ADHS – Der Filmvon D.S. | |
Die taiwanesische Zombiekomödie GET THE HELL OUT ist ohne Zweifel ein Film, der sehr sympathisch daherkommt. Das liegt neben dem charmanten Videogruß des Regisseurs beim FFF-Screening zum einen am Cast, der spürbar richtig viel Spaß an seinem wilden Tun findet; zum anderen an der Inszenierung, die auf Konventionen pfeift – und es stattdessen einfach mal richtig krachen lässt. Hier ist eine Menge Herzblut, Spielfreude und Energie am Start ... genauer gesagt: eine ungesunde Menge. Denn so lustig und schräg und fan-freundlich der Streifen auch ist, von Dramaturgie haben die Verantwortlichen offenbar noch nicht so viel gehört. GET THE HELL OUT ist das filmische Äquivalent eines extrem begeisterten, aber leicht tumben Kerls, der sich in 50 Zentimetern Entfernung vor dir aufbaut und dir ohne Atempause 95 Minuten ins Gesicht brüllt: Ganz egal, was für tolle Nachrichten er dir auch mitzuteilen hat, ab einem gewissen Punkt bist du fast taub und wünscht dir, gequält lächelnd, eigentlich nur noch, dass er endlich Ruhe gibt. Und sei es nur für fünf Minuten! Tut er aber nicht. GET THE HELL OUT ist hardcore hektisch, laut, grellbunt, albern – und dadurch auf Dauer leider auch verdammt anstrengend. Wenn nicht sogar manchmal langweilig: Selbst der durchdringendste Weckruf wird ermüdend, wenn er niemals verstummt. Und ein permanent komplett durchgedrücktes Gaspedal kann nie so beeindrucken wie ein perfekter kurzer Sprint. Der beim Festival mehrfach vorab gezeigte Trailer vermittelt ein ganz gutes Bild. Wer den klasse findet (und beim Lesen der Untertitel mitkommt), wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auch den kompletten Film mögen. Wer nicht, wohl eher nicht. Für mich persönlich war das Ganze klar zu viel des Guten – aber das Gute gibt es hier durchaus. Zumindest für all diejenigen Zuschauer, die mit dem Genre grundsätzlich etwas anfangen können. Und mit asiatischem Humor, der mir allerdings lange nicht mehr so lautstark dröhnend wie hier untergekommen ist. Man denke BIO ZOMBIE – 22 Jahre später, greller, schneller, zügelloser. Neben dem hohen Nervfaktor heißt das aber auch: Es gibt ein paar echt lustige Story-Ideen, visuell überraschend stylische Elemente (insbesondere die comic-haften Zwischen-Charts zur Vorstellung einzelner Figuren fallen auf), ein paar recht originelle Gore-FX, fertig ist die stellenweise eindeutig Troma-beeinflusste Laube. Klar, eine Handlung hat das Ding auch, aber die spielt nicht wirklich eine Rolle. Oder doch? Für Kenner der taiwanesischen Innenpolitik ist hier bestimmt eine deutliche, frech-kritische Botschaft auszumachen, für alle anderen zumindest eine kritische Haltung gegenüber rückgratlosen Politikern und ihren Versprechungen. Zu weiteren Details konsultieren Sie bitte Ihr Programmheft. Sich selbst nimmt der Film jedenfalls ziemlich offensichtlich null ernst, und das bringt an sich schon mal Charismapunkte. Weniger Lärm und Albernheit, mehr Spannungskurve wäre mehr gewesen. Wer kein Problem damit hat, sich kontinuierlich anbrüllen zu lassen, wird trotzdem viel Spaß haben. Ich hatte wenigstens genug, um 6 Punkte zu vergeben. Empfehle den Filmemachern aber unbedingt, mal über Ritalin nachzudenken. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 16.09.2020, 00:17 |
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