First Love

Wahnsinn mit angezogener Handbremse

von Leimbacher-Mario
Eigentlich wollte ich einen kleinen „Liebesbrief“ an den Vielfilmer Takashi Miike verfassen, der gefühlt Filme dreht, wie ich Kritiken schreibe. Doch dazu hätte mich sein neuester und weit über 100. (!) Streich mehr wegblasen müssen. Genug unglaublich schöne Stunden und verrückte Abenteuer hat er mir schon bereitet, den Brief bekommt er ohne Frage noch, doch „First Love“ wäre nicht der richtige Anlass, hat das nicht ganz verdient. Nicht falsch verstehen: auch das ist ein netter, fein romantischer Gangster-Action-Maniac, unberechenbar und klasse. Kritik und Enttäuschung kann es hier nur auf hohem Niveau geben, Miike hat sicher schon viele schlechtere Werke abgeliefert. Nur leider auch viele bessere... Handlung: Ein todkranker Boxer und eine drogenabhängige Prostituierte treffen sich zufällig und werden in einen unerbittlichen Bandenkrieg hineingezogen.

Der Kern von „First Love“ und wortwörtlich das Herz des Films liegt in der Beziehung und Annäherung der beiden ruhigen, sympathischen Hauptfiguren. Das ist glaubhaft, das ist ansehnlich, beide mag man, beiden gönnt man das. Und dadurch verzeiht man auch die anfangs überraschend behäbige Geschwindigkeit, erst recht für einen Miike. Mit einem furiosen Finale u. a. im Baumarkt, in dem alle Fronten gesprengt und viele Register gezogen werden, wird man für die Wartezeit zudem auch noch etwas entschädigt. Der einarmige Samurai ist z. B. ein echter Schmankerl, auch eine völlig durchgeknallte, dauerschreiende Yakuza-Dame und eine eingestreute Animationssequenz völlig aus dem Nichts ebenso. Doch ich komme nicht drumrum: irgendwie mutet das wie (sehr solider) Dienst nach Vorschrift an. Doch muss man (zu hohe) Erwartungen wirklich in die Wertung eines Films einfließen lassen? Eher nein. Denn ein zahmer Miike ist immer noch ein wilder Film und normale Bewertungskriterien und Maßstäbe sind bei ihm ja nicht auf einmal ausgesetzt. „First Love“ hat überraschend emotionale Momente, ein paar explosive dazu und eine es sich sehr einfach machende aber angenehme Auflösung. Ein Einsteiger-Miike.

Fazit: Eine süße Lovestory, aber zu wenig Gas. Nicht nur für Miike-Verhältnisse. Die ersten zwei Drittel werden fast verschlafen, das Finale haut immerhin nochmal einiges raus. Enttäuschung auf hohem Niveau. Manchmal merkt man bei Miike eben doch Quantität über Qualität... Hier fehlt das letzte Quäntchen deutlich.
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

21.09.2019, 11:22



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