The Method

Kennen Sie Grönholm?

von D.S.
Welch seltenes Glück: ein Film, der eine Botschaft hat, aber nicht etwa vor lauter Mitteilungsdrang vergißt, daß man diese auch in einer funktionierenden Geschichte verpacken sollte. Dazu handelt es sich dann auch noch um eine recht intelligente, auf ziemlich hintergründige Weise transportierte Botschaft; einen keineswegs zu plakativen, sondern vielschichtigen Kommentar zur modernen Arbeitswelt und den Kriterien, nach denen wir Menschen und ihre Beziehungen zueinander heute bewerten.

Natürlich ist "The Method" eine Kritik den Folgen der Globalisierung, an oft seelenlos scheinenden multinationalen Konzernen und an der absoluten Erfolgsorientierung weiter Teile unserer kapitalistischen Gesellschaft inhärent. Wer hierin jedoch einen plumpen Attac-Propaganda-Film erwartet oder sieht, dürfte sich wundern oder sollte vor voreiligen Schlüssen gewarnt werden. Das allzu Offensichtliche ist bei diesem Film nämlich nicht nur hinsichtlich der Handlung ein ums andere Mal irreführend. Auch betreffs seiner Aussagen entpuppt er sich schlußendlich als zu intelligent, um "die bösen Unternehmen" als Schuldige an der Weltmisere anzuprangern. In letzter Konsequenz geht es um die Moral, das Gewissen, das Verhalten, die Entscheidungen des Einzelnen - denn die sind es am Ende, die über Ergebnisse bestimmen; niemand kann sich durch das Herunterbeten einfacher Phrasen aus seiner Verantwortung stehlen.

Dankenswerter Weise aber vermittelt uns "The Method" das niemals mit einem politisch korrekten Zeigefinger oder in Form einer moralinsauren Lesung. Vielmehr sind Sarkasmus, ja oft sogar Zynismus, und niemals vorhersehbare Wendungen die Waffen des Films. Dabei ist die filmische Form nicht mal die des leisen Kammerspiels, die ich hier erwartet hätte. Natürlich stehen, bei diesem Set-Up unvermeidbar, die Dialoge und die fast ausschließlich über sie vermittelten Charakterzeichnungen im Vordergrund. Aber der Film hat ein vergleichsweise hohes Tempo, bietet inhaltlich viel Abwechslung und überrascht uns bei jeder einzelnen Figur durch nicht von vorneherein erkennbare Persönlichkeitsmerkmale, die erst im Verlauf des Geschehens zutage treten und den Ausgang der Geschichte regelmäßig in einer anderen Richtung erwarten lassen.

Wir erleben acht sehr unterschiedliche Managertypen - die meisten eher jung und männlich, einige älter, zwei weiblich - bei einem Assessment Center, der die letzte Stufe zur Auswahl eines neuen Abteilungsleiters bei DEKIA darstellt (wobei auch die verwendete Schrift des Firmenlogos nachdrücklich an NOKIA erinnert). Man sitzt zunächst beisammen und füllt Formulare mit Informationen zur eigenen Person aus und fragt sich, was wohl die mysteriöse "Grönholm-Methode" ist, zu deren Anwendung man sich hiermit bereiterklären soll. In der Folge wird die Gruppe mit immer härteren Aufgaben konfrontiert, welche die Eignung der Kandidaten unter noch immer unbekannten Gesichtspunkten offenbaren sollen. Eröffnet wird das Ganze mit der unschönen Behauptung, unter den acht Kandidaten befände sich ein Spion der Personalabteilung von DEKIA - wer aber ist es, und warum glaubt man das? Schon wird fröhlich drauf los diskutiert, Gruppendynamik, Team- und Durchsetzungsfähigkeit erprobt. Was aber, wenn dies nur eine Fangfrage war?

Das verantwortliche Unternehmen tritt fast den ganzen Film über, standesgemäß, ohne Gesicht auf. Was die Teilnehmer am Assessment Center veranstalten, ist eigentlich nur ihr eigenes Ding - und ihr Verhalten, ihr Mißtrauen, ihre Taktiken und ihre Benimmregeln sprechen Bände über die Wurzel der Entmenschlichung unserer modernen Welt. Man erlebt hier Überraschung über Überraschung, und die immer unglaublicheren Testsituationen triggern nur immer unglaublichere Reaktionen der Beteiligten.

"The Method" ist bösartig, gnadenlos mit seinen Protagonisten wie mit seinen Zuschauern, und dabei stets sehr, sehr unterhaltsam. Ein intelligenter Film mit großartigen Schauspielern, der über seine gesamte Laufzeit fesselt und einem oftmals den Mund offen stehen läßt. Eins der Festivalhighlights, wenn auch thematisch nur bedingt aufs FFF passend, da eben alles andere als entfernt von der Realität, zudem filmisch vielleicht ein Stück zu konventionell gehalten. Dennoch eine unbedingte Empfehlung, 8 Punkte von mir.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt

31.07.2006, 04:51



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