Konsequente, etwas erklärungsbedüftige Genrefilmkunstvon cthulhu314 | |
Puh, ein schwer zu bewertender Film. Auch weil man Vorwissen braucht, das der Regisseur im Q&A nachgeliefert hat und den Film für mich um einen Punkt aufgewertet hat. Fangen wir mit der Hauptschwäche an: Die Aktivitäten der Hauptfigur sind in ihrer Konsequenz schwer nachvollziehbar. Als Erklärungsansatz dient familiärer Hintergrund und ihr Status als Flüchtling aus Turkmenistan, einer Diktatur, die in Brutalität und Absurdität der Herrschenden an Nordkorea heranreicht. Außerdem soll das Ganze als Allegorie verstanden werden für die Verzweiflung unterdrückter einfacher Menschen, die unter der Willkür reicher, gut vernetzter Menschen in einem korrupten System leiden. Das hat sich mir aber erst im Q&A einigermaßen erschlossen, der Film selbst bringt manches nur bedingt rüber und hat zudem Elemente (die Mutter, die bereits schwer unter dem Verlust der älteren Tochter leidet und auch Ziel von Racheaktionen werden könnte), die das Handeln der Protagonistin unglaubwürdig machen. Allerdings liegt gerade in der konsequenten Handlung die Hauptstärke des Films: Selten wurde diese schon oft umgesetzte Art von Storyline dermaßen konsequent durchgezogen. In aller Brutalität, hier wird nichts beschönigt. Und sogar relativ realistisch in Szene gesetzt: Es gibt keine klassischen Martial-Arts-Szenen, die hätten (hier hat wieder das Q&A geholfen) das quasi nicht vorhandene Budget gesprengt. Statt Artistik und Kicks gibt es Griffe gefolgt von brutalen, auf Effizienz getrimmten Finishing Moves. So konnte man normale Schauspieler anheuern, die diese Kampfszenen nach ein paar Lektionen recht glaubwürdig umsetzen konnten. Und auch sonst vollen Einsatz erbrachten (ja, sie hat tatsächlich ihre eigenen Haare abgeschnitten, unter Tränen). Dementsprechend kann ich insgesamt eine Empfehlung aussprechen. Kein Budget, produziert in einem genrefremden Land, dabei aus den Produktionsnöten Tugenden gemacht: Das ist echte unabhängige Filmkunst. | |
cthulhu314 sah diesen Film im Zoo Palast, Berlin | 11.09.2024, 09:36 |
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