Exzessiv expressivvon D.S. | |
Was für ein seltsames Stück Kino. Einerseits hat CONANN, ohne jede Übertreibung, den deutlich höchsten Bodycount aller bisher beim FFF 2023 gezeigten Beiträge – hier stirbt eine unglaublich hohe Zahl an Menschen auf meist überaus brutale, manchmal sogar recht widerwärtige Weise, mehrfach in buchstäblichen Blutbädern. Andererseits fühlt sich das Gezeigte durchgängig merkwürdig artifiziell und theatralisch an, ja, erinnert mehr an eine Kreuzung aus Performance-Art, Varieté, Jahrmarkt-Budenzauber und eben Theater als an einen gewöhnlichen Film. Zwar ist das ohne Zweifel künstlerisch sehr wertvoll, visuell mitunter umwerfend, kreativ und originell. Aber gleichzeitig auch äußerst anstrengend und mit einem Habitus dargeboten, den man durchaus abgehoben finden kann. Für Kunst- und Kulturwissenschaftler gibt es hier endlos viel zu analysieren, für Filmwissenschaftler noch mehr zu deuten, und das Schönste: Keine einzige Bewertung wird falsch sein, denn der hier gebotene Interpretationsspielraum ist geradezu gigantisch. Auch ich könnte jetzt ohne Probleme Seiten füllen mit Betrachtungen der eingebetteten Motive und Themen, wie etwa der Korruption der künstlerischen Integrität im Angesicht ökonomischer Zwänge oder möglichen kommerziellen Erfolges, des Verrats an Werten und Moral bei der Aussicht auf Macht oder des verlustig Gehens von Idealen im Zuge des Älterwerdens und der Anpassung an den Status Quo. Das erspare ich mir und euch hier aber lieber und weise stattdessen auf ein paar amüsante Pseudo-Easter-Eggs hin, die sich in Anspielungen bzw. Hinweise auf Werke wie NAKED LUNCH, DIE HARD oder auch RED SONJA finden. In der Theorie ist CONANN ein sensationell interessanter Film, der eine völlig eigene Sprache spricht und uns, teils in Farbe, größerenteils in Schwarz-Weiß gedreht, durch eine mehrere Jahrzehnte und gleichzeitig einen unermeßlichen Zeitraum umfassende Handlung führt, in der die Geschichte der titelgebenden Barbarenkönigin auf extrem exaltierte, oft geradezu groteske Weise vermittelt wird – wobei die Hauptfigur in ihren verschiedenen Inkarnationen von jeweils unterschiedlichen Schauspielerinnen verkörpert wird. In der Praxis hat mich das Werk, aller künstlerischen Klasse zum Trotz, über weite Strecken in erster Linie genervt. Ganz besonders das dauer-fotografierende Hundewesen „Rainer“, dessen Maske wie aus Abfall angefertigt wirkt. Ich mochte schon AFTER BLUE beim FFF 2021 nicht besonders, mit dem später gesehenen THE WILD BOYS von 2017 konnte ich noch weniger anfangen. Vielleicht sollte ich einfach akzeptieren, dass Bertrand Mandico nicht „mein“ Regisseur ist. Finde es sehr schwer, CONANN angemessen zu bewerten – je nach persönlicher Präferenz kann es sich hierbei für manche Zuschauer durchaus um ein absolutes Meisterwerk handeln. Meins ist er nicht. Als Kompromiss: 5 Punkte. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 09.09.2023, 01:36 |
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