Girl Unknown

Films make you fat

von D.S.
Regisseur Pablo Maqueda (unter anderem verantwortlich für die Werner-Herzog-Doku DEAR WERNER) beschäftigt sich außerordentlich viel mit Filmen. Das macht bereits sein Videogruß klar, der vor dem Screening von GIRL UNKNOWN gezeigt wird und in seinem Wohnzimmer beispielsweise ein À BOUT DE SOUFFLE-Poster sowie ein Buch über Paul Thomas Anderson erkennen lässt. Noch viel deutlicher wird das aber durch die Eröffnungsszene seines Thrillers GIRL UNKNOWN, in der er Antagonist Leonardo (Manolo Solo, PAN’S LABYRINTH) seiner jungen Begleiterin einen endlosen Monolog über das Kino und insbesondere die Filme Alfred Hitchcocks um die Ohren hauen lässt.

Das passt allerdings zu dem Namen, unter dem die 16-jährige Carolina (Laia Manzanares) ihn kennengelernt hat: Als „Mr_Hitchcock“ hat er die Schülerin in einen Online-Chat verwickelt – und ihr irgendwann mitgeteilt, dass er ihren Computer gehackt, Zugriff auf sämtliche ihrer Fotos und E-Mail-Kontakte hat. Falls sie nicht möchte, dass er peinliches Material mit ihren Bekannten teilt, hat sie nur eine Wahl: Sie muss sich mit ihm in einem Park treffen und seinen ausschweifenden Erzählungen lauschen. Und das soll natürlich noch lange nicht alles gewesen sein …

In diesem ersten Teil des Films erweckt Maqueda das typische Vorgehen von Internet-Predatoren äußerst glaubwürdig und unangenehm zum Leben und lässt sich dabei Zeit für viele beklemmende Details in der Figurenzeichnung. Bald kommt es jedoch zu einer drastischen Wendung im Geschehen – bei der es aber nicht bleibt: GIRL UNKNOWN entwickelt sich mit fortschreitender Laufzeit zu einem immer ungewöhnlicheren, immer schwerer zu kategorisierenden, leider aber auch immer unfokussierter wirkenden Film, dessen Handlungsentwicklung vor allem im Finale wirklich überhaupt nicht mehr vorhergesagt werden kann.

Das macht ihn natürlich grundsätzlich schon einmal interessant, wenn auch nicht durchgängig spannend. Ein wenig scheint Maqueda die spektakuläre Twistkraft seines Werkes allerdings zu überschätzen, wenn er in einer Texttafel zu Beginn des Films eindringlich darum bittet, nichts zum Inhalt zu spoilern, um andere nicht ihres Erlebnisses zu berauben. Aber darauf achten wir bei f3a.net ja ohnehin ;)

Der auf einem Theaterstück namens „Grooming“ basierende Thriller kann zunächst unbedingt fesseln, erfordert später aber einiges an Aufmerksamkeitsbereitschaft seitens des Publikums, denn er verirrt sich mitunter in schön anzusehenden, aber zu lang gestreckten, dabei inhaltlich dünn bestückten Szenen, die einen gewissen Arthouse-Einschlag aufweisen. Zudem wirkt die Story schließlich doch etwas arg konstruiert, was in Teilen auch für die Figuren und ihre Hintergründe gilt.

Dank der beiden großartig aufgelegten Hauptdarsteller:innen und dem bedrückenden, eindringlich inszenierten Beginn des Films ist mein Fazit insgesamt dennoch positiv, was daneben auch an einer weiteren, in diesem Fall brüllend komischen Unterhaltung rund um das Thema Film liegt: 6 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

13.09.2023, 04:35



Weitere Informationen (externe Links):
Unterstütze f3a.net durch eine(n) Leihe/Kauf bei unseren Partnern. #VerdientProvisionen