crazy

Der Golem, wie er in die Welt kam

In Lehm gemeißelt

von Leimbacher-Mario
Ein mystischer Rabbi formt im mittelalterlichen Prag aus Lehm per Hand einen riesigen Golem, der per Zauber und Befehlen das jüdische Volk vor Verfolgung und Gewalt schützen soll... Eine Mischung aus Caligaris Kabinett und Frankenstein - fertig ist einer der entscheidenden Titel des deutschen Stummfilms, der völlig zurecht damals quer über den Globus Wellen geschlagen hat und lange Zeit als einer der ultimativen, etwas verlorenen Schätze dieser Hochphase des europäischen Kinos galt. Mit der neuen 4K-Restauration erstrahlt dieser Lehmmann in Perfektion und gehört spätestens jetzt wieder in jede gut gepflegte Filmsammlung. Ein Monument!

Meines Erachtens müsste „Der Golem“ mit „Caligari“, „Häxan“, „Freaks“ oder „Nosferatu“ in einem Atemzug genannt werden. Zu ikonisch ist die klobige Figur (von Regisseur Paul Wegener selbst verkörpert!), zu stark ist der „Frankenstein“-Mythos hier gekippt und religiös unterbaut, zu krass sind die dunklen Vorahnungen auf zehn Jahre später beginnende Judenverfolgung samt Holocaust und wahrem Schrecken. Die schrägen Bauten, Kulissen und Architekturhöhepunkte. Der packende (wenn auch manchmal etwas unfreiwillig komische) Gesichtsausdruck und Look des metaphorischen Monsters. Die extrem stimmigen Einfärbungen des Bildes, je nach Tonart, Tageszeit und Bedrohung. Die dichte und noch immer fesselnde Atmosphäre zwischen Märchen, Folk, Fantasy und Horror. Der emotionale Pianoscore, der die mir vorliegende Fassung unterstrich. Alles ist einfach zu gut, um es unter Wert zu verkaufen. Daher bin ich mehr als froh und erleichtert, „Der Golem, wie er in die Welt kam“ endlich gesehen zu haben und von der Watchlist streichen zu können. Er hat alle hohen Erwartungen erfüllen können. Deutsches Kulturerbe und jeden Aufwand wert.

Fazit: Ein klassisches, ruhiges und erhabenes Meisterwerk des deutschen Stumm- und Horrorfilms. Jüdisch, gotisch, wunderschön. Mit Tiefe, Breite und Schauer. Eine frühe Ikone und ein dickes Ausrufezeichen des deutschen Expressionismus. Da wäre ein vernünftiges Remake mal möglich und sinnvoll. Zum Glück gibt’s das Original jetzt glorreich restauriert und für alle Zeit gerettet. Pflicht! Muss so!
Leimbacher-Mario

25.03.2021, 15:33



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