Swiss Army Man

Auf Abenteuertour mit einer Allzweckleiche

von D.S.
So ein Leichnam ist schon eine praktische Sache und man sollte eigentlich nie ohne einen unterwegs sein – zumindest nicht, wenn man sich seinen Pfad aus der fernen Wildnis zurück zur Zivilisation bahnen will. So wie Hank, ein unglücklicher Loser und Loner, auf einem winzigen Eiland gestrandet, ohne Hoffnung auf Rettung und des Lebens überdrüssig. Bis er auf Manny trifft, den das Meer herangespült hat. Der erweist sich zunächst als smartes Fortbewegungsmittel, dann als Trinkwasserspender und schließlich auch als ein Gesprächspartner, durch den Hank viel über sich und sein Leben lernt – auch wenn er sich allen Einsichten anfangs vehement versperren will.

Zugegeben, in seinem ersten Viertel wirkt SWISS ARMY MAN durch seine (scheinbare) Story-Idee und vor allem durch das buchstäbliche Herumreiten auf dem Furz-Witz ein wenig wie präpubertärer Klamauk. Er entfaltet dann jedoch einerseits erstaunliche Tiefe, sogar ebenjene Flatulenz-Thematik erhält fast nebenbei geradezu philosophisches Gewicht. Andererseits beeindruckt und verzaubert der Film aber vor allem durch die Furchtlosigkeit seiner Macher, mit der sie allen Konventionen ins Gesicht lachen und mit geradezu kindlicher Freude völlig ungebremst schiere Kreativität zelebrieren. Es gibt hier wirklich außergewöhnliche Ideen zu bestaunen, bunt, euphorisch, magisch; eingebettet in eine tief tragische Komödie voller Liebe für ihre Figuren und ihre Geschichte. Stellenweise erinnert der Einfallsreichtum tatsächlich an Gondry, die Umsetzung wirkt allerdings weit weniger ästhetisiert, lebendiger, energiegeladener.

SWISS ARMY MAN ist ein Buddy-Roadmovie der ungewöhnlichsten Art, im Kern jedoch ein Film über Ehrlichkeit und Liebe zu sich selbst und anderen. Er kann nicht über seine gesamte Laufzeit fesseln, wirkt phasenweise etwas zerstreut und ist durch und durch zu skurril, um bei seinem Kinostart im Oktober große Publikumserfolge erwarten zu lassen.

Fürs FFF ist er aber als Opener wie gemacht und ein so einzigartiges Filmerlebnis, dass man ihn als Festival-Fan eigentlich mitnehmen MUSS. Gute 7,5 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt

02.09.2016, 02:23



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