mich der Film als nächstes wirft, bis er sein Mysterium endlich aufklärt.

In vielerlei Hinsicht ist es also Geschmackssache, ob man mit "Gruesome" etwas anfangen kann. In manchen Punkten gibt es allerdings kaum Diskussionen: abgesehen von den Darstellern von Claire und dem Killer sind alle Schauspieler überfordert bis unfähig. Das Tempo des Films ist oft falsch gesetzt und generell etwas zu niedrig. Kameraarbeit und Tongestaltung sind allenfalls durchschnittlich.

Aber mich fesselte die Story, sie war originell und interessant inszeniert, und stellenweise litt ich auf jeden Fall mit unserer Protagonistin, die in einem ausweglosen Netz aus Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Ängsten gefangen scheint, mit. Und darum vergebe ich gewagte 7 Punkte und empfehle den Film jedem, für den eine perfekte Oberfläche nicht alles ist.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt

28.07.2006, 04:31



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