Love is a Battlefieldvon Leimbacher-Mario | |
Genau wegen solchen bitterbösen Grenzgängern und Edelexoten gehe ich auf das Fantasy Filmfest… Eine kasachisch-nihilistische Rachegeschichte, the real deal. Anfangs wird wunderbar „The Searchers“ zitiert, eine (minderbemittelte, aber herzensgute) Frau auf der Suche nach ihrem kleinen Sohn. Im Verlauf entwickelt sich alles zu einer karg-grandiosen Mehr-als-nur-Schlachtplatte, wenn die extrem stotternde Mutter „Hilfe“ in einer Welt voller Gewalt und absolut gar nichts mehr zählenden Menschenleben von einem ehemaligen Polizisten bekommt, der selbst ein blutigstes Hühnchen zu rupfen hat mit den Entführern, Kinderhändlern, Gangstern und Militärs… Kasachstan am Ende der Welt … und Menschlichkeit „Steppenwolf“ ist ein unbarmherziges und doch nicht hoffnungsloses Vieh von Film. Kasachstan als kriegsverrohter Dreckfleck. Im Grunde klar schon Endzeit und nicht weit weg von Mad Max' Jagdgründen. Nur um im nächsten Momenten einen „Antihelden“ einzuführen, der in Hollywood selbst für die Bad-Guy-Rollen noch zu hart wäre. Die junge Mutter (und Hure?) macht mich sprachlos, sie löste unendlich viel Mitleid und Beschützerinstinkt aus. Ihr „Retter“ und umgekehrter Todesengel ist ein Wolf im Wolfspelz - und doch die einzige, klitzekleine Möglichkeit ihren Sohn zu finden. Lebendig oder tot. Die kasachischen Landschaften sind nicht minder atemberaubend und stehen selbst großen (!) amerikanischen Western in Nichts nach. Naturgewordene Menschenfeindlichkeit. Der synthwavig-wuchtige (!) Score („Drive“ lässt hier überraschend grüßen!) ist ein wahnsinniger Kontrast - und dann doch irgendwie auch ohne Neonlichter und Femme Fatales wieder nicht. Ein weiterer Geniestreich. In einem Film voller kleiner, grandioser Details und mutigen Einfällen, sogar übernatürlich-religiösen Streifschüssen. Der Bodycount ist massiv, Mysterien werden genau richtig nicht erklärt oder verklärt, die Atmosphäre ist fast erdrückend, es gibt Ruhe aber keine Längen. Man muss sich das mal vorstellen, wie da einer in Kasachstan sitzt, bei den Besten abguckt und sich dieses Stück dreckigster Kinomagie aus einem kargen Fels schält. Ihr merkt es - ich bin restlos begeistert und hoffe sehr, dass „Steppenwolf“ seine wohlverdiente größere Beachtung oder zumindest Betrachtung erfährt. In einer fairen Welt wäre „Steppenwolf“ ein Hypefilm. Vielleicht nicht unbedingt Werbung für Kasachstan - aber Kasachstans Filmlandschaft und rohen Talente! Sollte also irgendwann eine „Hotline Miami“-Verfilmung kommen, sollte Hollywood diesen komplizierten Namen ernsthaft lernen: Adilkhan Yerzhanov! Ich meine das ernst! Fazit: Eine echte Entdeckung aus Kasachstan und einer der garstigeren Genrebastarde seit Ewigkeiten. Ein wüster Western-Neo Noir-Grindhouse-Kriegs-Revenger. Heilig und heftig. Zugleich menschenverachtend sowie mit Herz. Tierisch gut. Tarkowsky, Ford, Refn, Jodorowsky… Muss man erstmal in Kasachstan abliefern… „Steppenwolf“ ist ein Biest! | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 25.09.2024, 19:31 |
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