Colossal

Zwischenmenschliche Zerstörungswut

von Janina Himmen
Letztes Jahr war SWISS ARMY MAN dieser eine Film, der mich beim Fantasy Filmfest komplett überrascht und durch seine Originalität verzaubert hat. Dieses Jahr dürfte es COLOSSAL sein, auch wenn er sich ein bisschen mehr zurück nimmt. Aber da ist dieses gigantische Monster, das Südkorea verwüstet... und irgendwie hat es mit Gloria zu tun, die gerade in einer amerikanischen Kleinstadt versucht, ein aufblasbares Bett nach Hause zu tragen.

An diesem Punkt würde ich eigentlich gerne empfehlen, den folgenden Absatz zu überspringen, und sich den Film ohne Vorwissen anzusehen. Auch wenn ich nicht direkt spoilern werde. Aber wer möchte... weiter geht’s:

Gloria ist eine Protagonistin, mit der man gut mitfühlen kann, und das schreibe ich sogar als überzeugte Antialkoholikerin. Aber dass sie zu viel trinkt, wenn sie abends unterwegs ist, ist nicht das entscheidende, sondern jede Person in diesem Film hat ihre Fehler. COLOSSAL ist kein Film über Alkohol, sondern er will uns zeigen: Egal welche Macken du hast, du hast es nicht verdient, dich schlecht behandeln zu lassen. Und dass diese Macken keine Entschuldigung für alles sind. Eine Person in diesem Film überschreitet Grenzen, und während man anfangs wie Gloria noch gewillt ist, dies lachend zu überspielen, merkt man irgendwann, dass die Sache doch ernster ist, als man zuerst dachte. Man kann COLOSSAL als Metapher auf Beziehungen sehen, in denen ein Partner unterdrückt wird, es aber nicht schafft, sich zu lösen, weil man sich zu schwach fühlt. Aber ich würde es eigentlich viel offener deuten: Es geht allgemein um den schwierigen Umgang mit sich dominant aufführenden, zornigen Menschen. Im Internet, im Alltag, die Übergänge zwischen den Netten und den Arschlöchern sind nicht immer einfach zu erkennen. Dass Gloria absolut kein typisches Opfer ist, aber trotzdem jederzeit glaubhaft wirkt, macht das ganze noch besser. Und das Ende mag einigen vielleicht eine Spur zu metaphorisch sein, aber ich fand es phantastisch.

Das klingt jetzt womöglich von den Themen her deprimierend, ist es aber überhaupt nicht. Der gesamte Ton des Films ist erstaunlich humorvoll, ohne die Probleme der Charaktere zu verharmlosen. Mich interessieren Beziehungsdramen nicht die Bohne, aber COLOSSAL ist kein schweres Drama, sondern ein sympathischer Genremix mit tollen Schauspielern, Riesenmonstern, Herz, Tiefgang und einer Botschaft, die Mut macht. Für mich eines meiner Jahreshighlights und eine große Empfehlung. Als ich diesen Text angefangen habe zu schreiben, wollte ich 8 Sterne vergeben... aber jetzt merke ich, dass ich nicht wirklich etwas auszusetzen haben. Machen wir 9 draus.
Janina Himmen
sah diesen Film im Cinestar, Frankfurt - Original-Review

24.09.2017, 16:42



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