Rentner-Rock’n’Rollvon D.S. | |
Echter Rock’n’Roll sei sein Film, so Kitamura in seiner Videobotschaft zum Beginn des FFF-Screenings. Wenn das stimmt, ist Rock’n’Roll allerdings ziemliche Rentnermusik: Bis es hier endlich ab- und zur Sache geht, fließt viel verdünnter Whisky den Genrefluss hinunter und man ist bemüht, sich handlungsseitig und inszenatorisch bloß nicht zu überanstrengen, damit auch ja niemand einen Herzanfall erleidet. Die letzten 15–20 Minuten von THE PRICE WE PAY sind dann tatsächlich saftiger Gore-Overkill, ein Splatter-Gemetzel, das schon fast in Richtung Torture Porn geht. Wer derartiges mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Bis dahin ist aber bereits mehr als eine Stunde kompletter Belanglosigkeit an einem vorübergezogen, gefüllt mit Figuren und Dialogen aus der untersten B-Movie-Schublade, wie man sie von diesem Regisseur kaum anders kennt. Für einen Kitamura-Film ist THE PRICE WE PAY insgesamt jedoch als erstaunlich gut zu bewerten. Das liegt zum einen am erwähnt derben Finale, das für viel vorherigen Leerlauf entschädigt und mitunter gar zum anerkennenden Johlen verleiten kann. Zum anderen ist aber auch die Atmosphäre dichter geraten als bei den meisten seiner sonstigen Versuche; das den Figuren drohende Unheil wirkt, nun ja, bedrohlicher, die Dramaturgie ist weitaus effektiver als etwa beim erschreckend öden DOWNRANGE. Auch erscheinen die Figuren zwar allesamt dumm und leer, aber immerhin nicht zu arg gezwungen cool. Etwas weniger Tarantino-Kopie-Anmutung als in den meisten seiner Vorgängerwerke also, etwas mehr straighter Genrefilm. Dass die Handlung auf einen Bierdeckel passt, ist dabei kein großer Nachteil. Ein Gangster-Trio (darunter ein so blass wie unglaubwürdig aufspielender Emile Hirsch) überfällt einen Pfandleiher und nimmt eine zufällig anwesende junge Frau zur Geisel. Ihre Flucht führt sie zu einer verlassen scheinenden Farm, deren bald eintreffende Bewohner jedoch sehr sinistre Tätigkeiten verfolgen …. Unsere Kriminellen fallen in die Hände von noch viel schlimmeren Bösewichtern, geraten also von NO ONE LIVES in THE HILLS HAVE EYES mit einer Extradosis Splatter plus Trashfilm-Figurenmotivation – fertig ist Kitamuras Selbstzitat, das aber mit massiveren blutigen Schauwerten glänzt. Plump unrealistischen, durch die Bank unsympathischen Charakteren bei plump unrealistischen, durch die Bank logikfernen Handlungen zuzusehen ist anstrengend, und THE PRICE WE PAY zwingt uns über 60 Minuten lang dazu. Wenn man es jedoch so lange durchhält, wird man mit einer befreienden Gewaltexplosion entschädigt. Das reicht bei mir in diesem Fall für erstaunliche 6 Punkte. Meine Erwartungen wurden damit deutlich übertroffen. Noch mal ansehen muss ich mir das allerdings nicht. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 28.09.2022, 02:49 |
Weitere Informationen (externe Links): | |||||||||||||||||||||
|