Straw Catsvon Leimbacher-Mario | |
Die Traumfabrik braucht gefühlt auch immer weniger Zeit, um internationale Hits neu aufzuwärmen und in ihrer Sprache aufzulegen… Vor zwei Jahren erst flimmerte das gleichnamige dänische Original über die Leinwände und ließ mich in einer Mischung aus Begeisterung, Ehrfurcht und Schock zurück. Nun gibt’s schon die englischsprachige und starbesetzte, deutlich leichtere Version. Vom einstigen „Eden Lake“-Schöpfer James Watkins. Ohne den Biss und die Boshaftigkeit seines britischen Debüts oder des Originals - und dennoch gut guckbar. Erst recht für Leute, die die dänische Version nicht kennen. Erzählt wird diesmal von einer amerikanischen Familie, die neu nach London gezogen ist und im Italienurlaub eine weitere, scheinbar coolere Familie aus der englischen Provinz kennenlernen - und sich dazu entscheidet, diese nach dem Urlaub mal zu besuchen auf deren idyllischem Bauernhof. Doch schnell legen diese seltsame, dominante und (passiv-)aggressive Verhaltensweisen an den Tag und lassen den Urlaub schnell ins Ungemütliche oder gar Gefährliche kippen… Hollywood zieht die Notbremse Hat Watkins Version Daseinsberechtigung? Ja, meiner Meinung nach schon. Zumindest mehr als das durchschnittliche Remake. Kommt es zu früh? Ja. Ist das Original effektiver und böser? Hell yeah. Aber dennoch hat Watkins Remake Sinn, Verstand, Timing und Zug. Und das reicht mir erstmal als Fan des Originals, das ich jedoch ewig bevorzugen werde. Aber gerade für lesefaule Amerikaner oder Leute, denen das Original unbekannt ist, sollte Watkins Version mehr als gut reingehen. McAvoy darf mal wieder herrlich den Psychopathen raushängen lassen, seine drei Kompagnons machen das ebenfalls tadellos, die Kinderdarsteller sogar auch. Technisch ist das einwandfrei. Und das wesentlich ausgedehntere, kämpferischere Ende ist… anders. Und nicht unintensiv, so ist es nicht. Da zitiert Watkins konsequent von Peckinpah bis Fulci alles, was ihm unter die Nase kommt. Es könnte sogar einigen Kritikern des unrealistischeren Shock Value-Originals richtig gut gefallen. Daher passt das alles schon. Und dennoch bleibt bei mir ein bitterer Beigeschmack nicht aus. Dazu war das dänische Pendant einfach viel bitterer und kälter, viel abgestumpfter und böser, viel ungeschliffener und giftiger. Ich stand unter Strom, ich wusste nicht was kommt, ich lachte (!) lauter, das Lachen blieb brachialer im Hals stecken, ich hatte Angst - hier war ich gut unterhalten. Und das ist ein himmelweiter Unterschied. Beides hat seinen Platz in der Filmwelt. Aber Watkins amerikanische Version ist ohne Wenn und Aber einfach viel domestizierter. Und ich finde sogar, der eigentliche Kern der Geschichte, über das Zulassen des Bösen, über behindernde Manieren und das viel zu rar geworfene „Nein!“, kommt ebenfalls im Original besser rüber. Es ist europäischer, es ist schmutziger, es ist ausgetüftelter. In diesem „Speak No Evil“ (spürbar von Blumhouse produziert) geht man selten dahin, wo sowohl gesellschaftlich, wie psychologisch und elterlich als auch körperlich weh tut. Fazit: Wesentlich glatteres, direkteres, wärmeres und zugänglicheres Remake mit einem tollen, biestigen McAvoy und einem gelungen, geänderten Belagerungsfinale wie im Survivalterrorkino der 70er. Ich bleibe jedoch beim dänischen, spannenderen und deutlich (gewollt-)schockierenden Original. Watkins macht aber fast das Beste draus. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 19.09.2024, 12:10 |
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