Primer

Hätte ich doch Physik nicht abgewählt...

von Janina Himmen
Hiermit liefere ich meine Review für einen Film nach, den ich vor 15 Jahren auf einem meiner ersten Fantasy Filmfeste gesehen habe.

Primer ... mein größtes Kino-Trauma. Er lief in der Abendvorstellung, und ich erinnere mich noch, wie er mich intellektuell zusammenfaltete. Nie fühlten sich meine Englischkenntnisse beschränkter an, nie hatte ich solche Probleme, sich überlagernden Dialogen zu folgen und nie bereute ich es so sehr, Physik abgewählt zu haben. Als der Abspann lief, wusste ich nur, dass ich einen verworrenen Zeitreisefilm gesehen hatte, der das Thema aus einer möglichst realistischen, wissenschaftlichen Perspektive angehen wollte und zu 99% aus Dialogen besteht - aber ich hatte der Handlung nicht wirklich folgen können. Meinem Mann ging es nicht besser. Schläfrig und mich sehr dumm fühlend schwor ich mir, Primer irgendwann einmal mit Untertiteln oder deutsch synchronisiert nachzuholen. Denn ich hatte durchaus das Gefühl, etwas Interessantes verpasst zu haben.

Dieses Nachholen erwies sich als schwerer als gedacht, denn obwohl dem Low Budget Streifen ein gewisses Kultpotential als feuchte Nerd-Phantasie zugeschrieben wurde, erhielt er nie einen Release in Deutschland. Erst 15 Jahre nach meinem unbefriedigenden Kinoerlebnis griff ich bei der britischen DVD zu, weil wir beschlossen hatten, uns für unseren "Erfindungen" Filmmarathon an Primer zu versuchen. Nicht abends diesmal, sondern hellwach direkt nach dem Frühstück. Und mit Untertiteln.

Es hat sich gelohnt. Bis kurz vor Ende konnte ich der Handlung diesmal folgen, ab einem gewissen Punkt kamen wir dann aber nicht mehr mit. Weil niemand aus unserer Gruppe alles verstanden hatte, schoben wir das YouTube Video UNDERSTANDING "PRIMER" IN SIX MINUTES (sehr empfehlenswert) hinterher. Aaah! Nun ergab alles Sinn. Und ja, Primer erzählt in der Tat eine schöne Zeitreisegeschichte mit den zu erwartenden Wendungen. Allerdings bleibt ein unangenehmer Nachgeschmack. Denn diese Geschichte ist keinesfalls so unglaublich clever, dass man sie nicht so hätte verpacken können, dass man sie ohne Erklärvideo versteht. Primer WILL es dem Zuschauer schwer machen. Wie ein Einser-Schüler, der dir etwas extra unverständlich erklärt, damit du dich dumm fühlst. Ich mag an Primer, dass er sich dem Zuschauer nicht anbiedert, sondern die Erfindung einer Zeitmaschine fast schon im dokumentarischen Stil zeigt, ohne erklärende Kommentare. Ein Hollywoodfilm hätte wahrscheinlich zu viel erklärt, so dass man gar nicht mehr mitdenken muss. Aber ab einem gewissen Punkt erschwert uns Primer durch das, was er zeigt oder weglässt zusätzlich, alles zu kapieren, und das ärgert mich ein wenig.

Dennoch würde ich jedem Freund von Zeitreisen (oder physikalischen Gedankenexperimenten im allgemeinen) Primer ans Herz legen, denn in seiner Herangehensweise an das Thema ist er meines Wissens nach ziemlich einzigartig. Man sollte halt nur Spaß daran haben, an einem Film herumzurätseln, der es einem nicht leicht macht.
Janina Himmen
sah diesen Film im Metropolis, Frankfurt - Original-Review

28.01.2019, 20:49



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