Frontiers

Unlustiges Landleben

von D.S.
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Was hatte ich mir nicht für schöne Überschriften für dieses Review überlegt, als dem Publikum in den ersten Minuten des Films idyllische Agrarmomente noch und nöcher präsentiert wurden: „Unsere kleine Blutfarm“ etwa, oder auch „Ferien auf dem Gorebauernhof“. Jedoch gibt es im weiteren Verlauf dieses frankokanadischen Indiewerks Gewalt und rote Flüssigkeit nur in homöopathischen Dosen zu bewundern: vielmehr entpuppt sich FRONTIERS als fast lupenreines Familiendrama mit gerade einmal minimalen Anteilen genrenaher Elemente, die sich um die Frage übernatürlicher Präsenz drehen.

Das muss ja nichts Schlechtes sein, sorgt jedoch insbesondere dann für nur wenig Spannung, wenn weite Strecken der Handlung daraus bestehen, dass auf dem platten Land hin und her gefahren wird, Kühe muhen und bis zum Horizont reichende Äcker zelebriert werden. Gut, dazwischen wird auch mal auf die Jagd gegangen, totes Rotwild aufs Widerlichste zerlegt, einer Kuh eine Hand in den Hintern gesteckt, ein Typ beim Fremdgehen erwischt oder ein romantisches Date im Café einer Eissporthalle abgehalten. Sprich: Mehr dröge „Normalität“ gab es selten in einem FFF-Beitrag zu erleben – und das, obgleich unsere Hauptfigur Diane, eine von drei taffen Schwestern mittleren Lebensalters, viel von einer angeblichen Nicht-Normalität berichtet, die sie auf dem alten Familienbauernhof umgibt. Von der wir als Zuschauer allerdings wenig zu sehen bekommen. Stattdessen sind sich die anderen beiden Schwestern und die hinzu geholte Mutter einig, dass es Diane selbst ist, die nicht ganz normal ist. Wobei ihr Auftreten wiederum über die ersten zwei Drittel des Films keinesfalls so angelegt ist, dass wir vor der Leinwand dieser Einschätzung unbedingt folgen würden.

Okay, irgendwann geschieht dann schließlich doch noch ein bisschen was, das die Auswahl des Films für ein Genrefestival zumindest ansatzweise nachvollziehbar macht – so sehr, wie sich die vorherigen Nicht-Ereignisse allerdings ziehen und strecken, muss man aufpassen, dass man bis dahin nicht eingeschlafen ist. Die TV-Optik und das mitunter steife Spiel der Darstellerinnen hilft nicht.

Zugegeben, ein paar Dialoge oder auch Verhaltensweisen einzelner Figuren sorgen zwischendurch für kleine Lacher. Rote Heringe und Twist-ähnliches wird auch recht geschickt eingebaut. Und wer ein ganz großes, offenes Herz sowie viel Toleranz gegenüber dem nicht vorhandenen Tempo des Films hat, mag vielleicht mit Diane und den anderen Damen, die es gewiss nicht leicht haben, mitfühlen und FRONTIERS als sympathisch unprätentiöses Provinzdrama schätzen. Mir persönlich passiert hier nur leider viel zu wenig Interessantes, als dass ich die Sichtung empfehlen könnte – ganz besonders dann nicht, wenn die Vorführung, wie in Frankfurt, im letzten Slot eines langen Tages stattfindet. 3,5 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

12.09.2023, 01:13



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