Dunkel war’s, das Geld schien helle...von D.S. | |
Tja, was soll man sagen: Leelee Sobieski hat ganz eindeutig ziemlich zugelegt. Allerdings meint das ihren Körperumfang, nicht ihre schauspielerischen Fähigkeiten. Und da die Handlung dieses Films fast vollständig auf eine Location und vier Schauspieler (davon zwei Kinder) beschränkt ist, läßt diese Feststellung bereits nichts Gutes vermuten. "In a dark Place" ist ein typisches Abschreibungsprodukt: von luxemburgischen Banken unter ferner liefen finanziert; nicht mal eine Website, geschweige denn ein Trailer läßt sich auftreiben; und auch im Film selbst, seien wir ehrlich, nichts, was eine großartige Erwähnung wert wäre. Die auf "Turn of the Screw" basierende Erzählung ist - natürlich - weder neu noch unbekannt, und die immerhin routinierte Inszenierung bietet weder inhaltliche Überraschungen noch voyeuristische Schauwerte. In Sachen Gewalt oder gar Gore darf man hier schon mal gar keine Fragen stellen; atmosphärisch bieten sich zwar immerhin Ansätze, aber diese werden durch mangelnde Subtilität und Glaubwürdigkeit untergraben; eine erotische Stimmung liegt partiell zwar in der Luft, wird aber auch niemals ausgespielt oder jedenfalls nicht in ihrer Konsequenz gezeigt. Was besonders gemein ist: die zwar aufgequollene, aber nach wie vor attraktive Frau Sobieski deutet ihre körperlichen Vorzüge mehrfach rabiat an. Bei diesen Andeutungen bleibt es aber auch. Was insbesondere deshalb schade ist, da sie hier vielleicht hätte überzeugen können - schauspielerisch ist "enttäuschend" wohl ein noch viel zu positives Wort. Natürlich, die Güte einer Charakterdarstellung liegt zu weiten Teilen auch im Drehbuch und etwa den vorgegebenen Lines begründet. Wer allerdings derart holzschnittartig, desinteressiert und scheintot agiert wie Mademoiselle, wer seine Texte so wenig feinfühlig vorträgt und generell unglaubwürdig handelt wie sie, der ist mindestens mitschuldig am filmischen Versagen dieses nun wirklich ausreichend erprobten Stoffes. Leelee-Babe spielt die offenbar leicht zu körperlichem Kontakt und affektierter Begeisterung überredbare Kunstlehrerin Anne, die sich als Therapeutin versteht und nicht den richtigen Draht zu ihren Zöglingen findet. Darum ist auch bald Schluß mit der gesicherten Beamtenlaufbahn und ab geht es in die verschneite Provinz, um stattdessen Pflegetochter und -sohn eines Yuppie-Typen zu hüten und zu unterrichten. Jener taucht nur einmal kurz auf und läßt sich ansonsten vertreten durch seine Kampflesbe von Privatsekretärin - wobei der Film noch erfolglos versucht, uns deren sexuelle Orientierung als Überraschung zu präsentieren. Wie auch immer, zusammen mit Kindern findet man sich dann zu viert auf einem einsamen Gehöft in, ja, Luxemburg wieder - wo Winter noch Winter sind und man noch stolz darauf ist, Ungestörtheit im Wortsinne verkaufen zu können. Natürlich birgt diese aber einige Merkwürdigkeiten für unsere Nachwuchs-Erzieherin. Diese fangen an mit unerklärbaren Verhaltensauffälligkeiten bei den Kids. Und führen unter anderem zu beängstigenden Erscheinungen bei Anne, die unter anderem Auftritte ihrer toten Vorgängerin und ihres ebenso toten Lovers inkludieren. Hat Anne Wahnvorstellungen? Sind die von ihr gesehenen Personen gar nicht tot? Verbirgt sich etwa ein noch viel größeres Geheimnis hinter den immer beängstigerenden Erlebnissen und der kalten, durchdringenden Atmosphäre hier draußen im Nirgendwo...? Atmosphäre. Tja. Die braucht Subtilität und Glaubwürdigkeit. Wie schon angedeutet: das ist hier nicht zu finden. Frau Sobieski agiert über weite Strecken wie ein tollwütiger Bulle in der Porzellanmanufaktur, ihre wilden Stimmungsschwankungen sind weder nachvollziehbar noch überzeugend. Was die Auflösung der Story anbelangt, werden diverse Optionen angedeutet. Leider wird keine davon wirklich ausgereizt, der tatsächliche Ausgang des Ganzen nutzt die vielleicht schwächste aller Möglichkeiten. Über mindestens ein Drittel seiner Laufzeit schafft es "In a dark Place" ja durchaus, Interesse an seinen Geschehnissen aufzubauen. Man kann sich zunächst mal gar nichts erklären; was passiert, öffnet Raum für alle möglichen Deutungen, und man ist gespannt, was einem dann schließlich präsentiert werden wird. Bald jedoch zieht sich die Erzählung merklich, eine Erotik-Thematik wird offensichtlich nur aus Exploitation-Interest- und Laufzeit-Generierungsgründen eingeführt, viele Andeutungen verlieren sich im Nichts und alle interessanten Aspekte der Story werden schließlich nur noch ignoriert bzw. verschwinden im Nirgendwo. Für ein Psychodrama wird hier allerdings alles viel zu offen gehalten und versagt im Angesicht der schauspielerischen Leistungen. Für einen Mystery-Film werden alle atmosphärischen Ansätze zu beharrlich durchbrochen und das Entstehen einer Gruselthematik konsequent durch hysterisches Überagieren unmöglich gemacht. Der Überzeugungsgrad des Geschehens geht gegen Null, und wenn die Story nicht im Grundsatz so interessant wäre, würde dasselbe auch für das Interesse des Zuschauers gelten. So aber schafft es der Film zumindest in seiner ersten Hälfte durchaus, ein paar Fragezeichen aufzubauen. Die zwar nicht befriedigend aufgelöst werden, einen aber immerhin doch gespannt auf irgendwelche Antworten warten lassen. Das führt noch zu erstaunlichen 4,5 Punkten, aber diese sind wohl eher in der unzerstörbaren Romanvorlage als in dieser Umsetzung begründet. "In a dark Place" macht anfangs eine ganze Menge interessante Versprechungen, kann von diesen aber keine einzige einlösen. Und qualifiziert sich damit als einer der belanglosesten, leidenschaftslosesten Filme des gesamten Festivals, der nur dank seiner Professionalität nicht unter den Jahres-Gurken landet. | |
D.S. sah diesen Film im Metropolis 6, Frankfurt | 02.08.2006, 07:28 |
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