Die andere Seitevon GeorgeKaplan | |
Vor 10 Jahren lieferte Lucille Hadzihalilovic mit INNOCENCE ihren ersten Langfilm ab. Und damit ganz nebenbei und weitgehend unbeachtet einen, wenn nicht den besten Film der 2000er Jahre. Ein Mysterium, voller Poesie und Schönheit, ein Triumph des Unausgesprochenen. EVOLUTION scheint nun das Spiegelbild, die Kehrseite derselben Medaille zu sein. Allein schon die Wahl des Drehortes ist kein Zufall: Die öden, schwarzen Vulkanstrände Lanzarotes sind wesentlich deprimierender als der saftig-grüne Wald in INNOCENCE. Und egal wie stark die Sonne scheint, es bleibt farblos. Als ob diese Welt alles Licht absorbieren würde. Die Kleider sind grau, die Häuser trist, und die Medizin, die die Kinder nehmen müssen, schwarz. Farbe bringt nur Nicolas mit seiner roten Badehose ins Bild. Und ein roter Seestern, mit dem die Geschichte beginnt. Nicolas begibt sich auf eine Entdeckungsreise, er folgt nachts seiner Mutter und stellt Fragen. Nur sind die Geheimnisse deutlich kryptischer als noch in INNOCENCE. Frau Hadzihalilovic belässt es bei vagen Andeutungen, die mehr Fragen als Antworten liefern. Oder präziser, es stellen sich eigentlich nur neue Fragen. Damit bleiben die Zuschauer, die die Handlung unbedingt eines Films in jedem Fall entschlüsseln wollen, allein mit sich und ihren Eindrücken. Der Schluss kommt zudem relativ unvermittelt, das letzte Bild gräbt sich so tief ein, vor allem weil das Licht nun endgültig verschwindet. EVOLUTION ist in jedem Fall ein singuläres Werk, das Lucille Hadzihalilovics Handschrift deutlich trägt. Sehr oft stellt sich bei den Motiven ein Deja-vu-Erlebnis ein, auch wenn sie hier in einem ganz anderen Zusammenhang zelebriert werden. Dennoch: Ich gebe hier nur meinen ersten Eindruck wieder. Meine Wertung ist absolut vorläufig, meine Gedanken sind noch unsortiert, und vieles vermag ich nicht abschließend einschätzen oder gar jetzt schon in Worte fassen. Aber es ist mutig, den Zuschauer so herauszufordern. Viel mutiger und zugleich viel subtiler als alles, was ihr deutlich mehr im Rampenlicht stehender Lebensgefährte Gaspar Noé wagt. | |
GeorgeKaplan sah diesen Film im Residenz, Köln | 05.12.2015, 23:42 |
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